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Asyl-Projekt: Integration per Blutgrätsche

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Etwa 20 Flüchtlinge trainieren ab sofort einmal pro Woche beim TV Neckarweihingen.Foto: Oliver Bürkle
Knapp 50 Flüchtlinge leben in Neckarweihingen. Engagierte Bürger wollen eine Willkommenskultur etablieren. Beim TV Neckarweihingen ist jetzt Integration per Blutgrätsche angesagt.

Ludwigsburg. Ja, natürlich spiele er gerne Fußball, sagt Tambi Abdul Salam. Der Ingenieur für Umwelttechnik stammt aus Damaskus und ist vor dem Bürgerkrieg in seiner syrischen Heimat geflohen, im Dezember 2014 kam er in Deutschland an. Jetzt lebt der 32-Jährige im Flüchtlingsheim in der Neckartalstraße. „Es ist ein gutes Heim“, betont er.

Ab sofort kickt Tambi Abdul Salam einmal pro Woche mit etwa 20 anderen Asylbewerbern beim TV Neckarweihingen. Die Spieler kommen unter anderem aus Gambia, Syrien, Somalia und dem Kosovo. „Wenn die sportliche Leistung stimmt, kann man auch darüber nachdenken, einzelne Leute in die regulären Teams zu integrieren“, sagt Holger Kopp, Vorsitzender des Fördervereins Fußball des TV Neckarweihingen.

Das Angebot kam auf Initiative des Kinder- und Familienzentrums (Kifaz) Neckarweihingen und engagierter Bürger zustande. Am vergangenen Mittwoch fand im Kifaz erstmals ein interkulturelles Begegnungscafé statt. „Die Flüchtlinge waren zunächst ein bisschen eingeschüchtert, aber sie sind schnell aufgetaut und wir haben uns mit Händen und Füßen verständigt“, sagt Maria José Piqueras Solana, die mit etwa 15 Neckarweihingern den Arbeitskreis Begegnungscafé ins Leben gerufen hat.

Nach dem ersten Treffen zieht sie eine positive Bilanz. Das Begegnungscafé soll nun immer mittwochs stattfinden, der TV Neckarweihingen stellt einen Trainer für den wöchentlichen Kick zur Verfügung, und ab der kommenden Woche bieten die ehrenamtlichen Helfer auch Deutschkurse an.

„Es geht uns darum, miteinander in Kontakt zu kommen, eine Willkommenskultur zu etablieren und bedarfsgerechte Angebote für die Flüchtlinge auf die Beine zu stellen“, sagt Kifaz-Diplompädagogin Jessica Gürsch.

Der Arbeitskreis Begegnungscafé nimmt Sachspenden an und hofft, Paten zu finden, die Flüchtlinge bei Alltagsproblemen unterstützen. Auch bürokratische Hürden sind zu überwinden, erzählt Piqueras Solana. Etwa bei der Einschulung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien. „Die Kinder sind zum Teil schon seit Monaten hier, aber können immer noch nicht in die Schule gehen“, erzählt sie.

Selbst das Fußballtraining hat seine Fallstricke. „Die Spieler sind ja nicht versichert, und Geld für die Monatsbeiträge dürfte in der Regel auch nicht da sein“, meint der Fördervereinsvorsitzende Kopp. „Eventuell werden wir die Sache als eigene Freizeitabteilung laufenlassen.“

Der Arbeitskreis Begegnungscafé will anerkannte Asylbewerber auch bei der Wohnungssuche unterstützen. „Für uns Flüchtlinge ist das größte Problem, eine eigene Wohnung oder ein Zimmer zu finden“, sagt Tambi Abdul Salam. Er würde gerne in Ludwigsburg bleiben, um zu arbeiten oder zu studieren. „Es ist sehr schön hier, Ludwigsburg ist eine gute Stadt.“

Auch Piqueras Solana hat festgestellt, dass sich die Wohnungssuche für Flüchtlinge schwierig gestaltet. „Wer ein freies Appartment oder eine Ein-Zimmer-Wohnung vermieten will, kann sich jederzeit bei uns melden.“

Info: Das Begegnungscafé im Kifaz, Kindergartenweg 10, findet immer mittwochs von 15 bis 17 Uhr statt. Das Kifaz ist unter Telefon (0 71 41) 5 11 10 zu erreichen. Ansprechpartnerin des Arbeitskreises Begegnungscafé ist Maria José Piqueras Solana, Telefon (01 72) 7 46 90 95.