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Ein Bankräuber mit eigener Handschrift

Am Morgen nach der versuchten Sprengung; der Vorraum der Sparkasse in Erligheim. Archivfoto: Drossel
Am Morgen nach der versuchten Sprengung; der Vorraum der Sparkasse in Erligheim. Foto: Drossel
Im Prozess um gesprengte Geldautomaten schildert Polizist die Vorgehensweise – Schuhe vom Angeklagten?

Heilbronn/Erligheim. Der einzige, der genau wüsste, was in den beiden Nächten im Oktober und November in den Bankfilialen Ottmarsheim und Erligheim passiert ist, kann nichts mehr sagen, denn er ist tot; erschossen vom Mobilen Einsatzkommando der Polizei beim Versuch, auch in Erligheim den Geldautomaten der örtlichen Sparkassenfiliale zu sprengen. Vor dem Heilbronner Landgericht angeklagt ist deshalb nur sein vermeintlicher Komplize, ein 29-jähriger Mann aus Lüdenscheid in Nordrhein-Westfalen. Der jedoch bestreitet, in Ottmarsheim dabei gewesen zu sein und in die Erligheimer Geschichte sei er mehr oder weniger durch Zufall hineingeraten. Der Ermittler bei der Polizei hält das für wenig wahrscheinlich und gab bei seiner Zeugenaussage Einblicke in die Automatensprengerszene.

Denn der Mann, den die Polizei in Erligheim so angeschossen hatte, dass er noch am Tatort starb, ein 58 Jahre alter Litauer, wurde europaweit gesucht und hatte beim Automatensprengen eine eigene Handschrift. Es gebe da unterschiedliche Vorgehensweisen, erläuterte der Beamte. Manche machen es auf die schnelle Tour, der Erschossene jedoch setzte auf gute Planung. Nicht nur die Bank wurde mehrere Tage vorher ausgespäht – das beweisen Videoaufnahmen –, auch die Umgebung musste stimmen. Ideal war eine Kfz-Werkstatt in der Nähe, um ein Auto zu klauen, und eine Scheune, um das Fluchtauto anschließend zu verstecken.

„Diese Tat braucht viel Vorbereitung“, sagte der Polizist. Der 58-Jährige habe sich immer lange am Tatort aufgehalten, „das war typisch für ihn“. Die Polizei glaubt deshalb, dem Toten über 20 gesprengte Automaten in ganz Deutschland zurechnen zu können. Zwar seien nach dem Erligheimer Fall noch weitere Geldautomaten in Baden-Württemberg gesprengt worden, allerdings nicht mehr auf die Art des Litauers.

Was man bei diesen Fällen nicht gefunden hat, waren DNA-Spuren des Angeklagten. In Ottmarsheim habe er gar nicht dabei gewesen sein können, hatte er argumentiert, weil er sich zur Tatzeit bei seiner Verlobten in Horb aufgehalten habe. Doch, das könne sehr wohl sein, hielt der ermittelnde Polizeibeamte dagegen. Der Geldautomat in Ottmarsheim war in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober gesprengt worden, da könne man am 20. durchaus wieder in Horb sein und Steaks braten – das Alibi des Angeklagten. Zeugen hatten zwei Männer aus der Bank flüchten und mit einem silbernen Ford wegfahren sehen. 135000 Euro waren den Bankräubern in die Hände gefallen, der Automat, ein nicht fest in der Wand eingebauter so genannter „Vorderlader“ war komplett leer.

Sowohl in der Bank als auch in der Scheune hatte man einen Schuhabdruck gefunden. Könnte er vom Angeklagten stammen? Ob man ihn mal nach seiner Schuhgröße gefragt habe, wollte die Verteidigerin wissen. Nein, habe man nicht. In einem Video aus der Überwachungskamera sieht man zwei Männer. Einer, den die Polizei vom Körperbau her für den 58-Jährigen hält, arbeitete am Automaten, ein anderer assistierte. Für die Polizei sah das nach klarer Arbeitsteilung aus, nicht nach zufälligem Schmierestehen. Auffallend waren im Video die weißen Schuhsohlen. Gehörten sie dem Angeklagten? „Dahinten sitzt einer, der hat auch Schuhe mit so weißen Sohlen“, deutete der Richter in den Zuschauerraum.

In Erligheim hatte die Polizei die Sprengung verhindert. Der Angeklagte war wenige Minuten später auf der Flucht verhaftet worden und sitzt in U-Haft. Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung sei er sehr höflich gewesen und habe freiwillig eine DNA-Probe abgegeben.

Der Prozess wird fortgesetzt.