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Neue Schulschließungen drohen: Inzidenz 165 als Grenzwert

Coronavirus -Leerer Klassenraum
In einem leeren Unterrichtsraum an einer Schule sind die Stühle auf einen Tisch gestellt. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild
Schule auf, Schule zu: Für Kinder und Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte ist die Corona-Politik ein oft nur schwer erträgliches Hin und Her. Nun dringt Berlin auf strengere Regeln für die Öffnung von Schulen - mit voraussichtlich harten Folgen für Baden-Württemberg.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Unmittelbar nach der Rückkehr hunderttausender Mädchen und Jungen in ihre Klassenzimmer nach einem monatelangen Lockdown zeichnen sich wegen neuer Corona-Grenzwerte schon wieder zahlreiche Schulschließungen ab. Die Fraktionen von Union und SPD im Bund wollen ab einer Inzidenz von 165 nur noch Fernunterricht zulassen, um die dritte Corona-Welle besser eindämmen zu können. Bisher hatte es geheißen, nur in Corona-Hotspots mit über 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in der Woche solle es keinen Präsenzunterricht mehr geben, auch Kitas sollen dann geschlossen werden. Dies gilt derzeit auch in Baden-Württemberg.

Dann wären bald die Schulen in der Hälfte der Kreise wieder zu

Die Landesregierung wird den Grenzwert 165 - wenn der Bundestag ihn im Rahmen des neuen Bundesinfektionsschutzgesetztes am Mittwoch so beschließt - voraussichtlich auch absenken, sodass er schon am kommenden Montag gelten könnte. Man tendiere dazu, Verschärfungen mitzumachen, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Der neue Schwellenwert würde nach jüngsten Zahlen des Landesgesundheitsamts für Baden-Württemberg bedeuten, dass es in mehr als der Hälfte der 44 Stadt- und Landkreise nur Distanzunterricht geben darf. Derzeit liegen 23 Kreise über dem Wert von 165, 10 weitere Kreise liegen nur knapp darunter.

Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken aus Baden-Württemberg pochte am Montag auf klare Regeln für die Schulen, mit denen auch Kinder und Jugendliche, die durch die Virus-Mutation B117 stärker gefährdet seien, vor einer Infektion geschützt werden. «Ab einer Grenze von 165 ist nur noch Distanzunterricht möglich», betonte auch sie.

Rückkehr am Montag in drei Viertel der Stadt- und Landkreise

Am Montag waren hunderttausende Schülerinnen und Schüler nach über vier Monaten im Lockdown in ihre Klassenzimmer zurückgekehrt. Sie mussten Maske tragen, Abstand halten und ein negatives Testergebnis haben. Die Lockerung der Landesregierung ist hochumstritten, weil das Land mitten in der dritten Corona-Welle steckt. In 11 Kreisen blieben die Schulen größtenteils geschlossen, weil sie entweder schon drei Tage über der Inzidenz von 200 lagen oder kurz davor stehen. Darunter sind auch Stuttgart und Ulm. Ausnahmen gibt es für die Notbetreuung, Abschlussklassen sowie die sonderpädagogischen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen (SBBZ).

Beim Start in vielen Schulen gab es nach Auskunft des Kultusministeriums, des Städtetags und der GEW zunächst keine größeren Probleme. Alle Jahrgangsstufen aller Schularten sollen wieder in Präsenz unterrichtet werden können - allerdings meistens im Wechsel, um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren. Wer mehr als drei Tage in Folge an der Schule ist, muss sich zweimal pro Woche testen lassen. Es ist eine indirekte Testpflicht. Im Südwesten gibt es rund 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler sowie 130 000 Lehrkräfte.

Lehrer fordern Ende des «Flickenteppichs»

Die Gewerkschaft GEW forderte die grün-schwarze Landesregierung auf, die Grenzwerte für die Kita- und Schulöffnungen schnell zu ändern. «Heute ist in Baden-Württemberg ein Flickenteppich entstanden. Ein Teil der Schulen ist zu, andere öffnen, obwohl überall die Virusmutationen gleich gefährlich sind», monierte GEW-Landeschefin Monika Stein. Die meisten Landkreise seien über einer 150er-Inzidenz. «Wir wollen alle so viel Präsenz wie möglich, aber zuerst gilt weiter: So viel Sicherheit wie möglich.» Die Lehrerverbände hatten sich dafür eingesetzt, nur bis zu einer Inzidenz von 100 Präsenzunterricht anzubieten.

Testpflicht ja, aber nicht überall sind Tests angekommen

Das Sozialministerium räumte ein, dass die versprochenen Schnelltests doch nicht rechtzeitig angekommen sind. Es habe Probleme mit den Lieferanten gegeben, sagte eine Ministeriumssprecherin der dpa. Zum einen seien die Tests teilweise erst am Freitagnachmittag an die Kommunen ausgeliefert worden, weshalb eine Weiterverteilung kaum mehr möglich war. Zum anderen liege es daran, «dass entgegen der Zusicherung von zwei Lieferanten die vollständige Auslieferung an die Kommunen bis Freitag nicht erfolgt ist».

Ob betroffene Schulen wegen fehlender Tests nun nicht öffnen konnten, ist unklar. Das Kultusministerium hatte erklärt: «Ohne entsprechende Testungen ist keine Schulöffnung möglich.» Entweder müssten dann die Schulträger oder Schulen in Vorleistung gehen oder es finde kein Präsenzunterricht statt. Das Sozialministerium erklärte am Montag, eine genaue Übersicht der betroffenen Schulen liege derzeit nicht vor, weil sich die Situation ständig ändere. Die Sprecherin versicherte: «Die vollständige Auslieferung der ersten Tranche an die Kommunen wird diese Woche erfolgen.»

© dpa-infocom, dpa:210419-99-264786/3

Corona-Infos Kultusministerium