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Grüne küren Partner für Koalitionsgespräche

Winfried Kretschmann
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) bei einem Termin. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild
Es war ein hartes Stück Arbeit: Kretschmann und das grüne Spitzenteam haben elf Stunden lang miteinander gerungen. Erst dann gab es eine gemeinsame Empfehlung für Gründonnerstag. Ob für Grün-Schwarz oder Ampel, die Auflösung folgt heute.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa) - Die Südwest-Grünen wollen an diesem Donnerstag bekanntgeben, mit wem sie in Koalitionsverhandlungen eintreten. Die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Wahl zwischen einer Neuauflage mit der CDU oder einem Ampelbündnis mit SPD und FDP. In der Parteispitze gab es am Mittwoch ein hartes Ringen um den richtigen Koalitionspartner. Die Fünfer-Gruppe um Kretschmann, die auch die Sondierungsgespräche geführt hatte, verhandelte fast elf Stunden lang in der Stuttgarter Regierungszentrale.

Dem Vernehmen nach trat der 72-jährige Kretschmann für eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU ein, die bei der Landtagswahl vor zweieinhalb Wochen klare Verliererin gewesen war. Dagegen plädierten die Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand für einen Wechsel zu einem neuen Dreierbündnis. Klar ist: Das Wort des einzigen grünen Regierungschef und Garanten für den historischen Wahlsieg gibt am Ende den Ausschlag, auch wenn der Landesvorstand offiziell das letzte Wort hat.

Am späten Mittwochabend einigte sich die Gruppe, zu der auch noch Fraktionschef Andreas Schwarz und Finanzministerin Edith Sitzmann gehörten, auf eine gemeinsame Empfehlung an den Vorstand. Der tagt an diesem Donnerstag um 8.00 Uhr. Wie die Empfehlung ausfallen wird, darüber wurde Stillschweigen vereinbart. Als Detzer und Hildenbrand am Mittwochabend um 22.45 Uhr das Staatsministerium verließen, war ihnen die Anstrengung der Marathon-Verhandlung trotz Corona-Maske anzusehen.

Es ist bekannt, dass Kretschmann Stabilität und Verlässlichkeit besonders in der Corona-Krise wichtig ist, was eher für die CDU sprechen würde, die sich auch nicht mehr einarbeiten müsste. Am Mittwoch veröffentlichte der Grüne noch mitten in den Beratungen einen Brief zusammen mit CSU-Chef Markus Söder an die anderen Ministerpräsidenten, um auf einen strikten Kurs zu pochen. Beim anderen Topthema Klimaschutz soll die CDU den Grünen in den Sondierungsgesprächen sehr stark entgegengekommen sein, nachdem sie hier in der vergangenen Wahlperiode öfter gebremst hatte.

Sollten sich die Grünen dennoch für SPD und FDP entscheiden, wäre es die erste grün-geführte Ampelkoalition bundesweit. Es wäre zudem ein Signal für den Bund, wo es nach Umfragen derzeit ebenfalls für ein Bündnis unter Führung der Ökopartei reichen würde. Sozialdemokraten und Liberale hatten nach den Sondierungen unisono betont, es gebe keine unüberwindbaren Hürden für eine Zusammenarbeit. Mit der SPD allein hätten die Grünen sofort regiert, doch dafür hatte das Wahlergebnis der beiden nicht gereicht. Die Liberalen, insbesondere Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, hatten die Grüne lange Jahre hart kritisiert. Zuletzt hatte es hier aber eine Annäherung gegeben.

Am Donnerstagmittag wollen sich die Grünen nach dem Votum des Vorstands mit ihren potenziellen Koalitionspartnern im Stuttgarter Haus der Architekten treffen und ein gemeinsames Abschlusspapier zu den Sondierungsgesprächen abfassen, das dann als Grundlage für die Koalitionsverhandlungen gelten soll. Danach will man sich gemeinsam der Öffentlichkeit präsentieren. Sowohl mit CDU als auch mit SPD und FDP ist dem Vernehmen nach vereinbart, dass sie sich bereit halten sollen.

Zuletzt hatte es geheißen, Kretschmann sei in der Frage der künftigen Koalition auch der jeweilige Corona-Kurs wichtig. Die CDU hatte den eher vorsichtigen Kurs zuletzt weitgehend mitgetragen, auch wenn Kultusministerin und CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann beim Thema Schulöffnungen deutlich offensiver war als Kretschmann. Dagegen war CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl häufiger für einen noch restriktiveren Weg als der Regierungschef eingetreten. Die FDP um Rülke hatte bei sinkenden Infektionszahlen auf eine schnelle Aufhebung des monatelangen Lockdowns und eine flächendeckende Öffnung des Handels gedrungen.

© dpa-infocom, dpa:210331-99-46036/7