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Landwirtschaft
Kampf um die Äcker spitzt sich zu

Zeichen des Protests: Die Junglandwirte Simon Pflugfelder (links), Lukas Giek und Julia Jopp haben in Möglingen grüne Kreuze aufgestellt. Foto: Andreas Becker
Zeichen des Protests: Die Junglandwirte Simon Pflugfelder (links), Lukas Giek und Julia Jopp haben in Möglingen grüne Kreuze aufgestellt. Foto: Andreas Becker
Mit grünen Kreuzen auf ihren Feldern protestieren Bauern gegen die Agrarpolitik – Zu Besuch bei Betroffenen in Möglingen

Möglingen. Dass es für Simon Pflugfelder, 22, einmal in die Landwirtschaft gehen würde, steht früh fest. Sein Vater bewirtschaftet in Möglingen mit Blick auf den Wasserturm und die A.81, über die sich am Montagabend mal wieder die Autos quälen, eine rund 45 Hektar große Fläche. Dazu kommen 50 Mutterschweine, 400 Mastschweine und 300 Hühner in einem mobilen Stall. „Landwirtschaft ist meine Leidenschaft“, sagt Pflugfelder, der gerade seinen Meister macht und den elterlichen Betrieb übernehmen will, wenn sich der Vater einmal zur Ruhe setzt.

Doch seit einigen Wochen geht unter deutschen Bauern die Angst um, dass sie bald vielleicht nicht mehr konkurrenzfähig sind. Pflugfelder hat mit den beiden Junglandwirten Lukas Giek und Julia Jopp deshalb das getan, was gerade Tausende Bauern in Deutschland machen: ein grünes Kreuz als stillen Protest gegen die Agrarpolitik in den Boden zu rammen. Nach Schätzungen sollen mittlerweile rund 20.000 solcher Mahnmale bundesweit auf den Feldern stehen – auch in Remseck, im Bottwartal oder im Kirbachtal. „Sie sind überall“, sagt Pflugfelder. „Weil es um unsere Existenz geht.“

Das Fass zum Überlaufen hat offenbar das Agrarpaket der Bundesministerinnen Svenja Schulze (SPD) und Julia Klöckner (CDU) gebracht. Ihr Ziel: Die Landwirtschaft umweltfreundlicher zu machen, indem sie den Einsatz des umstrittenen Unkrautgiftes Glyphosat zurückfahren und ab 2023 komplett verbieten lassen. Auch weiteren Pestiziden droht das Aus, dazu soll ein staatliches Tierwohllabel kommen. Und im Südwesten gibt es ja auch noch das Bienen-Volksbegehren.

Aber wo genau liegen jetzt die Probleme der Landwirte? „Wir sind nicht gegen mehr Umweltschutz“, sagt Julia Jopp, 23, die im siebten Semester Agrarwirtschaft in Nürtingen studiert. „Die Böden sind unsere Lebensgrundlage.“ Jopp, Pflugfelder und Giek haben jedoch den Eindruck, dass ihr Stand in Berlin oder Stuttgart nicht miteinbezogen wird – und jetzt die Konsequenzen ausbaden muss. In Umfragen hört Jopp zum Beispiel immer wieder, dass die Menschen mehr Biolebensmittel wollen und angeblich auch bereit wären, höhere Preise für Fleisch oder Milch zu bezahlen. „Ich kenne aber Molkereien“, sagt sie, „die keine Bioprodukte mehr anbieten, weil die Milch in den Regalen stehen bleibt.“

Lukas Giek, 18, befürchtet Ertragseinbußen bei der Ernte, wenn nicht mehr gespritzt werden darf. „Wir tun das nicht, weil es Spaß macht“, sagt der Azubi, sondern um Krankheiten bei den Kulturen zu bekämpfen und die Qualität der Lebensmittel zu sichern. „Die Ausbringungstechnik der Pflanzenschutzmittel ist viel genauer geworden. Damit kommt es kaum mehr zu Überlappungen.“ Schon heute seien Kontrollen und Auflagen für den Chemieeinsatz hoch.

Der Bauernverband Heilbronn-Ludwigsburg stützt offenbar den Protest. Der Vorsitzende Eberhard Zucker sagte jüngst auf einer Veranstaltung in Lauffen: „Wir wollen nicht länger die Buhmänner der Nation sein.“ Der Vaihinger hofft, dass der Protest gegen das Agrarpaket der Großen Koalition auch dazu führt, dass Bürger und Landwirte ins Gespräch kommen. „Viele Städter wissen nicht, um was es uns geht“, sagt Zucker. „Pflanzenschutz dient der Sicherung der Ernte und damit der Ernährungssicherung der Gesellschaft.“ Er wünscht sich mehr Wertschätzung und höhere Preise für Lebensmittel.

In Möglingen nickt der Jungbauer Pflugfelder zustimmend. Die Rückmeldungen der Spaziergänger, Radler oder Jogger, die an seinem Acker vorbeikommen, seien in der Regel positiv. Die grünen Kreuze sollen noch eine Weile bleiben – die Unterschriftensammlung für das Bienen-Volksbegehren läuft bis Anfang des nächsten Jahres. Pflugfelder sagt: „Ich glaube, dass den Leuten regionale Landwirtschaft wichtiger ist als ökologische.“