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Aus der heiteren, fließenden Welt

Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Fotos: Ramona Theiss
Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Foto: Ramona Theiss
Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Fotos: Ramona Theiss
Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Foto: Ramona Theiss
Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Fotos: Ramona Theiss
Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Foto: Ramona Theiss
Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Fotos: Ramona Theiss
Lebenssatte Wimmelbilder: Die Sonderausstellung im Hornmoldhaus widmet sich Arbeiten von Kawanabe Kyôsai. Foto: Ramona Theiss
Erstmals steht die Holzschnittkunst von Kawanabe Kyôsai im Mittelpunkt einer Ausstellung des Hornmoldhauses

Bietigheim-Bissingen. Ursprünglich für 2021 zum 190. Geburtstag des japanischen Künstlers Kawanabe Kyôsai und konzertiert mit der „Japonismus 2.0“-Ausstellung in der gegenüberliegenden Städtischen Galerie auch zur Feier des 60-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft zwischen Bietigheim und dem japanischen Kusatsu geplant, wird „Kawanabe Kyôsai (1831–1889) – Japanischer Künstler zwischen den Zeiten“, die jüngste Ausstellung im Hornmoldhaus, am Sonntag eröffnet. Mit seinem dynamischen, expressiven Stil gilt Kawanabe Kyôsai vielen als ein Vorläufer der heutigen Manga-Zeichner. Nach 1997 zeigt das Hornmoldhaus nun bis zum 18. September bereits die zweite monografische Schau des japanischen Malers. Mutmaßlich sei dies zudem die erste Ausstellung in Deutschland, in deren Fokus dessen Holzschnittkunst steht, so der Pforzheimer Sammler Günter Beck, der mit entsprechenden Leihgaben und einem reich bebilderten Katalog maßgeblich zu deren Zustandekommen beigetragen hat.

Japan und Bietigheim: Diese Verbindung hat viel mit Erwin von Baelz zu tun. So auch im Fall von Kawanabe Kyôsai. 1876 an die Medizinische Hochschule Tokio berufen, verbrachte der Bietigheimer Arzt fast 30 Jahre in Japan. Er gilt als einer der Begründer der modernen Medizin in Japan und war Leibarzt des japanischen Kaiserhauses. Zudem betrieb von Baelz auch anthropologische Studien und entwickelte sich zum leidenschaftlichen Kunstsammler. Ein Großteil seiner Sammlung befindet sich heute im Stuttgarter Linden-Museum, doch Teile seines persönlichen Nachlasses befinden sich auch im Hornmoldhaus, dem Stadtmuseum seiner Heimatstadt.

1879 hat von Baelz den Künstler, der bereits wenige Jahre zuvor auf den Weltausstellungen in Wien und Paris gezeigt wurde, kennengelernt; er wurde nicht nur zum begeisterten Sammler seiner Werke, sondern hat ihn als behandelnder Arzt noch in seinen letzten Stunden begleitet. Kawanabe Kyôsai galt dem Bietigheimer als „der größte jetzt lebende Maler“ – so auch der Titel der Schau von 1997 –, kein anderer findet sich häufiger im Inventarverzeichnis der Baelz’schen Sammlung. Drei seiner Gemälde aus dem Bestand des Hornmoldhauses bilden, nebst dem ausgebreiteten Kimono von Baelz, das Entree der von Museumsleiterin Dr. Catharina Raible und Volontärin Carina Rosenlehner konzipierten Ausstellung; eines zeigt einen Rabenvogel auf einem Ast – ein für Kawanabe Kyôsai ikonisch gewordenes Motiv, das in drei Blättern aus Becks Sammlung auf der gegenüberliegenden Wand aufgenommen wird.

Ausgebildet in der Tradition der Kano-Schule, pflegt Kawanabe Kyôsai den sogenannten Ukiyo-e-Stil, was sich mit „Bilder der heiteren, fließenden Welt“ übersetzen lässt. Seine Sujets waren das Alltagsleben der Menschen, ihre Vergnügungen und Feste, aber auch die gesellschaftspolitischen Auseinadersetzungen zwischen Shogunat und Monarchie, Isolation und Westöffnung. „Die Schlacht von Ueno“ zeigt eine drastisch verdichtete Szene aus dem Boshin-Bürgerkrieg, einige Schritte weiter gibt es eine „Anleitung für Trinkpartys“, ein lebenssattes Wimmelbild der Ausschweifungen. Karikatur und Satire nehmen großen Raum ein. Faszinierend sind auch die Harimaze-e genannten Ausschneidebilder, bei denen häufig drei unterschiedliche Bilderfindungen auf einen Bogen gedruckt wurden. Auf anderen Blättern wird das Geschehen tatsächlich in narrativ fortlaufenden Panels in Verbindung mit einer stilisierten (Bewegt-)Bildsprache entwickelt, sie dürfen mit einigem Recht als Proto-Comics gelten. Kurios: Hintergrundfiguren mit Gesichtern in Buchstabenform in „Hundert Drehungen der Gebetskette“. Pikant: Kyôsai zugeschriebene Shunga („Frühlingsbilder“) sind, da sie explizit sexuelle Darstellungen zeigen, in einem weiteren Raum im Untergeschoss, mit rotem Samt abgedeckt, zu sehen.

Info: Eröffnung am Sonntag um 11.15 Uhr im Rathaus. Zudem bietet das Hornmoldhaus auch eine virtuelle Ausstellung an. Weitere Infos : www.stadtmuseum.bietigheim-bissingen.de.