Erdmannhausen. Vor sechs Jahren hatte der Landkreis das Gelände in Verlängerung der einstigen Dora-Werke von einem privaten Eigentümer gepachtet. Aufgrund stark zurückgehender Flüchtlingszahlen wurde das Vorhaben aber nicht realisiert. Doch jetzt wird es wieder ein Thema. Die vom Landratsamt Ludwigsburg genannten Gründe: Nicht nur die Zahlen steigen, auch die Mietverträge bestehender Unterkünfte laufen in den nächsten Jahren aus. So besteht nun Handlungsbedarf.
Bei einem Informationsabend im Rathausfoyer erläuterte der Leiter des Fachbereichs Asyl und Migration im Landratsamt, Martin Schliereke, die Pläne. Der öffentliche Termin war kurzfristig angesetzt worden, nachdem Schliereke im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung Ende April bereits das Vorhaben vorgestellt hatte. Bei diesem einen Termin soll es laut Bürgermeister Marcus Kohler aber nicht bleiben, zumal auch noch kein Baugesuch bei der Gemeindeverwaltung eingegangen ist. „Wir informieren nochmals, wenn alles konkreter wird“, kündigte Kohler an.
Abgespeckte Version mit maximal 96 Plätzen
Laut Martin Schliereke wird im Gegensatz zu früheren Planungen jetzt eine abgespeckte Version mit maximal 96 Plätzen realisiert, wobei der Fachbereichsleiter eher von einer Belegung mit 80 Geflüchteten ausgeht. In dem zweigeschossigen Bau sollen dabei Appartements mit jeweils acht oder vier Plätzen in Form einer Wohngemeinschaft entstehen. Das heißt: Die Bewohner teilen sich einen oder zwei Schlafräume sowie Wohnküche und Bad. „Das ist alles kein Luxus“, betonte Schliereke. Das Gebäude soll in Modulbauweise erstellt werden und enthält neben den Wohnbereichen auch einen Gemeinschaftsraum für Freizeitaktivitäten und Sprachkurse sowie Büro- und Nutzräume. Im Außenbereich sind Kinderspielplatz sowie Grillecke vorgesehen. Der Baubeginn ist für November terminiert, nach neun Monaten soll das Projekt abgeschlossen sein.
So weit die Theorie, denn Schliereke räumte ein, dass es möglicherweise Probleme geben kann, überhaupt Angebote von Baufirmen zu erhalten. Es handelt sich um ein Projekt der vorläufigen Unterbringung, wofür die Landkreise zuständig sind. Die Anschlussunterbringung ist danach Sache der Städte und Gemeinden.
Bedenken wegen Sprachkursen durch Ehrenamtliche
In Erdmannhausen kümmert sich seit 2019 die Integrationsbeauftragte Katharina Fischinger um die Geflüchteten in der Gemeinde. Sie hat schon Sportprojekte, Renovierungsmaßnahmen sowie den jetzt eröffneten Mitmachgarten auf die Beine gestellt. Weitere Aktionen sind geplant. Katharina Fischinger will auch die derzeit 20 privat untergebrachten Geflüchteten aus der Ukraine einbeziehen. Ihr Einsatz wurde jüngst in der Ratssitzung gewürdigt.
Das Engagement Fischingers lobte beim Infoabend auch Martin Probst vom örtlichen Freundeskreis Asyl. Er äußerte aber Bedenken zum Thema Sprachkurse durch Ehrenamtliche. „Wir können keine pädagogischen Leistungen erbringen“, so Probst, der davor warnte, die Ehrenamtlichen zu überfordern. Er äußerte außerdem die Befürchtung, dass eine Zweiklassengesellschaft von Geflüchteten entstehen könne. „Wir versuchen, eine Mischung hinzubekommen“, versprach Schliereke. Im Klartext: Die neue Gemeinschaftsunterkunft soll Menschen aus verschiedenen Ländern beherbergen. Wird nun parallel zur steigenden Zahl von Geflüchteten auch das Personal im Landratsamt aufgestockt? Auch in diesem Bereich herrsche Fachkräftemangel, so Schliereke. Zum Leidwesen von Martin Probst, der eine bessere Kommunikation der Behörde mit den Geflüchteten angemahnt hatte.