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Gesellschaft
Stoch plädiert für Anreize statt sozialen Pflichtdienst

Andreas Stoch
Andreas Stoch, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weißbrod
Junge Leute zu einem verpflichtenden sozialen Jahr verdonnern? Der Bundespräsident schiebt diese Debatte wieder an. Doch die SPD im Südwesten ist zurückhaltend. Ex-Zivi Stoch hat eine andere Idee.

Stuttgart. SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch will mit Hilfe von Anreizen noch mehr junge Menschen für ein soziales Jahr gewinnen. Einem sozialen Pflichtdienst, wie ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorschlägt, steht Stoch aber zurückhaltend gegenüber. Der SPD-Landeschef sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart: «Ein soziales Dienstjahr ist kein Instrument, um den Personalmangel gerade in Pflegeberufen auffangen zu wollen.» Hier sei die ganze Gesellschaft gefordert, «diese Berufe attraktiver zu machen und ihnen die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie verdient haben».

Stoch hält eine Debatte über einen Dienst an der Gesellschaft aber für sinnvoll. «Zwischen Ausbildung und Beruf, zwischen Schule und Studium einmal Dienst für die Allgemeinheit zu leisten und dabei gerade auch die Herausforderungen sozialer Berufe kennenzulernen, kann für jeden Menschen ein großer Gewinn sein», sagte der Sozialdemokrat. Er könne sich Modelle vorstellen, «in denen ein solcher Dienst zwar nicht zur Pflicht, aber deutlich attraktiver gemacht wird. Vorteile bei der Vergabe von Studienplätzen wären ein Beispiel».

Der 52-jährige Stoch erinnerte an seine eigene Zeit als Zivi. «Ich selbst möchte meine Zeit im Zivildienst nicht missen, gerade weil sie auch mich auf vielfache Weise vorangebracht hat.» Er hat sich nach eigenen Angaben für die Arbeiterwohlfahrt in Giengen (Kreis Heidenheim) um Schwerstbehinderte gekümmert.

Steinmeier hatte in einem Zeitungsinterview gefragt, «ob es unserem Land nicht gut tun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen». Der Bundespräsident sprach von einer «Pflichtzeit», die aber kein Jahr lang sein müsse. Diese Zeit könnte bei der Bundeswehr geleistet werden, aber genauso gut bei der Betreuung von Senioren, in Behinderteneinrichtungen oder in Obdachlosenunterkünften. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) lehnten einen solchen Dienst aber sofort ab.

Auch FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke ist strikt gegen den Vorschlag von Steinmeier. «Wir setzen auf freiwilliges Engagement für unsere Gesellschaft. Eine Dienstpflicht ist mit der FDP nicht zu machen», sagte er der dpa.

Bislang gibt es speziell für junge Menschen das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige Ökologische Jahr und den Internationalen Jugendfreiwilligendienst. Diese Angebote stehen jungen Frauen und Männern unabhängig von Schulabschluss, Herkunft oder Einkommenslage bis zum Alter von 27 Jahren offen. Daneben gibt es den Bundesfreiwilligendienst als Angebot für Menschen jeden Alters. Bei letzterem engagierten sich im Südwesten im vergangenen Jahr im Schnitt 6000 Menschen im Monat.

Infos des Sozialministeriums zu Freiwilligendiensten

Statistik Bundesministerium zu Bundesfreiwilligendienst

© dpa-infocom, dpa:220614-99-654975/2