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Aikido-Kampfkunst und derMut der Frauen

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Die Kampfkunst des Aikido stand am Anfang, daraus entwickelte Monika Mager dann Selbstver- teidigungskurse für Frauen und Mädchen, um am Schluss wieder zum Aikido zurückzukehren. Heute hat sie als eine der wenigen Frauen den 6. Dan erreicht und und ist sich sicher; „Ich würde alles wieder so machen,“

Bietigheim-Bissingen. Monika Mager hat ein sehr langes Verhältnis zur japanischen Kampfkunst. Bereits als Jugendliche hat sie sich für Judo interessiert. Später nahm sie sogar an Wettkämpfen teil. Doch so viel Leistungsdruck war nicht ihr Ding, also verabschiedete sie sich vom Judo und wandte sich der Jugendarbeit beim Albverein zu. Um das Jahr 1980 entdeckte sie einen neuen Stil – Aikido. Das entsprach auch dem Selbstverständnis der Frau aus Bietigheim. Beim Aikido wird die Kraft des Angreifers umgeleitet und versucht in eine Position zu kommen, die es ihm unmöglich macht weiter anzugreifen. Das ist nicht aggressiv, es handelt sich um eine friedliche Sportart.

„Damit konnte ich mich auseinandersetzen, ich merkte, das war mein Ding. Aikido war auf allen Ebenen das, was ich wollte“, erzählte die 64-Jährige heute von ihren Anfangstagen. Mitte der 1980er Jahre machte sie ihren ersten Dan und entfernte sich immer mehr von ihrem Brotberuf, dem einer pharmazeutisch-technischen Assistentin.

In diesen Jahren wollten sich viele Frauen die alltägliche Gewalt nicht mehr gefallen lassen und hielten gegen die Macht der Männer. Bei den Volkshochschulen wurden erste Selbstverteidigungskurse angeboten und Monika Mager war von Beginn an dabei.

Doch damit begab sie sich auf ein ganz neues Gebiet. Es gab keine Vorbilder und auch keine Vorgaben, alles musste neu erarbeitet werden. „Im Norden von Stuttgart war ich die Einzige, die mit solchen Kursen begann. Man musste es ganz einfach machen“, so Mager.

Schnell stellte sie fest, dass ihr geliebtes Aikido dafür wenig geeignet war. Diese Art der Kampfkunst war viel zu kompliziert, es dauerte viel zu lang, bis man sie anwenden konnte. Man musste auf ganz einfache Techniken zurückgreifen, die sich aus Judo und Karate ableiteten. Die Frauen mussten lernen, wie sie zuschlagen konnten und bekamen ganz einfache Tritte erklärt. Dieses Wissen wurde allerdings erst angewendet, wenn gar nichts anderes mehr ging.

„Viel wichtiger ist ein selbstbewusstes Auftreten. Dem Gegenüber muss klar sein, dass er es nicht mit jemand zu tun hat, den er herumschubsen kann. Das machte den größten Teil der Kurse aus“, sagt Monika Magere. Die Frauen mussten lernen laut zu schreien, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie sollten sich von ihrem alten Denken befreien, bewusst Hilfe einfordern, nicht mehr denken, man habe sowieso keine Chance.

Ein solches Gedankengut entsprach auch der damaligen Frauenbewegung. Sie pochte auf ihre Rechte, pochte auf die Solidarität der Gesellschaft. Diese Rechnung ging nicht immer auf, doch der Wunsch nach mehr Selbstverteidigung blieb. Anfangs waren die Kurse dreifach überbucht. Auf der Warteliste standen teilweise bis zu 60 Frauen. Männer waren nie in ihren Kursen, es war eine reine Frauensache. Das hätte auch nicht zu ihrem Selbstverständnis gepasst. In ihren Kursen habe immer eine sehr intime Atmosphäre geherrscht, da hätten Männer nicht reingepasst.

Später kamen Mädchen-Kurse hinzu. Auch hier musst sie ganz neu anfangen. „Es war Kampftechnik noch weniger gefragt. Wir mussten den Kindern den Unterschied zwischen guten und schlechten Geheimnissen erklären, wie man Vertrauenspersonen findet und dass man sich traut, Hilfe zu holen. Diese Art der Pädagogik musste ich mir auch erst erarbeiten“, erzählt Monika Mager.

Und sie kann sich auf die Wissenschaft berufen. Eine Studie aus Hannover habe nachgewiesen, das bei einer Gegenwehr von Frauen, 83 Prozent der Angriffe erfolglos verliefen. Das war die Basis ihrer Arbeit.

Ab dem Jahr 2000 wurden es weniger Kurse, sie kümmerte sich wieder um ihr Aikido und ist in Deutschland eine der höchstdekorierten Frauen – sie besitzt den 6. Dan. All zu viel Beachtung will sie dieser Tatsache nicht schenken, doch ein wenig stolz ist sie schon auf die Graduierung. Heute muss sie ein wenig ihrem Alter Tribut zollen. Sie hat Probleme mit den Knien. Beim Aikido kann sie aber nach wie vor entspannen. „Und wenn ich vor die Entscheidung gestellt würde. Ich ginge wieder den gleichen Weg. Es hat mir immer Spaß gemacht.“