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Fingierter Überfall mit Staubsauger: Haft für Angeklagten

Mosbach - Prozess nach Überfall mit Staubsauger
Der Angeklagte Constantin B. (2.v.r.) steht im Verhandlungssaal des Landgerichts. Er soll mit drei weiteren Komplizen im Dezember 2019 einen Supermarkt in Tauberbischofsheim überfallen haben. Das Kuriose an der Straftat war den Behörden zufolge, dass die Täter einen Staubsauger dabei hatten, mit dem das Geld - etwa 57 000 Euro - aus dem Tresor gesaugt worden sei. Foto: Uwe Anspach/dpa
Im echten Leben geht es bei Überfällen normalerweise schlichter zu als im Kino. Aber eben nicht immer, wie ein Prozess in Mosbach zeigt.
Mosbach.

Mosbach (dpa/lsw) - Wie ein Meisterdieb wirkt der Angeklagte in Saal 6 des Landgerichts in Mosbach nicht. Aber der 30 Jahre alte Mann im grauen Strickpullover und mit gepflegtem Haarschnitt soll gemeinsam mit drei weiteren Tatverdächtigen einen Überfall fingiert haben, bei dem ein Staubsauger eine wichtige Rolle gespielt hat.

Doch der Reihe nach. Bei dem Raub in einem Supermarkt in Tauberbischofsheim soll der Angeklagte im Dezember 2019 zunächst gemeinsam mit zwei Männern etwa 60 000 Euro erbeutet haben. Einer der beiden Komplizen, ein 27 Jahre alter Mitarbeiter des Supermarktes, fungierte dabei als trojanisches Pferd. Nach vorheriger Absprache mit seinen Komplizen, ließ er sich von dem Angeklagten überfallen, half ihm bei der Flucht und gab sich später als Opfer aus.

Ein weiterer Komplize fuhr das Fluchtauto und der vierte Mann - der Marktleiter des Discounters - soll sich während der Tat bewusst in einem Spielkasino aufgehalten haben. «Das war sein angebliches Alibi», sagt der 30 Jahre alte Angeklagte am Montag in dem holzgetäfelten Gerichtssaal. Anders als der Marktleiter - von ihm soll die Idee zu dem fingierten Überfall stammen - muss der Angeklagte den Räuber mit Pistole und Sauger spielen.

Mit dem eigens mitgebrachten Gerät soll der geständige Mann aus dem Schlitz eines kleinen Tresors viel Geld - verpackt in sogenannten Safebags - gesaugt haben. Dieser kleine Safe habe sich wiederum in einem größeren Geldschrank befunden. Was mit einem großen Teil der Beute geschehen ist, gibt den Ermittlern noch immer Rätsel auf. Er habe das Geld dringend benötigt, weil er mit etwa 7000 Euro verschuldet gewesen sei. Geld, das er vor allem für seine Drogensucht ausgegeben habe, sagt der Mann.

Weil er seine Brille am Tatort verloren hatte, konnte die Kriminalpolizei den Angeklagten im vergangenen Jahr ins Visier nehmen. Nachdem ein Optiker den Besitzer des Brillenmodells identifizieren konnte, sei ein Haftbefehl gegen den Mann erlassen worden. Erst später gerieten die drei anderen Männer auf die Liste der Tatverdächtigen. Seither schieben sich die Männer offenbar gegenseitig die Schuld zu.

Doch nicht nur der Komplize hielt sich während des Überfalls in dem Supermarkt auf, auch eine ahnungslose Kassiererin war anwesend. Sie hatte der Angeklagte nach eigenen Angaben schließlich mit einer Pistolenattrappe bedroht, auf rohe Weise zu Boden gedrückt und schließlich gefesselt. Dabei wurde die 56 Jahre alte Frau nicht nur körperlich verletzt. Die Tat soll auch Spuren auf ihrer Seele hinterlassen haben. Das Leid der schluchzenden Frau ist im Gerichtssaal beinahe körperlich zu spüren.

Der Angeklagte behauptet, er habe nicht mit der Anwesenheit der Frau gerechnet. Hätte er gewusst, dass sich eine weitere Person in dem Discounter aufhält, wäre er nicht als Räuber in Erscheinung getreten. «Ich wollte niemanden verletzen», sagt er. Um den Überfall echt aussehen zu lassen, habe er sie bedrohen müssen. Der 27 Jahre alte Komplize widerspricht dieser Behauptung bei seiner Zeugenaussage. Es sei unter den Männern bekannt gewesen, dass noch eine unbeteiligte Person während des fingierten Überfalls anwesend sein wird.

Der Mann wird kurz darauf wegen schweren Raubes in Tateinheit und mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© dpa-infocom, dpa:210125-99-164120/2