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Lutz: Habe nie von «Stammbaumrecherche» gesprochen

Franz Lutz
Franz Lutz bei einem Termin. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild
Viel Lärm um nichts, so scheint es. Im Streit um den Migrationshintergrund der Täter der Stuttgarter Krawallnacht glätten sich die Wogen. Die Grünen bitten um Nachsicht für einen ihrer Parlamentarier. Der allerdings ruft weiter zur Debatte auf.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Nach der hitzigen Debatte um Nachforschungen zur Herkunft der Stuttgarter Randalierer wehrt sich Polizeipräsident Franz Lutz weiter gegen Vorwürfe. Er habe den umstrittenen Begriff «Stammbaumrecherche» in seinen Ausführungen im Stuttgarter Gemeinderat nicht verwendet - «weder wörtlich, wie es behauptet wird, noch indirekt», sagte Lutz den «Stuttgarter Nachrichten» (online/Dienstag). «So ein Wort widerspricht meiner Einstellung und gehört auch nicht zu meinem Vokabular.» Die Fraktion der Grünen im Stadtparlament bat unterdessen um Entschuldigung. Einer ihrer Abgeordneten hatte den Streit mit einem Internetkommentar entfacht.

«Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten» hatten berichtet, Lutz habe im Gemeinderat angekündigt, dass die Polizei bei den Ermittlungen gegen Randalierer auch bei Verdächtigen mit deutschem Pass mit Hilfe der Landratsämter Stammbaumrecherche betreibe. Der Grünen-Stadtrat Marcel Roth hatte zuvor eine Äußerung des Polizeichefs auf seiner Facebook-Seite als «Stammbaumrecherche» interpretiert.

Das Wort sei jedoch «in keiner Weise gefallen», räumte die Stuttgarter Grünen-Fraktion ein und fügte hinzu: «Wir bedauern, dass ausgehend von einem Mitglied unserer Fraktion die Arbeit der Polizei in Stuttgart in ein schlechtes Licht gerückt wurde.» Roth bleibt allerdings bei seiner Kritik am Vorgehen der Polizei: «Es geht um die Sache, nicht um den Begriff», kommentierte er auf Facebook.

Im Zeitungsinterview betonte Lutz: «Besonders bei Strafsachen von Jugendlichen und Tatverdächtigen unter 21 Jahren (...) ist die Überprüfung der Lebens- und Familienverhältnisse Aufgabe der Jugendhilfe im Strafverfahren und dient der Staatsanwaltschaft und den Gerichten als Entscheidungshilfe.» Das könne auch bedeuten, dass die Nationalität der Eltern von Tatverdächtigen durch eine Anfrage beim Standesamt erhoben werde. «Dies ist eine polizeiliche Standardmaßnahme, die jeweils in einer Einzelfallbewertung geprüft wird», sagte Lutz.

Am Vortag hatte bereits der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) zum «verbalen Abrüsten» und zur Rückkehr zu einer sachlichen Debatte aufgerufen.

In Stuttgart hatte es in der Nacht zum 21. Juni schwere Auseinandersetzungen gegeben. Randalierer hatten Schaufenster zerstört und Geschäfte geplündert. Nach Angaben der Polizei waren 400 bis 500 Menschen an den Ausschreitungen beteiligt oder hatten zugeschaut. 32 Polizisten wurden verletzt. 40 Verdächtige wurden ermittelt. Die Polizei wird kritisiert, weil sie nach eigenen Angaben bei 11 ermittelten Tatverdächtigen über die Standesämter die Nationalität der Eltern erfragt hat, nachdem in der Vernehmung Angaben zur Herkunft verweigert worden waren.

Interview Stuttgarter Nachrichten

Facebook-Post von Marcel Roth