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Unmut über Bezahlung der Wahlhelfer

Wahlhelfer
Ehrenamtliche Wahlhelfer sitzen in einem Wahllokal vor einer Urne, während in den Wahlkabinen gewählt wird. Foto: Wolfram Kastl/Archiv Foto: dpanitf3
Ohne sie wären Wahlen gar nicht möglich - die Wahlhelfer. Doch die Entschädigung für das Ehrenamt ist für die wenigsten attraktiv. Damit Kommunen Helfer finden, müssen sie tief in den Geldbeutel greifen.
Mannheim.

Mannheim/Stuttgart (dpa/lsw) - Die Suche nach Wahlhelfern für die anstehende Europawahl und die Gemeinderatswahlen erweist sich mancherorts als schwierig. Die Kommunen müssen bis zu mehrere Tausend Menschen finden, die bereit sind, Ende des Wonnemonats Mai einen Sonntag im Wahllokal zu verbringen (26.5.). Landesweit werden 80 000 Helfer benötigt, allein in Stuttgart 3800. «Die Suche nach ihnen war schon immer nicht ganz einfach», sagt Ann-Katrin Gehrung, Sprecherin der Landeshauptstadt. Zwar mussten bislang noch keine Helfer verpflichtet werden. Jedoch gilt die Entschädigung, das sogenannte Erfrischungsgeld, im Allgemeinen als nicht besonders attraktiv. Zwischen den Kommunen gibt es aber große Unterschiede.

Landeswahlleiterin Cornelia Nesch hat das sinkende Interesse ebenfalls bemerkt: «Insgesamt betrachtet scheint die Entwicklung leider dem Trend zu entsprechen, wonach die Bereitschaft der Bürger zu ehrenamtlicher Tätigkeit generell rückläufig ist.»

Auch in Mannheim fällt die Anwerbung nicht leicht. «Wir können beobachten, dass es immer schwerer wird, Menschen für den Wahldienst zu gewinnen», sagt Jens Hölderle, Teamleiter Wahlen der Stadt. Mit einem Internet-Film unter dem Motto «Ich bin dabei» erklärt die Stadt in diesem Jahr die ehrenamtliche Tätigkeit und appelliert an die Bürger, sich «für das zentrale Instrument der Demokratie» - die Wahl - persönlich einzusetzen.

Wahlhelfer kommen laut Hölderle zu einem großen Teil aus der Mitarbeiterschaft und dem «Stamm» treuer Unterstützer. Im Focus der Werbung stehen Studenten und Mitarbeiter der Hochschulen. Mannheim braucht 1600 Wahlhelfer, das entspricht einer Summe von etwa 96 000 Euro. Hinzu kommen Versand-, Papier und sonstige Materialkosten.

Nicht weit von Mannheim in der Studentenstadt Heidelberg scheint die Wahl weit leichter organisierbar zu sein. Und das, obwohl die privaten Wahlhelfer lediglich 50 Euro, städtische Mitarbeiter 35 Euro und einen freien Tag erhalten. Von den über 900 benötigten Wahlhelfern sind in der Regel rund 550 Beschäftigte der Stadt, die am Montag nach der Wahl das Stimmzettelergebnis der Kommunalwahl in städtischen Büros ermitteln. Kostenpunkt: rund 46 000 Euro.

Die ehrenamtliche Tätigkeit wird sehr unterschiedlich honoriert. Die Stadt Mannheim bietet eine Entschädigung von 60 Euro pro Person. In Stuttgart hingegen bekommen die Wahlvorsteher, die das Team leiten und bei Problemen Ansprechpartner sind, 121 Euro, davon 66 Euro für den Wahltag, 33 Euro für eine Schulung und 22 Euro für die Kontrolle im Wahllokal. Die Stellvertreter nehmen 99 Euro mit nach Hause. Das Erfrischungsgeld für die anderen beträgt 66 Euro.

In Konstanz erhalten nach einer Übersicht des Städtetages die Vorsitzenden und Stellvertreter 70 Euro und alle anderen 50 Euro. In Waiblingen sind ebenfalls 50 Euro Standard, Vorsteher und Stellvertreter werden mit 15 Euro mehr entlohnt. Offenburg behandelt alle gleich: 55 Euro und Fahrtkostenersatz, wenn man nicht im Wahlbezirk wohnt. Rottenburg und Ravensburg haben gestaffelte Regelungen: In der Stadt am Neckar gibt es für den Dienst bis zu drei Stunden 25 Euro, für drei bis sechs Stunden 40 Euro und darüber hinaus 47 Euro. Ein sogenanntes Zehrgeld von 5 Euro kommt noch oben drauf. Ravensburg bietet den Helfern pro Stunde sieben Euro, der Tageshöchstsatz beträgt 56 Euro.

Aus wessen Schatulle kommen die Gelder? Der Bund trägt zu den Gesamtkosten pro Wahlhelfer nur 25 Euro bei - nach 21 Euro 2014, 35 Euro pro Wahlvorsteher. Seit der Bundestagswahl 2017 gibt es Urkunden und Ehrennadeln für Wahlhelfer bei Bundeswahlen. Landeswahlen und kommunale Wahlen hat der Bund bei seiner «Wertschätzungsaktion» ausgeblendet, wie der Städtetag kritisch anmerkt. Bei den bevorstehenden Wahlen werde nur die Mitwirkung an der Europawahl, nicht an den weit aufwendigeren Kommunalwahlen honoriert. Städtetagsdezernent Norbert Brugger betont: «Wir wollen aber alle gleich behandeln.»

Allein mit dem finanziellen Beitrag des Bundes ließe sich in den meisten Städten nicht die erforderliche Anzahl der Helfer finden, erläutert Verbandsvertreter Brugger. Die Städte blieben deshalb auf dem größten Batzen sitzen. Das führe zu Unmut. Brugger: «Wahlhelfer opfern ihre Freizeit an den Wahlsonntagen, um große Verantwortung für unsere Demokratie zu übernehmen. Ohne sie wäre keine Wahl durchführbar.» Eine angemessene Entschädigung für diesen Dienst müsse für den Bund selbstverständlich sein. Es sei traurig, dass die Kommunen aus eigener Tasche für diese Anerkennung sorgen müssten.

Film zu Wahlhelfern