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Der Neue nimmt sich viel vor

Der neue Geschäftsführer stellt sich und seine Ziele zusammen mit Margit Liepins und Xenia Busam, beide stellvertretende Vorsitzende der AWO, vor. Foto: Andreas Becker
Der neue Geschäftsführer stellt sich und seine Ziele zusammen mit Margit Liepins und Xenia Busam, beide stellvertretende Vorsitzende der AWO, vor. Foto: Andreas Becker
Die Stiefel, die Rudi Schrödel bei der AWO als Geschäftsführer hinterlassen hat, sind groß. Sie scheinen seinem Nachfolger Gunnar Wörpel aber schon recht gut zu passen. Das Nordlicht ist selbstbewusst und bringt jede Menge Erfahrung nach Ludwigsburg mit.

Ludwigsburg. Es sei schon immer sein Traum gewesen, einmal die Geschäftsführung einer kommunalen AWO zu übernehmen, meint der 48-jährige Gunnar Wörpel. „Vor Ort tickt das Leben“, das er erleben wolle. Föderal betrachtet sei es ein Abstieg, hierarchisch aber ein Aufstieg. Den Standort Ludwigsburg mit 300 Angestellten und 140 Mitgliedern– dazu kommen noch rund 50 Ehrenamtliche– sieht er wie ein mittelständisches Unternehmen. Aber mit einem großen Unterschied: „Wir sind nicht dem Wachstum verpflichtet, weil wir nicht gewinnorientiert wirtschaften.“

Es sei an sich schon eine Aufgabe, das Bewährte zu bewahren und in die Zukunft zu führen. 90 Betreuungsplätze hat das Pflegezentrum im Hans-Klenk-Haus. Die AWO ist Träger von fünf Kinderhäusern mit fast 340 Plätzen dazu kommt noch der Hort in Hoheneck mit 120 Schülern. Das Programm der sozialen Dienste, der Beratung und der Sozialarbeit ist umfangreich.

Zahlreiche Projekte wurden vor seiner Zeit angestoßen und warten auf Vollendung. Etwa das Kinderhaus „Wundertütentage“ mit sechs Gruppen in Grünbühl. Ein weiteres ist in Tamm in Planung. Angesichts des Fachkräftemangels und der Wohnungsnot sieht er ähnliche neue Aktivitäten eher kritisch. Das Risiko ist ihm zu groß, vielleicht eine Einrichtung wieder schließen zu müssen.

Außerdem will Diplompädagoge Wörpel EU-Mittel akquirieren um Angebote für bildungsbenachteiligte Kindern und Jugendliche zu schaffen. „Die Lücken, die die Coronapandemie mit Schulschließungen und Bildungsausfall geschlagen hat, lassen sich durch zweiwöchige Lernbrücken nicht schließen“, will er in Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten hier neue Wege entwickeln. Auch sei man weit vom Abbau der Defizite entfernt, die die beiden Pisa-Studien aufdeckten. Von der Landesregierung erwartet er wenig. „Wir werden uns aufs Sparen einstellen müssen, befürchtet er.

Wörpel stammt aus Kiel. Bei einer Ferienfreizeit entdeckte er mit 15 schon sein Faible, Dinge selbst zu gestalten und zu organisieren. Wörpel engagierte sich ehrenamtlich in der Jugendverbandsarbeit unter anderem beim Jugendwerk der AWO, dem Kieler Jugendring und bei den Falken der Sozialistischen Jugend Deutschlands. Außerdem war er im Bereich der Erwerbslosenhilfe tätig. Nach dem Zivildienst studierte er Pädagogik, das Studium schloss er 2001 ab.

Als Referent in den Fachbereichen Jugendsozialarbeit und Migration begann seine Karriere 2003 beim AWO-Bundesverband. Zwei Jahre später war Wörpel einer der ersten, die in die neue Zentrale nach Berlin umzog. 2010 dann der interne Wechsel in die Stabsstelle für bürgerschaftliches Engagement. Und noch ein Studium parallel zur Arbeit: Sozialmanagement. Danach übernahm der verheiratete Vater einer Tochter die Leitung der Abteilung für Soziales und Verband beim Bezirksverband Württemberg. Mit seiner Familie siedelte er um in die Schillerstadt Marbach. Der Vielgereiste und mit der Lobbyarbeit Vertraute lernte seinen Vorgänger Rudi Schrödel kennen, der ihn ermutigte, sich um seine Nachfolge zu erwerben. Am 1. Juni hat Wörpel dessen Büro und die Geschäftsleitung in der Talstraße übernommen.

Wörpel hat vor. Lobbyarbeit auf kommunaler Ebene zu machen. Er will Leute für das Ehrenamt begeistern und qualifizieren. Und er möchte, dass die AWO in der Öffentlichkeit präsenter wahrgenommen wird. Er sei dafür gut vernetzt und habe beste Kontakte.

Dass er vom hohen Norden im tiefen Südwesten gelandet sei, mache kaum einen Unterschied. „Ich fühle mich als ein Rei‘gschmeckter unter vielen in einer hochattraktiven Region, die eben viele Auswärtige anzieht.“ Bislang jedenfalls habe er nur wenige typische Urschwaben kennengelernt.