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Kunst auf Eiern: 79-Jährige wartet auf nächsten Osterbrunnen

Elisabeth Fuchs-Bruder hält ein Porzellanei, das sie bemalt hat
Elisabeth Fuchs-Bruder hält ein Porzellanei, das sie auf zwei Seiten bemalt hat. Foto: Felix Kästle/dpa
Wieder kein Osterbrunnen wegen Corona: Elisabeth Fuchs-Bruder gestaltet jedes Jahr mehrere Straußeneier für den Brauch. Die Künstlerin in sich entdeckte die 79-Jährige erst spät wieder.
Oberstadion.

Oberstadion (dpa/lsw) - Schon wieder ein Ostern ohne Osterbrunnen. In der beschaulichen 1500-Einwohner-Gemeinde Oberstadion (Alb-Donau-Kreis) ist das ein Unding. Doch nach mehr als zehn Jahren hat die Corona-Pandemie die Tradition im vergangenen Jahr jäh unterbrochen. Auch in diesem Jahr wird es keinen mit Eiern geschmückten Brunnen geben. Die kunstvoll bemalten Ostereier verstauben stattdessen im örtlichen Krippenmuseum. Das schmerzt Künstlerin Elisabeth Fuchs-Bruder. Sechs oder mehr Straußeneier gestaltet die 79-Jährige normalerweise jedes Jahr.

Von Enttäuschung will die Rentnerin dennoch nicht sprechen. Die Gemeinde habe verantwortlich gehandelt, als sie entschieden habe, den Osterbrunnen mit seinen rund 30 000 Eiern nicht aufzubauen, sagt Fuchs-Bruder. «Wir können nicht sagen, wir wollen unseren Osterbrunnen und danach sind viele krank.»

Das findet auch Bürgermeister Kevin Wiest: Die Corona-Pandemie lasse den Bau des Osterbrunnens nicht zu, der sonst jedes Jahr tausende Besucher anlocke. An einem Osterbrunnen werden Skulpturen aus Eiern zusammengesetzt: Christliche Motive sind nach Angaben der Gemeinde ebenso zu sehen wie Elfen oder Tiere. Der Brauch wird seit 2008 in Oberstadion gepflegt.

Gut 20 weinrote Motiveier stehen nun aufgereiht auf einer Unterlage im Wohnzimmer von Elisabeth Fuchs-Bruder. Die Palette an Motiven ist breit. Da nagt ein rotes Eichhörnchen an einer Nuss, daneben weht die Mähne eines Löwen im Steppenwind.

Die Künstlerin kam über die Aquarellmalerei mit ihrem weichen Strich zur Eier-Kunst mit Acryl. «Meine Leidenschaft hat in der Schulzeit begonnen. Doch ich konnte die Fähigkeit nicht hinüberretten. Ich sollte in die Kunstschule. Das war zumindest der Wunsch einer Lehrerin.» Doch die junge Künstlerin folgte dem Rat des Vaters: «Erstmal einen richtigen Beruf erlernen und Geld verdienen.» Gesagt, getan. «Ich tat es ohne Groll», erinnert sich die 79-Jährige.

Nach vier Jahrzehnten als Industriekauffrau hat Fuchs-Bruder den Pinsel dann wieder in die Hand genommen. «Eines stand für mich von vornherein fest», sagt die 79-Jährige. «Entweder ich male etwas Richtiges, ich male gut oder ich male gar nicht.» Das erste Ei, das sie gestalten sollte, wanderte schnurstracks in die Schublade - für sechs Wochen oder länger. Doch nach Wochen des Stillstands war die Neugierde größer und sie versuchte es nochmals.

Bald wandert ihre zerbrechliche Kunst nun ins Krippenmuseum, wo die bemalten Eier weiter auf Besucher warten müssen. Auch die Künstlerin muss auf den nächsten Osterbrunnen warten - möglicherweise klappt es im kommenden Jahr wieder.

© dpa-infocom, dpa:210328-99-00212/2

Krippenmuseum