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Bürgermeisterwahlen
Angriff auf die Juxkandidaten

Ditzingens OB Michael Makurath (oben) hat das Ziel, den Bürgermeisterberuf attraktiv zu halten und kompetente Bewerber anzusprechen. Dazu zählt er offenbar nicht die Zählkandidaten Ulrich Raisch und Fridi Miller. Fotos: Oliver Bürkle, Ramona Theiss,
Ditzingens OB Michael Makurath (oben) hat das Ziel, den Bürgermeisterberuf attraktiv zu halten und kompetente Bewerber anzusprechen. Dazu zählt er offenbar nicht die Zählkandidaten Ulrich Raisch und Fridi Miller. Foto: Oliver Bürkle, Ramona Theiss, Holm Wolschendorf
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Warum Michael Makurath, Ditzinger OB und Präsident des Verbandes baden-württembergischer Bürgermeister, Spaßkandidaten und Dauerbewerbern das Leben schwerer machen will.

Ditzingen. Natürlich ist Ulrich Raisch, der 58 Jahre alte Pädagoge aus Stuttgart, auch in Mundelsheim am Start, als die Gemeinde im Oktober einen Nachfolger für Holger Haist sucht. Raisch bekommt 0,28 Prozent der Stimmen, was ihn nicht davon abhält, es im Februar in Sachsenheim erneut zu versuchen. Es wäre seine 38. Kandidatur im Landkreis.

Ende November verschickt das Stuttgarter Verwaltungsgericht eine Pressemitteilung. Darin erklärt es die Anfechtungsklagen der Dauerkandidatin Fridi Miller gegen die Wahlergebnisse in Hemmingen, Eislingen und Schwaikheim für unzulässig. Die Pressesprecherin Ulrike Zeitler: „Die Klägerin ist nicht prozessfähig.“ Miller hatte einmal angekündigt, Angela Merkel als Bundeskanzlerin beerben und ein Kind mit dem russischen Präsidenten Putin für den Frieden zeugen zu wollen.

Kandidaten wie Raisch und Miller wird der Ditzinger OB Michael Makurath im Kopf gehabt haben, als er kürzlich in der Stadthalle vor rund 400 Kollegen seine erste Ansprache als Präsident des Verbandes baden-württembergischer Bürgermeister hielt. „Ich verfolge mit Sorge die in Wellenbewegungen auftretenden Juxbewerbungen bei Bürgermeisterwahlen“, sagte Makurath. Es sei zwar nicht die Sorge „vor diesen Personen“, die ja vielfach den Kontrast zu seriösen Bewerbern erhöhen könnten. „Wer aber für seriöse Kandidaten attraktiv sein will, der muss verhindern, dass Bürgermeisterwahlen in die Nähe von Zirkus- oder Kirmesveranstaltungen gerückt werden.“

Der Pädagoge Raisch, der auch ein CDU-Parteibuch hat, gibt sich nach Makuraths Attacke empört. „Bleiben wir doch mal auf dem Teppich“, fordert er. „Ich habe noch keinen einzigen Juxkandidaten erlebt. Das sind alles bodenständige Leute, die auf ihre jeweilige Art und Weise unsere politische Kultur bereichern.“ Raisch selbst will mit seinen Kandidaturen erreichen, dass Demokratie lebendig bleibt. Außerdem sieht er sich als Verfechter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. „Das ist heutzutage ja längst kein Spaß mehr und auch keine Selbstverständlichkeit.“

Was ihm besonders übel aufstößt, ist Makuraths Wortwahl. „Er spricht von Wellenbewegungen, dabei sind wir doch keine Naturereignisse, sondern Menschen mit legitimen Absichten.“

Und wie geht es nun weiter? Der Ditzinger OB verweist auf die kommunale Gesetzgebung, wonach für Städte ab 20.000 Einwohnern bereits Unterstützungsunterschriften für eine Bewerbung gesammelt werden müssen. „Wir halten es im Interesse auch der kleineren Kommunen für angezeigt, hier eine ergänzende Regelung vorzusehen“, sagt er. „Dies umso mehr, als diese Bewerber nicht nur dazu neigen, sich extensiv zu bewerben, sondern auch die Wahlergebnisse rechtlich überprüfen zu lassen.“

Die Konsequenzen sind insbesondere für neugewählte Bürgermeister unangenehm. Sie werden zunächst zu Amtsverwesern berufen und können ihr Amt ohne Stimmrecht im Rat nicht vollständig ausüben. So erging es unter anderem dem Sindelfinger OB ein Jahr lang. In Hemmingen kam Millers Einspruch zu spät.

Dass das Gericht ihr nun den Erfolg aus anderen Gründen versagt, könnte nach Ansicht des Ludwigsburger Verwaltungsexperten Arne Pautsch Folgen haben. „Ja, die fehlende Geschäftsfähigkeit würde sich auch auf die Wählbarkeit auswirken“, sagt er. Denn selbst wenn ein Betreuer an die Seite gestellt werde, sei anzunehmen, dass es „in der Regel an der nötigen Einsicht und in die Bedeutung von Wahlen fehlt“. Fridi Miller sieht das anders. Und hätte auch kein Problem, genug Unterstützerunterschriften zu bekommen, sagt sie. Zu Bürgermeisterwahlen will sie, nach 111 dieses Jahr, aber eh nicht mehr antreten, stattdessen mit ihrer neuen Partei bei der Europawahl.

Raisch befürchtet, dass sich künftig die immergleiche Riege bei Bürgermeisterwahlen bewerben könnte, wenn sich der Ditzinger OB mit seinen Vorschlägen durchsetzen würde. Er sagt: „Das wäre doch nicht auszuhalten.“