1. Startseite
Logo

Beschäftigte der Ludwigsburger Stadtverwaltung sollen im Winter Pullover tragen

Energiesparen ist das Gebot der Stunde – auch in städtischen Gebäuden. Foto: Marcus Brandt/dpa
Energiesparen ist das Gebot der Stunde – auch in städtischen Gebäuden. Foto: Marcus Brandt/dpa
Öffentliche Einrichtungen zu schließen, weil das Gas knapp wird, das gilt momentan als letztes Mittel. Es ist aber dennoch ein Szenario, mit dem sich die Verwaltungsspitze intensiv beschäftigt. Außerdem müssen sich die Mitarbeiter der Verwaltung künftig vermutlich im wahrsten Sinne des Wortes wärmer anziehen, wenn die Raumtemperatur in den Büros gesenkt wird.

Ludwigsburg. Welche Auswirkungen die Ukrainekrise auf die Energieversorgung hat, stand im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht machte deutlich, dass die Lage ernst ist, man die Krise aber auch als Chance begreife: „Wir wollen nicht nur über Sorgen sprechen, sondern auch über Lösungen diskutieren.“

Einerseits gehe es um die Menschen in der Stadt, denen man eine sichere Energieversorgung bieten wolle. Gleichzeitig müsse man auf den städtischen Haushalt schauen. „Jede Kilowattstunde zählt“, unterstrich Knecht, dass Energiesparen das Gebot der Stunde ist.

Stadtwerke haben Taskforce Sicherer Netzbetrieb einberufen

„Wir machen uns große Sorgen“, sagte Johannes Rager, Geschäftsführer der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB), der auf die allgemeine Versorgungssituation und Auswirkungen auf Privathaushalte einging. Seit dem bundesweiten Ausrufen der Frühwarnstufe nach dem Notfallplan Gas am 30. März sind bei dem Energieversorgungsunternehmen viele Maßnahmen in die Wege geleitet worden.

Zwar verfügen die SWLB bereits über ein Krisenmanagementsystem. Darüber hinaus wurde eine Taskforce Sicherer Netzbetrieb einberufen sowie ein Handbuch für das Vorgehen bei einer Gasmangellage erarbeitet –, um nur zwei Punkte zu nennen. Die Energiepreise werden deutlich steigen, für die Verbraucher wird es teuer.

Doch was bedeutet es für Ludwigsburg, wenn Gas knapp wird? Während die Versorgung in Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Notfall, Sicherheit und Bildung aktuell per Definition der Stadtwerke geschützt ist, gilt das für Museen, Gemeinde- und Sporthallen sowie Hallenbäder oder Krematorien im Notfall nicht.

Oberbürgermeister kündigt strikte Ausgabendiszipin an

„Wenn es hart auf hart kommt, sind wesentliche Bereiche eingeschränkt“, bestätigte der Oberbürgermeister, der gleichzeitig eine „strikte Ausgabendisziplin“ ankündigte. Betroffen von Kostensteigerungen seien alle Fachbereiche, das Spektrum reicht von den Energiekosten für die Straßenbeleuchtung bis zu den Ausgaben für Benzin der Technischen Dienste.

Er wolle keine Schwarzmalerei betreiben, aber ehrlich sein, um für das Thema zu sensibilisieren, so Knecht. Zu den „kurzfristig möglichen, wirkungsvollen Maßnahmen“, die von der Verwaltung erarbeitet worden sind, gehört der Vorschlag, bestimmte Einrichtungen zu schließen, um Energie zu sparen. „Ich sage bewusst nicht, welche das sein könnten“, so der Verwaltungschef. Vielmehr soll die Entscheidung von Gemeinderat und Stadtverwaltung gemeinsam getroffen werden.

Raumtemperatur soll gesenkt werden

Wesentlich einfacher lässt sich die Absenkung der Raumtemperatur in städtischen Gebäuden umsetzen. Würden die Räume während der Heizperiode statt auf 20 nur auf 19 Grad geheizt, würden 752000 Kilowattstunden eingespart. Bei einer Raumtemperatur von 17 Grad steigt die Ersparnis sogar auf 2,1 Millionen Kilowattstunden. Warme Pullover wären dann bei den städtischen Bediensteten angesagt. Ausgenommen sind Kitas, Grundschulen und Krematorium. Auch das Duschen in Sporthallen steht zur Diskussion.

Das große Ziel, so das Fazit, besteht in der „Transformation zur nachhaltigen Unabhängigkeit“ durch den weiteren Ausbau der Solarenergie, Energiegewinnung durch Eisspeicher und der Erzeugung von Wasserstoff. Auch über einen Windpark wird nachgedacht. Für Juni ist eine Strategieklausur geplant. Nach der internen Beratung im Aufsichtsrat der SWLB folgt die Diskussion im Gemeinderat.

Politiker stimmen dem eingeschlagenen Weg zu

„Die aufgezeichneten Wege sind absolut richtig“, signalisierte Claus-Dieter Meyer für die CDU-Fraktion Zustimmung. „Wir stehen vor einer schwierigen Zeit“, stellte Margit Liepins, SPD-Fraktionsvorsitzende, fest. „Wie sollen sozial schwächere Menschen da noch durchkommen?“, wies sie auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten hin. „Wir tragen die Maßnahmen mit, auch wenn’s wehtut“, sagte Reinhardt Weiss (Freie Wähler). Es sei bedauerlich, dass man nicht schon früher etwas gemacht habe. „Diese Neupriorisierung bedeutet nicht, dass wir in den Jahren zuvor nichts unternommen haben“, widersprach der OB.

„Das wird noch stärker reinhauen als bei den beiden Corona-Haushalten“, lautete die Einschätzung von Kämmerer Harald Kistler. Momentan befinde man sich noch im grünen Bereich, doch spätestens nach dem ersten Halbjahr werde man die Preissteigerungen merken. „Wir müssen auf Sicht fahren“, so der Finanzexperte.