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Experte: Misstrauen in Politik führt zu Glauben an Fake News

Ein Schild mit der Aufschrift "Fake News"
Ein Schild mit der Aufschrift "Fake News". Foto: Marijan Murat/Archiv
Die Wissenschaft hat sich bereits vom Begriff Fake News verabschiedet. Jetzt beschäftigen sich Kommunikationsforscher mit «aktueller Desinformation».
Mannheim.

Mannheim (dpa/lsw) - Vor allem Menschen mit rechter Denkweise glauben nach Ansicht des Mannheimer Kommunikationswissenschaftlers Matthias Kohring an Fake News. «Diese Fake News kommen meist aus der rechten Ecke, und Menschen mit dieser politischen Einstellung sehen sich durch sie bestätigt, ohne sie zu hinterfragen», erläuterte Kohring anlässlich der 55. Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache am Dienstag in Mannheim. Oft gehe der ideologiegesteuerte Umgang mit Fake News Hand in Hand mit geringem Vertrauen in die etablierten Medien und Politik sowie mangelnder Medienkompetenz. Kohring appellierte an die klassischen Medien, mehr für ihre Glaubwürdigkeit zu tun, etwa indem sie mit eigenen Fehlern transparenter und selbstkritischer umgehen.

Eine von ihm mitgeleitete Studie zum Bundestagswahlkampf 2017 zeige, dass Menschen, die Fake News Glauben schenkten, tendenziell weniger die regierende CDU wählen als andere. «Das Lesen und Glauben von Fake News hat solche Menschen von der Wahl der Union eher abgebracht», erläuterte Kohring. Grundlage dieser Beobachtung ist eine repräsentative Online-Befragung von rund 1000 Menschen zwei Mal vor der Wahl und einmal danach. Insgesamt hätten die Menschen gar nicht so viele Fake News gelesen: Die Befragten hatten im Durchschnitt nur zwei der 19 ihnen präsentierten Fake News wiedererkannt. Dabei wurde deutlich, dass Menschen, die Nachrichten hauptsächlich in sozialen Medien konsumieren, nicht stärker an Fake News glauben.

Mittlerweile sei der Begriff der Fake News in der Wissenschaft verpönt, weil US-Präsident Donald Trump kritische Berichte auch seriöser Medien mit diesem Ausdruck belege, sagte Kohring. In der Kommun ikationsforschung werde der Begriff «aktuelle Desinformation» bevorzugt. Davon gebe es zwei Varianten: die gezielte Desinforamtion zur politischen Manipulation und die sogenannten «clickbaits» (bait engl. Köder). Letztere seien ein Geschäftsmodell, mit dem durch reißerische Aufmachung von Nachrichten im Netz besonders viele Clicks und damit steigende Werbeeinnahmen erzielt werden sollen.

Der Professor für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Mannheim warnt, die Wirkung manipulativer Information überzubewerten: «Die eigentliche Gefahr für die Demokratie geht nicht von der Desinformation selbst aus, sondern von dem grundsätzlichen Misstrauen in Teilen der Bevölkerung gegenüber etablierten demokratischen Institutionen, vor allem Politik und Medien.»

Prof. Kohring