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Barackenlager
Tausende Gefangene in Eglosheim

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Blick von der Katharinenkirche über das Kriegsgefangenenlager Richtung Hohenasperg. Heute befindet sich dort die Hirschbergsiedlung. Alle Fotos: Stadtarchiv
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Blick in den Schlafsaal einer Gefangenenbaracke (um 1916).
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Französische Kriegsgefangene im Lager Eglosheim. Bei Kriegsende sind dort über 8000 Männer untergebracht.
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Rumänischer Soldat.
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Französische Kolonialsoldaten.
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Italienischer Soldat.
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Russische Kriegsgefangene vor einer Lagerbaracke. Über 3000 Russen sind in Eglosheim in Gefangenschaft.
Dort, wo sich heute die Hirschbergsiedlung befindet, wurde vor 100 Jahren ein großes Kriegsgefangenenlager gebaut.

Ludwigsburg. Unter der Überschrift „Das Barackenlager auf dem Eglosheimer Exerzierplatz“ erscheint am 27. März 1915 ein Artikel in der Ludwigsburger Zeitung über den Besuch im Lager für Kriegsgefangene in Eglosheim. „Nicht ohne einige Überraschung hat in den letzten Monaten die Bevölkerung von hier und der Vorstadt draußen auf dem Exerzierplatz die stattliche Anzahl von Gebäulichkeiten, die zunächst dazu bestimmt sind, einige tausend Gefangene bis zum Friedensschlusse aufzunehmen, emporwachsen sehen“, beginnt der Text.

Dann folgt eine genaue Beschreibung des Lagers zwischen der Hirschberg- und der Tammer Straße. 14 Wohnbaracken, jede 42 Meter lang und 19 Meter breit, Verwaltungsgebäude, eine Verkaufsbude, Toiletten ein Waschhaus und ein Kohleschuppen. Nachts ist das Lager hell erleuchtet, außerdem soll Stacheldraht die Gefangenen an der Flucht hindern. Beim Bau müssen französische Kriegsgefangene vom Hohenasperg helfen.

In Scharen pilgern die Ludwigsburger damals sonntags zur Baustelle, um die Bauarbeiten zu beobachten.

Einen Bericht über das Innenleben ist durch ein Protokoll des internationalen Roten Kreuzes überliefert, von dessen Mitarbeitern das Lager am 21. Mai 1915 besucht wurde. Zu diesem Zeitpunkt sind erst 1278 Soldaten dort untergebracht – am Ende des Krieges werden es über 8000 sein. „Wohnung, Hofräume. Gute Holzbaracken auf gemauertem Unterbau. Die Hofräume sind noch sehr unwegsam, werden aber jetzt in Stand gestellt. Kost. Scheint etwas ungenügend und von minderwertiger Qualität. Mittags gibt es fünfmal in der Woche Fisch oder Fleisch. Anfänglich ließ das Brot qualitativ zu wünschen übrig“, so der Bericht. Und weiter: „Lager. Jeder hat seinen Strohsack; in der Krankenstube liegen die Leute in Betten. Decken. Eine pro Mann. Kleidung. In sehr befriedigendem Zustand. Gesundheitszustand gut, etwa 400 Gefangene arbeiten außerhalb des Lagers, teils bei Bauern, teils bei Bauunternehmen, wo sie offenbar gut behandelt und geschätzt werden.“

Sogar die Löhne für die Kriegsgefangenen hält das Rote Kreuz fest: „Lohntarif: 10 Arbeitsstunden 30 Pfennig, neun Arbeitsstunden 25 Pfennig, acht Arbeitsstunden 20 Pfennig.“ Beim Briefverkehr wird aber über Verspätungen geklagt.

Bei Kriegsende befinden sich fast 4000 Franzosen, 3178 Russen, 1059 Italiener und weitere Nationalitäten darunter Engländer und Serben in dem Lager. Und alle wollen natürlich so schnell wie möglich nach Hause.

Viele der Gefangenen treten daher nach Ende des Krieges am 9. November 1918 an den inzwischen gegründeten Ludwigsburger Soldatenrat heran und bitten darum, heimgebracht zu werden. Anfangs werden täglich zwischen 50 und 70 französische Soldaten mit dem Zug nach Hause geschickt. Dann werden die Züge aber für den Rücktransport der deutschen Truppen benötigt. Außerdem hat die französische Regierung Angst vor der revolutionären Gesinnung ihrer Soldaten und verlangsamt die Rückkehr.

Die Gefangenen geben sich damit aber nicht zufrieden, sie sind nicht im Lager zu halten. „In der Stadt wurden sie zur Plage, so daß Patrouillen gehen mußten“, heißt es in einem Bericht des Ludwigsburger Soldatenrates. Den Franzosen wird daher vorgeschlagen – zu diesem Zeitpunkt sind noch über 2000 im Lager – zu Fuß über den Schwarzwald ins Elsass zu marschieren. Die ehemaligen Kriegsgefangenen sind laut Bericht damit einverstanden. „Es war ein gefährliches Unterfangen in Anbetracht des Umstandes, daß unser Heer in Massen über den Schwarzwald zurückkam, doch es ging alles gut.“