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30-Jähriger greift Ehefrau mit Messer an

Die Polizei hofft auf Hinweise. Archivfoto: Friso Gentsch
Die Polizei hofft auf Hinweise. Foto: Friso Gentsch
Ein 30-jähriger Afghane hat am Dienstagabend seine von ihm getrennt lebende Ehefrau in der Körnerstraße angegriffen. Die beiden Kinder des Paares mussten die Messerattacke mit ansehen. Die Frau hatte Glück: Mehrere Passanten schritten sofort beherzt ein.

Ludwigsburg. Verzweifelte, gellende Schreie haben am Dienstagabend Anwohner, Passanten und die Redaktion der Ludwigsburger Kreiszeitung in der Körnerstraße in Schrecken versetzt. Direkt gegenüber der LKZ attackierte gegen 21.20 Uhr ein 30-jähriger Afghane seine 26-jährige Ehefrau, die in Begleitung ihrer beiden Kinder war. Das Paar ist laut Polizeiangaben getrennt und wohnt in unterschiedlichen Einrichtungen.

Zunächst gab es einen lauten Streit. Nach Informationen unserer Zeitung machte die Frau dem Mann dabei klar, dass sie definitiv nicht zu ihm zurückkehren werde. Daraufhin zückte der Mann ein Küchenmesser, das er offenbar bewusst zu diesem Treffen mitgebracht hatte, und wollte auf seine Ehefrau einstechen. Dem gemeinsamen achtjährigen Sohn gelang es aber, seine Mutter vor dem Angriff zu schützen und den Vater abzudrängen. Daraufhin begann der 30-Jährige seine Ehefrau zu würgen.

Der Tumult und die markerschütternden Schreie der Frau sorgten dafür, dass mehrere Passanten auf den Übergriff aufmerksam wurden und einschritten. Zunächst mit Rufen wie: „Lass die Frau in Ruhe!“. Mehrere Augenzeugen, darunter ein 54-Jähriger, der gerade seinen Hund Gassi führte, griffen dann direkt in das Geschehen ein und stießen den 30-Jährigen, der immer noch das Messer bei sich hatte, beiseite.

Achtjähriger rettet seine Mutter

Nach einer kurzen Schimpftirade auf Afghanisch ergriff der Mann die Flucht und warf das Messer auf Höhe der Wilhelmgalerie auf den Gehweg. Ein Passant nahm noch kurzzeitig die Verfolgung auf, der 30-Jährige konnte aber entkommen. In der Folge fahndeten mehrere Streifenwagenbesatzungen des Polizeireviers Ludwigsburg nach dem Mann. Zunächst allerdings ohne Erfolg.

Um die leicht verletzte 26-Jährige, die neben ihrem achtjährigen Sohn auch noch ein Kleinkind im Kinderwagen dabeihatte, kümmerte sich der Rettungsdienst. Die Frau wurde nach der Erstversorgung gemeinsam mit ihren Kindern ins Krankenhaus und dann zum Polizeirevier Ludwigsburg gebracht.

Im Zuge der weiteren Ermittlungen konnte der 30-Jährige durch Beamte des Polizeipräsidiums Aalen an seiner Wohnanschrift im Rems-Murr-Kreis angetroffen und vorläufig festgenommen werden, schreibt die Polizei in einer Mitteilung. Nach seiner Vernehmung wurde er wieder freigelassen. Der Mann muss jetzt mit einer Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung rechnen. Laut Polizei bestehe kein weiterer Haftgrund. Ein versuchtes Tötungsdelikt, das eine weitere Haft zur Folge gehabt hätte, sieht die Staatsanwaltschaft nicht.

Dem achtjährigen Sohn des Paares, aber auch dem mutigen und selbstlosen Eingreifen mehrerer Passanten ist es zu verdanken, dass dieser Fall – zumindest äußerlich – recht glimpflich ausgegangen ist. Andere afghanische Frauen hatten in den vergangenen Monaten weniger Glück:

Anfang Juli ersticht ein 37-jähriger Afghane seine von ihm getrennt lebende Ehefrau in einem Bus im bayrischen Obergünzburg. Mehrere Passagiere müssen die Bluttat mit ansehen.

Ende Mai tötet ein 39-jähriger Afghane seine 30-jährige Ehefrau in einem Mehrfamilienhaus im sächsischen Chemnitz.

Ebenfalls im Mai ersticht ein 32-jähriger Mann seine 28-jährige Ehefrau in Cottbus unter den Augen zahlreicher Nachbarn auf dem Gehweg. Zeugen berichten, dass der Mann aus Afghanistan immer wieder voller Brutalität auf die Frau eingestochen hat. Das Paar hat drei Kinder.

An Weihnachten tötet ein 31-Jähriger seine 26-jährige Ehefrau, die sich nur wenige Wochen zuvor von ihm getrennt hatte. Täter und Opfer stammen aus Afghanistan.

Dies sind nur einige wenige Fälle einer langen Liste an Übergriffen und Tötungsdelikten, die in den vergangenen Jahren im Flüchtlingsmilieu in Deutschland stattgefunden haben. Was treibt diese Männer an? Was ist die Ursache für ihre Brutalität, vor allem in der Folge von Trennungen und Scheidungen?

Viele geflüchtete Frauen im Frauenhaus

Dafür gebe es verschiedene Gründe, sagt die Grünen-Stadträtin und Leiterin des Ludwigsburger Frauenhauses, Arezoo Shoaleh. Viele Flüchtlinge seien traumatisiert und stammen aus Kriegsgebieten und aus Kulturen, die von Gewalt geprägt sind. Hier in Deutschland kämen sie in stabile Verhältnisse und könnten die Freiheit genießen. Das passe aber manchen patriarchalisch geprägten Ehemännern nicht. Die behandelten ihre Frauen wie Besitz und akzeptierten auch eine Trennung nicht.

Im Ludwigsburger Frauenhaus wohnen derzeit mehrere Frauen mit einem Flüchtlingshintergrund, die vor ihren Männern geflohen sind. In den vergangenen Jahren hat ihre Zahl immer weiter zugenommen. „Diese Frauen sind in Deutschland oft erfolgreicher als ihre Männer. Sie sprechen besser Deutsch, engagieren sich und wollen ihre Chancen nutzen. Das ist das, was den Männern nicht gefällt.“

Auch für Frauen aus dem Frauenhaus gebe es immer wieder bedrohliche Situationen. „Absolute Sicherheit können wir nicht bieten.“ Oft versuchen die Männer, etwa über gemeinsame Kinder den Kontakt aufrechtzuhalten und den Wohnort der Frau ausfindig zu machen. Arezoo Shoaleh findet es daher wichtig, dass zum Schutz dieser Frauen das ganze System funktioniert: Neben den Behörden und Hilfsangeboten wie Frauenhäusern seien auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft gefragt, die Gefahr, die von diesen Männern ausgeht, ernst zu nehmen.