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Das Netzwerk der Frauen funktioniert

Das Frauennetzwerk der Bürgermeisterinnen kam im Salamanderareal in Kornwestheim zusammen. Oberbürgermeisterin Ursula Keck war eine der Organisatorinnen des Treffens.
Das Frauennetzwerk der Bürgermeisterinnen kam im Salamanderareal in Kornwestheim zusammen. Oberbürgermeisterin Ursula Keck war eine der Organisatorinnen des Treffens.
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Es ist ein kleiner aber feiner Kreis, der sich in Kornwestheim, Möglingen und Ingersheim getroffen hat: Das Frauennetzwerk der Bürgermeisterinnen in Baden-Württemberg. Die Kolleginnen tauschten sich drei Tage lang aus.

Kornwestheim/Möglingen Ingersheim. Im deutschen Bundestag sind nur 31 Prozent der Abgeordneten Frauen, in den großen börsennotierten Unternehmen sind es lediglich etwas über zwölf Prozent. Deutlich schlechter noch ist die Quote allerdings ganz oben an der Spitze baden-württembergischer Rathäuser. Nur acht Prozent der von der Bürgerschaft gewählten Bürgermeisterinnen und Oberbürgermeisterinnen sind weiblich. In absoluten Zahlen sind das 90 von 1110 Verwaltungschefs.

Von den 39 Kreiskommunen werden nur vier Städte und Gemeinden von Frauen geleitet. Drei von ihnen haben jetzt das Jahrestreffen der Bürgermeisterinnen-Netzwerks organisiert: Ursula Keck, OB von Kornwestheim, Simone Lehnert und Rebecca Schwaderer, die Bürgermeisterinnen in Ingersheim und Möglingen.

Es ist ein loses Netzwerk, in das jede nach ihrer Wahl eingeladen wird. In den 1990er wurde es von Beate Weber-Schuerholz, der früheren OB von Heidelberg und Ex-Europaparlamentarierin gegründet. Sie war Ehrengast der Verwaltung. Sieben Verwaltungschefinnen waren es anfangs, heute sind es 90, der Einladung in die Region folgten 60. „Eine ungewöhnlich hohe Quote, freut sie Lehnert. Man pflegt Kontakte zueinander und trifft sich einmal im Jahr, immer zum Ende der Ferien.

Dieses Mal richtete Kornwestheim das Treffen aus. Und Ursula Keck holte die beiden Nachbargemeinden mit ins Boot. Es war eine Premiere, dass drei Kommunen zusammen die Vielfalt der Region präsentieren wollten. Dem gemeinsamen Abendessen im Kornwestheimer Adler folgte eine Kostümführung mit Barbara Geib durchs alte Dorf. „So viele Frauen auf einen Haufen hab‘ ich noch nicht gesehen“, machte die Gruppe Anwohner neugierig. Spontan wurden sie zur Besichtigung sogar in einen großen Gewölbekeller eingeladen.

Mentoren stellten am Freitag in Räumen des Salamanderareals Strategien zur erfolgreichen Wiederwahl vor und wie eine Gemeinde, eine Stadt nach außen wie innen gelungen repräsentiert wird. Zum Beispiel bei Ehrungen. Dazu gab es Workshops in Stimmbildung, Körpersprache und Präsenz. Der Abend klang aus bei Musik, Wein und Kulinarik in der Möglinger Zehntscheuer. Gastgeberin war Rebecca Schwaderer.

Durch die Steillagen in Kleiningersheim führte die Weinerlebnisführerin Elke Bässler und Familie Leibbrecht öffnete das Schloss und die Terrasse mit dem Traumpanorama für die illustre Gruppe.

Zwischen den Programmpunkten gab es ausreichend Gelegenheiten zum informellen Gedankenaustausch. Auch zur Kommunalpolitik. Das Fazit von Keck und Lehnert: Egal ob kleines Dorf mit 500 Einwohnern oder größere Stadt mit 50.000 sind die Themen hier wie dort die Gleichen: Die Bewältigung der Coronakrise, die Flüchtlingsfrage, Neubaugebiete, Kulturbudgets, Verkehr und Lärm.

Gegenseitig gibt man sich Tipps. Etwa zur effektiven Leitung von Gemeinderatssitzungen, in der Fragen und Statements aus den Ratsreihen, besser strikt voneinander getrennt werden sollten. Das strukturiere. Außerdem sei zum Beispiel der europaweite Volkstrauertag eine gute Gelegenheit, Städtepartnerschaften aufzufrischen.

„Mit diesem Treffen wird Verbundenheit geschaffen“, sagt Lehnert. „Männer haben schon immer Netzwerke unter sich geknüpft“, betont Keck. Zirkel seien so entstanden, in denen Frauen bis heute keinen Zutritt hätten. „Das können wir genauso gut“, sagen die beiden, auch wenn sie oft noch „nebenbei“ Haushalt und Familie managen müssen. Aber sie betonen ebenfalls, dass sie sich nicht abgrenzen, sondern nur auch einmal unter sich sein wollten. „Was wir hier machen ist nichts Ungewöhnliches.“

Die Bürgermeisterinnen haben das Gefühl von ihren männlichen Kollegen respektiert und geachtet zu werden. Mehr noch, dass sie sogar zuvorkommend behandelt werden. Dennoch seien sie immer noch Exotinnen. „Gefühlt sind wir aber viel mehr“, meint Lehnert.

Der nächste Ort ist auch schon ausgewählt. Zum Ende der Sommerferien 2022 wird die Riege der Bürgermeisterinnen in Titisee-Neustadt zusammenkommen.