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AfD unerwünscht: GdP will rechte Mitglieder loswerden

Die Gewerkschaft der Polizei will aktive AfD-Mitglieder in ihren Reihen loswerden. Das bringt den Bundestagsabgeordneten, AfD-Kreisvorsitzenden und Polizeihauptkommissar Martin Hess in Rage. Der Unvereinbarkeitsbeschluss betrifft ihn direkt. Und er trifft ihn politisch, wie seine Diktion beweist.

Kreis Ludwigsburg. „Politische Hexenjagd“, „antidemokratischer Aufruhr“, „gewalttätige Polizeifeinde der Antifa“… Nein, hier twittert nicht Donald Trump nach einer Black-Lives-Matter-Demo in den USA. Hier schreibt Martin Hess – in einem auf seinem Facebook-Account nachlesbaren „offenen Brief“ an die Gewerkschaft der Polizei (GdP), in dem er deren Bundesvorsitzenden Oliver Malchow und dessen Vize Dietmar Schilff zum Rücktritt auffordert.

Hess ist, wie er schreibt, seit 1990 eines von rund 197000 Mitgliedern der DGB-Gewerkschaft, die man nicht mit der halb so großen Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) unter ihrem stramm rechten Vorsitzenden Rainer Wendt verwechseln darf. Kennt der vor allem für seine Lautsprecher-Qualitäten bekannte Wendt in seinem Verhältnis zur AfD kaum Manschetten, hat die GdP vorige Woche eine glasklare Position zu der Rechtsaußenpartei bezogen, der die Beobachtung durch den Verfassungsschutz droht: Die AfD, heißt es in dem GdP-Papier zum Unvereinbarkeitsbeschluss, sei eine „menschenverachtende Partei, die sich weder der Demokratie noch der historischen Verantwortung Deutschlands verpflichtet fühlt“. Begründet wird dieses Urteil beispielsweise mit der Teilnahme von AfD-Politikern an „Querdenker“-Demos: Unter anderem dadurch hätten sie „offen den Schulterschluss mit Rechtsextremen, Antisemiten, Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern gesucht“. Die AfD, sagt GdP-Vize Schilff, versuche mit „Provokationen und Inszenierungen medienwirksam aufzufallen“ und sei „gewerkschaftsfeindlich“. Die GdP wolle „populistischen und extremistischen Entwicklungen entgegenwirken“.

Mitgewirkt am Unvereinbarkeitsbeschluss, der nach zweijähriger interner Diskussion in einer Videokonferenz gefasst wurde, hat auch der GdP-Landesvorsitzende Hans-Jürgen Kirstein. In der Landesgeschäftsstelle in Eberdingen vertritt er gut 10000 baden-württembergische Polizisten. Dass er „voll hinter“ der Absicht steht, „bekennende und aktive AfD-Mitglieder“ zum Rückzug aus seiner Gewerkschaft aufzufordern, überrascht nicht: Schon Anfang März hatte die GdP Baden-Württemberg die angekündigte, inzwischen juristisch aber (noch?) aufgeschobene Einstufung der AfD als Verdachtsfall für den Verfassungsschutz befürwortet und unterstrichen, dass es in der GdP „keinen Platz für rassistische, extremistische, hasserfüllte, ausgrenzende und diskriminierende Gesinnungen“ gebe. Inzwischen, sagt Kirstein, sei ein AfD-Mitglied aus der Gewerkschaft ausgetreten – ein Schritt, den man nun auch vom Abgeordneten Hess erwarte.

Der indessen schäumt: „Mit ihrer diffamierenden und stigmatisierenden Erklärung“ mache sich die GdP „zur Erfüllungsgehilfin linksgrünroter Politik“, schreibt er auf Facebook. Linke und Grüne sind für den AfD-Politiker – anders als am Sonntag für die Wähler im Südwesten – offenbar ohnehin kaum zu unterscheiden: Sie „paktieren“ laut Hess allesamt ebenso „offen mit den gewaltaffinen Linksextremisten der Antifa“ wie der gesamte DGB und setzten die Polizei substanzlosen Rassismus-Vorwürfen aus. Dass sich auch die GdP „willfährig“ vor Linksextremismus „wegducke“, sei „eine Schande“, töst Hess und kündigt „massiven Unmut“ und „maximale Enttäuschung bei den GdP-Mitgliedern“ an.

Nicht er, aber einige Vorstandskollegen hätten inzwischen erste Drohschreiben eindeutig rechter Herkunft erhalten, sagt Kirstein. „Das zeigt, wes Geistes Kind die Verfasser sind.“