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Protest
Bau des Pfaffensteigtunnels spaltet: Bauern demonstrieren

Filderlandwirte demonstrieren
Zahlreiche Landwirte, nehmen an einer Demonstration gegen den Bau des «Pfaffensteigtunnel» teil. Foto: Christoph Schmidt
Jahrelang stand vor allem der Mega-Umbau des Hauptbahnhofs im Mittelpunkt der Debatte um Stuttgart 21. Mit jeder fertigen Kelchstütze verlagert sich der Streit jetzt auf die Fildern. Denn dort sorgen Pläne zur Gäubahn für erhitzte Gemüter.

Stuttgart. Aus Angst um ihre Felder haben Bauern auf der Filderebene am Sonntag mit Dutzenden Traktoren und Landmaschinen gegen den Bau des Pfaffensteigtunnels auf der Gäubahn zwischen Böblingen und dem Flughafen demonstriert. Mit ihren teils ausladenden Landmaschinen parkten sie entlang der Felder und auf einem Acker. Einige Trecker waren mit Schildern versehen, beispielsweise mit der Aufschrift «Nahrungsmittelproduktion in Krisenzeiten sicherstellen!»

«Mit der gemeinsamen Aktion von Schutzgemeinschaft Filder und Filderlandwirten verteidigen wir den guten Filderboden», hatten die Tunnel-Gegner angekündigt. Die Landwirte hätten schon für die ICE-Haupttrasse entlang der Autobahn 8 und Teile des Fildertunnels nach Stuttgart mehr als 36 Hektar landwirtschaftliche Fläche mit besten Böden hergeben müssen. Den Pfaffensteigtunnel bezeichnen sie als «absolut nicht notwendig», da die Gäubahn aus ihrer Sicht auch weiterhin über die Panoramastrecke nach Stuttgart fahren kann.

Die Bahn wehrte sich gegen die Kritik der Bauern. Die Demonstranten gingen von falschen Zahlen aus, hieß es. Die Bauzeit für den Tunnel nehme sechs Jahre in Anspruch, die Fläche sei «bedeutend kleiner, als die von den Initiatoren aufgezeichnete Fläche». Die Bahn geht von lediglich 5,6 Hektar aus, wovon nach Bauende nur 1,3 Hektar dauerhaft als Eisenbahnstrecke genutzt werden sollten.

Auch sei die derzeit geplante Baustellenfläche für den Pfaffensteigtunnel nicht größer als die vorgesehene Fläche für die bisherige Antrags-Trasse sagte ein Bahnsprecher. Nach Abschluss der Bauarbeiten würden die Flächen renaturiert und die in Anspruch genommenen Flächen «mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vollumfänglich kompensiert».

Der etwas mehr als elf Kilometer lange und rund eine Milliarde Euro teure Pfaffensteigtunnel soll die Gäubahn unterirdisch unter den Fildern hindurchführen und am Stuttgarter Flughafen in die geplante Fernbahnstation münden. Von dort aus sollen Reisende eines Tages weiter zum neuen Stuttgarter Tiefbahnhof fahren. Bisher sollten die Züge aus Richtung Horb über die S-Bahn-Gleise zum Flughafen geführt werden, doch für S-Bahn-Züge sowie den Regional- und Fernverkehr wäre kaum Platz gewesen.

Der Bau hätte eine jahrelange Unterbrechung der Strecke in Stuttgart-Vaihingen zur Folge. Diese wäre aus Sicht der Bahn rechtmäßig. Mehrere von Gegnern in Auftrag gegebene Rechtsgutachten stellen dies indes infrage und sehen in einer Unterbrechung eine rechtswidrige Stilllegung der Strecke.

Der früher Gäubahntunnel genannte Bau ist ein Bundesprojekt. Er wäre Teil des Gäubahn-Ausbaus im Bundesverkehrswegeplan und damit des angestrebten Deutschlandtakts. Die Stuttgart-21-Partner hatten sich Anfang Mai darauf verständigt, dass der Tunnelbau auch ohne eine feste Garantie des Bundes am Stuttgarter Airport vorbereitet wird. Streitpunkte sind weiterhin die Finanzierung und der Zeitraum des Röhrenbaus. Die Bahn wird das wirtschaftliche Risiko für die ersten Bauschritte tragen, sollte Berlin die Mittel nicht zur Verfügung stellen.

Infos über Gäubahn

© dpa-infocom, dpa:220709-99-967509/6