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Deutsche auf Schnäppchen-Jagd

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Volle Einkaufstüten: Wenn es Markenware zu günstigen Preisen gibt, greifen die Kunden gerne zu. Archivfoto: dpa
Fabrikverkauf boomt – Markenware gibt es häufig zwischen 30 und 50 Prozent günstiger

Ludwigsburg. Die Bundesbürger gehen heute gern auf Schnäppchen-Jagd nach Markenware. Vorwiegend sind es edle Textilien, die in Fabrikläden oder Outlet Centern zwischen 30 und 50 Prozent billiger über den Ladentisch gehen als im herkömmlichen Textilfachgeschäft.

So richtig begonnen hat die Schnäppchen-Jagd vor über 20 Jahren, als der Stuttgarter Heinz Waldmüller, damals Mitglied einer ARD-Ratgebersendung, im Jahr 1992 seinen ersten „Schnäppchenführer“ auf den Markt brachte. Angefangen hatte alles mit der Auflistung und dem genauen Anfahrtsweg zum Fabrikverkauf von „edlen Klamotten zum günstigen Preis“, wie Waldmüller rückblickend feststellt.

Heute umfasst das Angebot der „Schnäppchenführer“ weit mehr. Es reicht von Mode über Haushaltsgeräte bekannter Hersteller bis hin zu Kinderwägen. Im aktuellen „Schnäppchenführer“ werden 1000 Outlets in ganz Deutschland vorgestellt. Dabei ist gerade Baden-Württemberg ein wahres „Schnäppchen-Paradies“. Kräftig gespart werden kann beim Fabrikverkauf darüber hinaus vor allem auch in Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Ausschlaggebend für den Erfolg des Fabrikverkaufs wie der Outlets ist: „Das Sortiment muss erstklassig sein, sonst bleibt der Kunde weg“, bringt Waldmüller das Geschäft mit der Markenware auf den Punkt.

Das Verhältnis zwischen dem Autor der „Schnäppchenführer“ und dem deutschen Einzelhandelsverband war nie das Beste. Das reichte bis hin zu Prozessen. Im März 1994 bestätigt das Berliner Kammergericht den Beschluss des Bundeskartellamtes zum „Schnäppchenführer“. Das Gericht untersagt dem Hauptverband des deutschen Einzelhandels, Herstellern, die Fabrikverkauf betreiben, mit Boykottmaßnahmen und „schwarzen Listen“ zu drohen.

Das Verhältnis zwischen Einzelhändlern und Fabrikverkäufern ist mittlerweile entspannter. „Die großen Schlachten liegen hinter uns“, stellt Waldmüller fest. „Der Einzelhandel muss mit dem Fabrikverkauf leben“, lautet mittlerweile die Meinung auch aufseiten des Einzelhandelsverbandes. Dennoch betont der Verband, dass der Einkauf in Fabrikläden für den Kunden eher ein „eingeschränktes Vergnügen“ sei, denn er könne ja nicht wie im Einzelhandelsgeschäft ein breites Angebot verschiedener Hersteller begutachten.

„Der Fabrikverkauf hat in der Vergangenheit einen großen Wandel durchgemacht“, stellt Waldmüller fest. Getarnt als Belegschafts-, Lager- und Werksverkauf, oft mit dem Zusatz „Nur für Betriebsangehörige“, waren die Firmen schon in den 60er Jahren mit dem Verkauf direkt in der Fabrik gestartet. Die Angst, dass Einzelhändler sie von ihrer Einkaufsliste streichen würden, war damals übergroß.

Waldmüller erinnert sich sehr genau an seine ersten Recherchen: „Der erste Recherche-Sommer 1991 war der heißeste. Gemeinsam mit meiner Frau klapperte ich rund 100 Fabrikverkäufe in ganz Baden-Württemberg ab. Es war Ferienzeit. Die Kinder schickten wir ins Schullandheim. Manchmal saßen wir acht Stunden im Auto, die Sonne brannte aufs Dach, wir fanden den Weg nicht, stoppten an jeder dritten Kreuzung, gifteten uns an. Wenn wir dann den Fabrikverkauf gefunden hatten, reagierten die Hersteller gereizt und verärgert. Sie fühlten sich enttarnt, verraten und drohten bei Veröffentlichung ihres Fabrikverkaufs mit Schadenersatz-Klagen. Jeder Hersteller ist natürlich auf den Einzelhandel angewiesen, weil der ja auch den größten Teil seiner Waren abnimmt. Was mir nicht bewusst war: Mit dem Erscheinen in meinem ‚Schnäppchenführer‘ standen die Hersteller auf einmal alle am Pranger.“

Heute könne man sich kaum noch vorstellen, dass um den Fabrikverkauf einst mit ziemlich harten Bandagen gekämpft worden ist. „Der trägt heute den wohlklingenden Namen Outlet und die Hersteller sehen ihre Outlets als ihre Visitenkarte an, mit der sie ihre Kunden begeistern“, so Waldenmüller. (dpa)