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Der „worst case“ ist zum Glück nur falscher Alarm

Oben die Schüler und Lehrer, unten die Polizei, alles ist abgesperrt – erst nach über zweieinhalb Stunden dürfen sie aus dem Gebäude. Fotos: Ramona Theiss
Oben die Schüler und Lehrer, unten die Polizei, alles ist abgesperrt – erst nach über zweieinhalb Stunden dürfen sie aus dem Gebäude. Foto: Ramona Theiss
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Am Montagmorgen wird am IB-Bildungszentrum Amok-Alarm ausgelöst. Die Polizei rückt mit einem Großaufgebot an – schnell aber ist klar, dass ein technischer Defekt den Trubel ausgelöst hat.

Asperg. Es ist kurz nach 9 Uhr, als der Schultag am IB-Bildungszentrum in Asperg ein jähes Ende nimmt. Zu diesem Zeitpunkt geht der Amokalarm los, eine automatische Durchsage bittet alle, in den Klassenzimmern zu bleiben, Türen zu verschließen. Wenig später werden bei der von einer Mutter einer Schülerin alarmierten Polizei alle verfügbaren Kräfte losgeschickt.

Auch die Schulleiterin Melita Oheim und ihr Stellvertreter Björn Knappek wagen nach dem Alarm Blicke in die Flure, gehen durch beide Etagen der Einrichtung mit rund 400 Schülern von Gymnasialzügen, Berufskollegs und anderen Berufsvorbereitungen. „Wir hatten schnell das Gefühl, dass es ein Fehlalarm ist, es gab ja auch keinen Lärm“, sagt Oheim am Nachmittag, nachdem der ganze Spuk beendet ist – zumindest, was den Großeinsatz angeht.

Rund 100 Beamte hatten dabei das Gelände weiträumig gesperrt, die umliegenden Ladengeschäfte geräumt, etliche das Gebäude durchsucht – und gegen 11 Uhr Entwarnung gegeben. „Ein Handsender hatte vermutlich einen technischen Defekt“, und deshalb den Alarm ausgelöst, sagt Einsatzleiter Thomas Landesvater. Gegen halb zwölf dürfen die ersten Klassenverbände das Gebäude verlassen, so mancher Polizist draußen wird vom Zeitpunkt überrascht, es gibt Diskussionen was wäre, wenn die Lage ernst wäre. Die Jugendlichen werden unterdessen auf den Parkplatz des Supermarkts gebracht. Einige scherzen, sind guter Laune, weil sie wissen, dass sie bald nach Hause gehen können. „So geht eine Woche doch gut los“, ruft ein Jugendlicher.

Wenig später fährt der erste der beiden her beorderten Impfbusse des Kreises vor, um die Schüler in die Stadthalle zu bringen, dort warten bereits einige besorgte Eltern, nachdem sich die Nachricht wie ein Lauffeuer weit über den Ort hinaus verbreitet hatte. In der Halle gibt es für alle Neuankömmlinge die gleichen Ansagen, immer wieder, bis gegen 13 Uhr, als der letzte Schwung ankommt. Wer seine Personalien abgegeben hat, darf die Halle wieder verlassen – man hake alle ab, damit man auch wisse, wie viele betroffen sind und wie viele betreut werden müssen, berichtet eine Beamtin, auch die Möglichkeit zum Gespräch mit Notfallseelsorgern wird angeboten.

Notfallseelsorger vor Ort

Denn nicht jeder steckt die Aufregung so gut weg wie der junge Mann, der als einer der ersten wieder aus dem Gebäude durfte. Eine junge Frau kommt sichtlich bleich und aufgelöst heraus, wird von einer anderen gestützt. Sofort gehen zwei Polizisten auf sie zu, einer der Notärzte bringt sie in die benachbarte Feuerwache.

„Das Ganze war natürlich emotional belastend“, sagt Schulleiterin Oheim. Denn so etwas wie ein Amokalarm sei der „worst case“ und ein Ausnahmezustand für Schulen, auch ohne Ereignisse wie in Heidelberg. „Wir versuchen nun, das bestmöglich aufzuarbeiten“, blickt sie schon auf den nächsten Unterrichtstag. „Wir hoffen, dass es der Schulgemeinschaft schnell wieder gut geht.“

So gut, wie auch die bangen Stunden gemeistert wurden. „Alle haben sich vorbildlich verhalten“, lobt Oheim ihre Schüler und das Kollegium – und spricht auch einen „ausdrücklichen Dank“ an alle Einsatzkräfte aus, ebenso an die Stadt, die alles gleich im Blick gehabt habe.

Bürgermeister zufrieden mit Arbeit der Einsatzkräfte

Nur kurz nach der Amokmeldung hatte das Rathaus die eigene Alarmkette angestoßen, berichtet Bürgermeister Christian Eiberger. Alle nahegelegenen Einrichtungen werden in so einem Fall informiert, angewiesen, in den Räumen zu bleiben, bis sich die Lage entspannt – Kindergärten waren am Montag aber nicht betroffen, sie liegen etwas weiter entfernt. Eiberger zieht am späten Vormittag in der Feuerwache ein positives Fazit des Einsatzes. „Für mich ist es beruhigend, dass man die Lage so schnell im Griff hatte und alle so schnell vor Ort waren. Und es hat gezeigt, dass das Zusammenspiel der Rettungskräfte funktioniert“, sagt er mit Blick auf die zahlreich eingetroffenen Helfer vom Deutschen Roten Kreuz und auch von Feuerwehren, die neben der eigenen im Einsatz waren und sich unter anderem um den Transport mit den Bussen gekümmert haben.

Eiberger verschafft sich später auch noch ein Bild der Lage in der Stadthalle, ehe der Montag auch für ihn gelaufen ist – zumindest mit Blick auf das Großereignis. „Nun geht‘s ans Tagesgeschäft“, sagt er.