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Opfersprecher weichen Kritikern aus

Führungstrio der IG Heimopfer bläst abermals Treffen ab – Zander gesteht Spaltung der Gruppe ein

Ludwigsburg. Zum zweiten Mal hintereinander hat das Sprecher-Trio, das die Opfer des Kontaler Missbrauchsskandals in der sogenannten Steuerungsgruppe vertritt, ein selbst angesetztes Opfertreffen abgesagt. Wegen der langen Sommerpause gebe es „nichts Neues zu berichten“, begründet dies Detlev Zander, der Sprecher der Interessengemeinschaft (IG) Heimopfer.

Noch gestern auf Facebook

Er hat jetzt für 31. Oktober ein neues Treffen terminiert. An diesem Tag tritt zuvor auch die Steuerungsgruppe zusammen, die dann hauptsächlich die Etablierung einer Opfer-Hotline sowie Aspekte der wissenschaftlichen Aufarbeitung am Lehrstuhl der Landshuter Erziehungswissenschaftlerin Mechthild Wolff behandeln soll. Auf diese Weise könne man den früheren Heimkindern wenigstens Ergebnisse präsentieren, sagt Zander.

Die Kritiker des Sprechertrios, die sich vor allem um dessen gewählte Stellvertreter Wolfgang Schulz und Henry Kampouridis scharen und von der Opferhilfe Korntal unterstützt werden, wittern ganz andere Hintergründe und halten an dem Treffen am morgigen Samstag fest – wie schon beim Präzedenzfall 1. August. Auch damals hatte Zander einen Termin, der beim Treffen zuvor einvernehmlich vereinbart worden war, aus eigenen Stücken abgeblasen. Die Veranstaltung fand – mit Unterstützung der Opferhilfe – trotzdem statt, allerdings ohne Zander, der sich von seiner Mit-Sprecherin Martina Poferl vertreten ließ. Morgen jedoch wollen die Opfer-Vertreter in der Steuerungsgruppe komplett fehlen: „Das ist nicht unser Treffen“, sagte Poferl am Dienstag – obwohl es bis gestern Nachmittag auch noch auf der Facebook-Seite der IG Heimopfer angekündigt war. Erst kurz nach 15 Uhr wurde auch dort die Absage gepostet.

Will sich das Sprecher-Trio also schlicht vor einer Auseinandersetzung mit seinen Kritikern drücken? Zander weist diesen Verdacht zwar zurück, sagt, seine Gegner könnten sich ebenso gut am 31. Oktober äußern. Doch klar ist, dass die Gruppe um Schulz und Kampouridis – die Zander vor allem eine willkürliche Informationspolitik und ein erhebliches Demokratiedefizit vorwirft – morgen die Frage diskutieren will, „ob die Vertreter der Heimopfer in der Steuerungsgruppe noch das Vertrauen der Heimopfer genießen“. Ein Beschluss des Treffens vom 1. August, den damals nur Poferl nicht mitgetragen hatte.

Steht Misstrauensvotum an?

Er strebe kein Scherbengericht über das Sprechertrio an und wolle eine förmliche Abstimmung morgen verhindern, sagt Wolfgang Schulz im Vorfeld des Treffens. Wenn sich in Korntal aber wieder mindestens zwölf ehemalige Heimkinder einfänden – was in etwa der Teilnehmerzahl früherer Opfertreffen entspricht – halte er ein „Stimmungsbild“ für legitim. Gegebenenfalls werde am 31. Oktober dann über eine Abberufung der bisherigen Opfersprecher zu diskutieren sein.

Ein solches Misstrauensvotum würde aber voraussetzen, dass sich alle interessierten Heimopfer weiterhin als Teil der bloß informellen Interessengemeinschaft verstehen. Schulz geht genau davon aus, für Zander hingegen ist die Spaltung vollzogen: „Ja, es gibt eine zweite Gruppe, die sich von uns abgespalten hat“, reklamiert er zugleich das Alleinvertretungsrecht für die IG als „eigenständige Gruppierung“ für sich. Der Haken: Damit räumt Zander auch ein, nicht mehr für alle Heimopfer sprechen zu können. Moderatorin Mechthild Wolff müsse sich nun eben überlegen, wie sie seine Kritiker in die Arbeit der Steuerungsgruppe einbinden könne, sagt er.

Wie Zander bereitet unterdessen auch die Gruppe um Schulz eine Institutionalisierung ihrer Arbeit vor: Der Entwurf einer Vereinssatzung liegt morgen vor – in offener Konkurrenz zu den Vereinsplänen Zanders. Der griff derweil in einem Interview die Brüdergemeinde scharf an. Manche Kritiker sehen das als Ablenkungsmanöver, andere als Offenbarungseid: Es zeige sich, dass die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals auf der Stelle trete. Ganz wie sie es monieren.