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Steuerzahlerbund: Gesetz zur Grundsteuer verfassungswidrig

Blick über Stuttgart
Ein aus einem Flugzeug aufgenommenes Luftbild zeigt die Innenstadt von Stuttgart. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild
Vom Bund der Steuerzahler gibt es starke Kritik am geplanten Gesetz zur Grundsteuer - es verstoße gegen die Verfassung. Auch aus der Opposition kommt klare Ablehnung.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Der Steuerzahlerbund hat in einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden des Stuttgarter Landtags erneut heftige Kritik am geplanten Gesetz zur Grundsteuer geübt. «Neben den für viele Bürger drohenden Mehrbelastungen, die mit dem Gesetz verbunden sind, haben wir vor allem verfassungsrechtliche Bedenken geäußert», schreibt Verbandschef Zenon Bilaniuk in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegendem Papier. Er verwies auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg.

Die grün-schwarze Landesregierung setzt auf ein sogenanntes modifiziertes Bodenwertmodell. Es sieht vor, dass die Grundstücksfläche und der sogenannte Bodenrichtwert die Grundlage für die künftige Berechnung der Steuer sein sollen. Eigentümer von Wohngebäuden sollen dabei aber im Verhältnis weniger belastet werden. Die Grundsteuer soll ab 2025 nach dem neuen System berechnet werden.

So sehe Kirchhoff in der steuerlichen Bewertung allein nach dem Grund und Boden einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, schreibt Bilaniuk. «Ferner wird durch den Ausschluss von Gebäuden in der Bildung der Bemessungsgrundlage das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip klar verletzt.»

Eine Sprecherin des Finanzministeriums wies die Kritik zurück. Das Landesgrundsteuermodell sei im Vorfeld einer intensiven rechtlichen Prüfung unterzogen worden. «Unter anderem wurde es von Verfassungsexperten bei der Expertenanhörung im Staatsministerium so eingeschätzt, dass es den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entspricht. In der Anhörung zum Gesetzentwurf haben überdies viele Verbände die Verfassungsfestigkeit der Bodenwertsteuer betont.»

Der Chef des Steuerzahlerbundes sagte: «Es wird teurer für Eigentümer und Bewohner.» Die Grundsteuer zahlt jeder Hausbesitzer. Eigentümer können die Grundsteuer selbst zahlen oder als Nebenkosten vollständig auf die Mieter umlegen. Der Bund hatte Ende 2019 ein neues Grundsteuer-Gesetz beschlossen. In das Bundesmodell fließen neben Grundstücksfläche und Bodenrichtwert auch noch Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter mit ein. Dafür konnten sich Grüne und CDU in Baden-Württemberg aber nicht begeistern. Die Bundesländer können vom Bundesmodell abweichen, wenn sie eigene Gesetze verabschieden.

Allein im Südwesten müssen den Angaben zufolge nun 5,6 Millionen Objekte neu bewertet werden. Die Kommunen im Land nehmen aus der Steuer jährlich 1,8 Milliarden Euro ein. Der Steuerzahlerbund will eine mögliche Musterklage gegen das Gesetz unterstützen, wenn die ersten Steuerbescheide erlassen worden sind.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Landtag, Hans-Ulrich Rülke, teilte am Samstag mit, seine Partei teile die Haltung des Steuerzahlerbundes und von Professor Kirchhof. Das grün-schwarze Modell sei weder gerecht noch verfassungskonform. «Die Landesregierung muss diese Bedenken ernst nehmen und ihren Gesetzentwurf grundlegend korrigieren», so Rülke. Die Reform sei zugleich ein Einstieg in die Vermögensbesteuerung, weil sich die Grundsteuer künftig an der Lage des Objekts orientiere. Das sei ungeeignet, da viele Eigentümer ihre Grundstücke jahrzehntelang hielten. «Wir lehnen das geplante Gesetz daher ab und präferieren stattdessen ein Flächenmodell. Dabei fließen nur die Flächen von Grund und Boden in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage ein.»

Verteidigt wurde das Konzept am Samstag von der finanzpolitischen Sprecherin der Grünen, Thekla Walker: «Ich bin mir sicher, dass wir mit dem neuen Bodenwertmodell sehr gut aufgestellt sind.» Experten hätten die Bodenwertsteuer bei der Anhörung als mutig, innovativ und besonders verfassungsfest beschrieben. Die Berechnung sei für die Grundstückseigentümer transparent und verständlich. «Unser Modell ist gerecht, weil es Wohngebäude privilegiert und die Mieterinnen und Mieter entlastet. Und es motiviert, baureife Grundstücke tatsächlich zu bebauen», so Walker. Die Höhe der Grundsteuer sei derzeit zudem noch nicht zu beziffern, diese hänge schließlich vom noch festzulegenden Hebesatz der Kommunen ab.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch teilte die Bedenken des Steuerzahlerbundes. «Außerdem ist dieses Modell sozial höchst ungerecht, wenn der Eigentümer eines geringwertigen Hauses genauso viel bezahlen muss, wie der benachbarte Villenbesitzer.» Manche Hauseigentümer würden, dies hätten Modellrechnungen erbracht, ein Mehrfaches der bisherigen Grundsteuer bezahlen. Die grün-schwarze Landesregierung sollte dringend die Reißleine ziehen und das von der Bundesregierung entwickelte und von der weit überwiegenden Mehrheit der Bundesländer übernommene Modell zur Grundsteuer anwenden.

Bund der Steuerzahler