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Zum Sonntag – 11. August 2013

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Einem Stein wohnt Leben inne – doch wenn er sich nicht bewegt, bedeckt ihn das Moos.  Archivfoto: dpa

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Bernhard Hellmuth Diakon, Zur Heiligen Dreieinigkeit, Ludwigsburg

Es wird Zeit, dass der Stein sich zu blühen bequemt“, schrieb einmal Paul Celan in einem Gedicht. Das ist schon ziemlich lange her und trotzdem scheint es wie für heute geschrieben zu sein.

Auch wenn es für viele nicht so scheinen mag – wir leben in einer versteinerten Zeit. Ein Stein ist irgendwie noch lebendig, aber er bewegt sich nicht mehr. Weil er Angst oder einfach keine Lust hat, sich zu bewegen, bleibt er einfach an dem Ort, wo er gerade liegt und verhält sich ruhig. Möglicherweise stolpert jemand beim Wandern über ihn drüber, aber das macht nichts. Ein Stein hält einiges aus, und was wehtut, ist der Zeh eines anderen. Irgendwann wird er von Flechten überzogen, dann vielleicht von Moos und erst viel später kann vielleicht etwas anderes über ihm wachsen.
Doch wenn der Dichter recht hatte, ist der Stein nur zu faul zum Blühen. Er ist so sehr damit beschäftigt, Stein zu sein, dass er schon selbst daran glaubt. Es wird immer Zeit, dass versteinerte Dinge sich wieder ans Leben erinnern. Besonders in diesen Jahren, in denen so vieles so fragwürdig geworden zu sein scheint, hilft gegen die Versteinerung nur noch der Wunsch, trotzdem zu blühen. Die Natur macht uns vor, wie das geht. „Die Zeit ist erfüllt“, so formuliert es das Evangelium. Die Zeit aufzubrechen, neu anzufangen, wieder Hoffnung und Mut zu fassen, ist immer jetzt. Es hat keinen Sinn, auf bessere Zeiten zu warten. Wenn der Stein nur ein Stein bleibt, kommen sie nicht. „Es wird Zeit, dass es Zeit wird.“