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Auf der Zielgerade zur Lese

Die Deutsche Weinkönigin in der Saison 2010/2011, Annika Strebel-Weigel, erntet Tafeltrauben beim Petershof .Foto: Alfred Drossel
Die Deutsche Weinkönigin in der Saison 2010/2011, Annika Strebel-Weigel, erntet Tafeltrauben beim Petershof . Foto: Alfred Drossel
Nach dem falschen Mehltau fürchten die Wengerter jetzt die Kirschessigfliege – Wunsch: Sonne und kühle Nächte

Kreis Ludwigsburg. Im Weinanbaugebiet Rheinhessen hat vorige Woche die Weinlese begonnen. Von dort kommt Annika Weigel, die vor zehn Jahren Deutsche Weinkönigin war und jetzt mit ihrem Mann Philipp beim Löchgauer Petershof mit großer Leidenschaft, viel Liebe und auserwählten Rebsorten Weine produziert, Auch hier erntet Annika Weigel schon – allerdings Tafeltrauben. Bis zum Start der Weinlese dauert es noch gut zwei Wochen.

Frost, Pilz und jetzt die Kirschessigfliege – das Weinjahr 2021 steht unter keinem guten Stern. Um den Jahrgang zu retten, bleibt nun nur das bange Hoffen auf die kommenden Wochen. Immerhin: Die widerspenstige Witterung hat auch einen Vorteil.

Das Jahr 2021 stelle die Anbau-Kunst von Württembergs Wengertern mit Wetterkapriolen der nass-kalten Sorte heftig auf die Probe. „Wir hoffen jetzt auf einen versöhnlichen Endspurt“, sagt Immanuel Gröninger, Vorstandsvorsitzender der Bottwartaler Winzer. In der finalen Reifephase sei die Witterung ganz entscheidend für die Jahrgangsqualität. Sie sollte in erster Linie möglichst trocken sein und idealerweise in einen schönen Altweibersommer übergehen, betont Gröninger. Ob die Sonne jetzt im September scheint und es trocken bleibt, wirkt sich entscheidend auf die Qualität des Jahrgangs aus. Seiner Meinung nach wird im Bottwartal am 21. September mit der Weinlese begonnen. Das laufende Jahr war für die Weinerzeuger von Anfang an nicht einfach: Zuerst verzögerte das vergleichsweise kühle und nasse Frühjahr den Austrieb der Reben, dann richteten Spätfröste in einigen Bereichen im Landkreis Schäden an.

Im nassen Juni wuchsen die Reben dann so heftig, dass die Wengerter vielerorts mit dem Aufbinden kaum nachkamen. „Erfreulicherweise führte die etwas verspätete Rebenblüte aber dennoch zu einem vielversprechenden Fruchtansatz“, sagt Sebastian Häußer, Kellermeister und technischer Betriebsleiter der Hessigheimer Felsengartenkellerei. Die Weinbauern seien froh, dass die Wasserreserven in den Weinbergböden durch den reichlichen Niederschlag wieder aufgefüllt seien. Doch bringt die überdurchschnittliche Feuchtigkeit vor allem Probleme mit sich. So hat sie Schädlinge sehr begünstigt.

In den vergangenen, trockenen Jahren sei die asiatische Kirschessigfliege kaum aufgetreten, sagt Häußer, doch jetzt sei die Population explosionsartig gestiegen, so dass man punktuell den Schädling bekämpfen müsse. Folgen des Frostes müssten die Wengerter im Enz-und Neckartal verkraften. Für Württemberg rechnet der Weinbauverband mit einem Minus von etwa einem Fünftel. Sebastian Häußer ist dennoch positiv gestimmt. Mit dem Lesebeginn rechnet er in der Woche ab dem 20. September. Eine späte Lese sei gut für die Qualität des Weines.

Die Reifeentwicklung der Trauben liegt gut zwei Wochen hinter dem zehnjährigen Mittel. Dies entspreche eher dem Niveau der 80-er Jahre als der neueren Entwicklung, betont der erste Kellermeister der Lauffener Weingärtner, Michael Böhm. Wie trüb die Witterung in diesem Jahr bisher oft war, zeige die Tatsache, dass die Lese in den letzten zwei Jahrzehnten nur einmal später begann, nämlich im Jahr 2013. Der bislang früheste Lesestart fand vor drei Jahren am 6. August statt. Die Wengerter des Mundelsheimer Käsbergkellers müssten wegen eines Hageleinschlags an der Neckarschleife mit Abstrichen rechnen. Tagsüber Sonne und Wärme und kühle Nächte, das freue die Wengerter, sagt Michael Böhm.

Kühle Nächte seien vor allem deswegen wichtig, weil so die Fruchtsäure und das besondere, von Boden und Lage eines Weinbergs mitgeprägte Aroma besser erhalten blieben. „Das lässt auf fruchtige Weißweine und farbkräftige Rotweine hoffen“, sagte Michael Böhm. Es werde spannend bis zur Lese.