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Druckbehälter und Maschinenhaus weitgehend ausgeräumt

Das GKN in Neckarwestheim aus der Luft fotografiert. Foto: privat
Das GKN in Neckarwestheim aus der Luft fotografiert. Foto: privat
Abbau von Block I gewinnt an Fahrt – Rückbau auch von GKN II kann kurz nach der Abschaltung Ende 2022 beginnen – Brennelemente-Zwischenlager aber noch lange nötig

Neckarwestheim/ Gemmrigheim. Noch gut ein Jahr lang soll Baden-Württembergs letztes Atomkraftwerk am Netz bleiben. Doch Ende 2022 wird auch Block II in Neckarwestheim endgültig abgeschaltet, dann als letzter Atommeiler in ganz Deutschland. Unterdessen nimmt der Rückbau von Neckarwestheim I Fahrt auf – zehn Jahre nach der Zwangsabschaltung nach dem mehrfachen Supergau von Fukushima. Das wurde am Mittwochabend beim ersten Infoforum Nukleare Sicherheit und Strahlenschutz des baden-württembergischen Umweltministeriums deutlich.

Mit der Demontage der beiden Zellenkühlerreihen begann im Juni 2012 der Abbau des 1976 in Betrieb gegangenen Atomkraftwerks GKN I. Damals befanden sich noch 277 Brennstäbe im Nachklingbecken des Reaktors. Die eigentliche Abbaugenehmigung wurde der EnBW 2017 erteilt, seit April 2018 ist die Anlage brennelementefrei. Die Brennstäbe befinden sich seither in Castorbehältern im Standort-Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle, das 2006 in Betrieb ging und für das seit 2019 nicht mehr die EnBW, sondern die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung verantwortlich zeichnet.

Wie Matthias Hagmann, der für Neckarwestheim zuständige Referent im Ministerium, bei der digitalen Veranstaltung erläuterte, sind in GKN I inzwischen auch die Einbauten des Reaktordruckbehälters zerlegt, der – radioaktive – Primärkreislauf ist abgebaut, die Dampferzeuger und andere Großkomponenten sind ausgehoben. Derzeit werde der Druckbehälter „zum Abbau vorbereitet“, sagte Hagmann. Die erste der beiden Neckarwestheimer Kuppeln steht also vor dem Abbruch.

Noch einen Schritt weiter ist der Rückbau des Maschinenhauses gediehen, das nicht mit dem Primärkreislauf des Druckwasserreaktors in Berührung kam. Auch hier sind zwar noch einige kleinere Teile auszubauen, doch die Großkomponenten – wie Turbinen und Generatoren – sind demontiert und abtransportiert, der komplette Komplex ist inzwischen freigemessen. Heißt: Er gilt aus Sicht des Strahlenschutzes als unbedenklich und kann recycelt oder – sofern es sich um mineralische Abfälle handelt – demnächst auf den Kreisdeponien in Schwieberdingen und Horrheim deponiert werden. Hagmann unterstrich, dass es beim Abbau bisher zu keiner unzulässigen radioaktiven Belastung der Umwelt gekommenen sei: Messungen hätten sowohl bei der Abluft als auch beim Abwasser Werte ergeben, die „um Größenordnungen“ unter den Grenzwerten lagen.

Der Abbau von GKN II kann voraussichtlich 2023 kurz nach der Abschaltung beginnen, die nötigen Anträge der EnBW liegen seit 2016 vor und sollen nächstes Jahr genehmigt werden. Etwa 15 Jahre später könnten dann beide Neckarwestheimer Meiler Geschichte sein. So lange werden allerdings auch das Reststoffbearbeitungszentrum und das Abfallzwischenlager benötigt, die am Standort des früheren Zellenkühlers entstanden sind.

Im Ersteren zerlegt die EnBW-Tochter GNR Abbaumaterial und dekontaminiert radioaktiv belastete Anlagenteile weitgehend, um die Menge der Nuklearabfälle so weit wie möglich zu reduzieren. In Neckarwestheim wird dies allerdings nicht nur mit Relikten des Standorts selbst geschehen, sondern auch mit Großkomponenten aus Philippsburg. Das verbleibende kontaminierte Material – etwa Werkzeuge, Schutzkleidung oder verbrauchte Filter – wird verpackt und im ebenfalls neuen Abfallzwischenlager aufbewahrt, bis mit Schacht Konrad in Salzgitter ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle zur Verfügung steht. Das soll 2027 der Fall sein – mit vier Jahren Verspätung.

Doch auch nach dem Rückbau der Meiler wird das Atomzeitalter in Neckarwestheim nicht vorbei sein. Das unterirdische Brennelemente-Zwischenlager wird noch benötigt, bis es endlich ein Endlager für hochradioaktive Abfälle gibt. Die Suche danach hat bekanntlich erst begonnen, das künftige Endlager kann frühestens 2050 in Betrieb gehen. Aktuell stehen im Standort-Zwischenlager 89 Castoren, darunter 15 aus Obrigheim. Auf 119 der 151 verfügbaren Stellplätze sollen am Ende Castorbehälter auf das Endlager warten.