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Die B10 erregt weiter die Gemüter

Bundesstraße 10 Richtung Schwieberdingen: Der Streit um den Ausbau ist wieder entflammt. Archivfoto: Holm Wolschendorf
Bundesstraße 10 Richtung Schwieberdingen: Der Streit um den Ausbau ist wieder entflammt. Foto: Holm Wolschendorf
Steht nach dem Aus für die B10-Umfahrung in Enzweihingen auch der vierspurige Ausbau der Trasse zwischen Stuttgart und dem Vaihinger Teilort auf der Kippe? Stimmen aus dem Landkreis Ludwigsburg.

Kreis Ludwigsburg. Markus Rösler, der Landtagsabgeordnete der Grünen aus Vaihingen, gehört zu den Anführern des Protests. Schon lange zieht er wortreich gegen den Plan des Bundes ins Feld, die B10 auf rund zwölf Kilometern Länge zwischen Stuttgart-Zuffenhausen, Korntal-Münchingen, Schwieberdingen und Enzweihingen autobahnähnlich auf vier Spuren zu erweitern. Die Kosten dieses Megaprojekts schätzt Rösler auf mehr als 100 Millionen Euro. „Auf den fruchtbarsten Böden Deutschlands, von denen 60 Hektar versiegelt würden, sind solche Pläne aus der Zeit gefallen“, sagt der Abgeordnete.

Die Hoffnung, dass dieses in seinen Augen „unsinnige Vorgehen“ vielleicht doch noch gestoppt wird, ist groß. Zwei Ereignisse geben Rösler aktuell Rückenwind. Zum einen wäre da ein Brandbrief des Enzweihinger Ortschaftsrats, den das Gremium am Freitag (wie berichtet) veröffentlicht hat. Darin fordern die Kommunalpolitiker des Vaihinger Ortsteils ebenfalls, das Vorhaben zu beerdigen.

Die Allianz der Verhinderer

Das Gremium fürchtet eine weitere Zunahme des Verkehrs auf der schon lange überlasteten Ortsdurchfahrt. Tatsächlich quälen sich hier jeden Tag rund 25000 Fahrzeuge durch Enzweihingen, die für Staus und dicke Luft sorgen. „Es muss endlich Schluss damit sein, dass die einen, beispielsweise durch Siedlungsentwicklung, profitieren und andere, wie die Enzweihinger Bürger, die Lasten tragen“, heißt es in dem Text.

Darüber hinaus zielen Rösler und der Ortschaftsrat auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ab, der im Sommer in einer Eilentscheidung die Pläne für eine B10-Ortsumgehung in Enzweihingen gekippt hat. Die Mannheimer Richter begründen ihren Beschluss vorrangig mit dem Artenschutz und dem europäischen Naturschutzrecht – sehr zur Freude des Grünen Röslers: „Das Urteil ist auch ein gutes Zeichen dafür, dass die Planungen für den vierspurigen Ausbau der B10 zwischen Vaihingen und Stuttgart endlich gestoppt werden.“

Das sehen allerdings nicht alle entlang der geplanten Trasse so. Zu ihnen gehört der Ludwigsburger Bundestagsabgeordneten und Ex-Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger (CDU). Er ist einer der Adressaten des Brandbriefs aus Enzweihingen. Bilger nennt die Enttäuschung der Enzweihinger, dass es erst einmal nicht zu einer Umgehung kommen wird, gegenüber unserer Zeitung zwar „mehr als verständlich“. Vor rund zehn Jahren hatten sich bei einer Bürgerbefragung über 70 Prozent der Vaihinger für eine Umgehung und gegen einen Tunnel ausgesprochen, den auch die Enzweihinger Ortschaftsräte ablehnen. Experten gehen davon aus, dass ein Tunnel im Vergleich zu einer Umgehung mit rund 70 Millionen Euro Baukosten mehr als doppelt so teuer ausfallen würde.

Der Abgeordnete Bilger, der in der vergangenen Woche als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag bestätigt worden ist, macht aber auch deutlich, was er von einer Absage an die Erweiterung der B10 hält: nichts. „Der Ausbau steht nicht ohne Grund im Bundesverkehrswegeplan“, so Bilger. „Auch andere Kommunen leiden unter Staus und warten schon lange darauf, dass die Planungen endlich vorangehen.“

Zu diesen Kommunen gehört die Gemeinde Schwieberdingen. Dort sitzt der Bürgermeister Nico Lauxmann und sagt: „Ich bin weiter der Auffassung, dass ein Ausbau der B10 dringend notwendig und sinnvoll ist.“ Er könne den Bund nur auffordern, die seit Jahrzehnten andauernde Planung endlich abzuschließen und in die Realisation einzutreten.

Ruf nach Tempolimit

Das wird allerdings nicht von heute auf morgen gehen. Aus dem Stuttgarter Regierungspräsidium ist zu hören, dass ein Baubeginn erst ab dem Jahr 2030 als möglich erscheint. Derzeit sind die Landesbeamten dabei, verschiedene Trassen zu vergleichen und zu untersuchen.

Im Vaihinger Rathaus kündigt der neue Oberbürgermeister Uwe Skrzypek unterdessen an, die Forderungen aus dem Teilort Enzweihingen im Gemeinderat zu thematisieren. „Großer Konsens besteht darin, dass sich die Verkehrssituation in Enzweihingen kurzfristig und spürbar verbessern muss.“ Dazu finden sich Vorschläge in dem Papier der Ortschaftsräte – zum Beispiel eine elektronisch überwachte Geschwindigkeitsreduzierung zwischen 22 und 6 Uhr auf der B10-Ortsdurchfahrt.

Skrzypek will zudem weg vom Schwarz-Weiß-Denken. Hier dürften sich die Abgeordneten Rösler und Bilger angesprochen fühlen, wenn der OB sagt: „Das führt zu nichts, außer zu weiterem jahrelangen Stillstand.“