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Ein großer Tag mit süßem Brot und Eiern

Das ukrainische Osterbrot Paska wird mit einer dicken weißen Glasur und Zuckerstreuseln dekoriert. Foto: Marcus Brandt/dpa
Das ukrainische Osterbrot Paska wird mit einer dicken weißen Glasur und Zuckerstreuseln dekoriert. Foto: Marcus Brandt/dpa
Das ukrainische Osterfest findet in diesem Jahr eine Woche später als das deutsche statt. Viele Ukrainer erleben es nun fern der Heimat und hoffen weiterhin auf Frieden. Ein Überblick über die wichtigsten Traditionen, von denen einige den deutschen ähneln – und andere wiederum ganz unbekannt sind.

Kreis Ludwigsburg. „Ostern ist das wichtigste Fest des Landes, sogar wichtiger als Weihnachten“, erzählt die Ukrainerin Olena Ninovska. Wenn jemand nur einmal im Jahr in die Kirche gehe, dann an diesem Tag. Sie selbst gehört der protestantischen Kirche an und damit einer Minderheit in ihrem Heimatland. Die Kiewerin ist, wie berichtet, mit ihrem Mann und drei Kindern vor dem Krieg geflüchtet und auf dem Biohof Seemann in Eberdingen untergekommen. Dort hat sie nun ein etwas anderes Osterfest erlebt. Die in Deutschland beliebten Hasen und Eier aus Schokolade haben in der Ukraine keine Tradition, waren ihr aber nicht ganz unbekannt: „Das kommt allmählich auch zu uns.“

Datum auch nach Mond, aber anderem Kalender berechnet

Nicht immer findet das ukrainische Osterfest wie in diesem Jahr eine Woche nach dem deutschen statt. Zwar liegt auch in der orthodoxen Kirche Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling. Aber während sich die Westkirche nach dem gregorianischen Kalender richtet, rechnen die meisten Ostkirchen weiterhin nach dem julianischen Kalender, der inzwischen um 13 Tage hinterher ist. Zudem soll das orthodoxe Osterfest nicht mit dem Pessachfest zusammenfallen, an dem die Juden an den Auszug aus Ägypten erinnern.

Doch unabhängig vom Datum ist Ostern in beiden Ländern ein Fest, zu dem die Familie zusammenkommt. Auch Ostereier spielen jeweils eine wichtige Rolle. Daran zeigt sich zudem, dass das Fest in der Ukraine neben christlichen auch heidnische Wurzeln hat. Schon damals verzierte man zu Beginn des Frühlings Eier als Zeichen der Fruchtbarkeit. Seit der Christianisierung stehen sie zudem für Ostern und die Auferstehung Jesu.

In der Ukraine unterscheidet man zwei Arten von Ostereiern. Wenn sie ausgeblasen und mit farbigem Wachs verziert wurden, nennt man sie Pysanky. Das ist die häufigere Variante. Je nach Region oder Dorf herrschen ganz unterschiedliche Stile vor. Hartgekochte und gefärbte Eier heißen dagegen Kraschanky. Ursprünglich gab es sie vor allem in Rot als Symbol für das Blut Jesu. Mittlerweile sind auch Aufkleber als Eierdeko beliebt.

Osterbrot Paska aus süßem Hefeteig

Vom Ablauf her ähneln sich die Osterfeste in den beiden Ländern. Allerdings gibt es gleich am Gründonnerstag eine ukrainische Besonderheit. Dort wird der Tag als Sauberer Donnerstag bezeichnet, da die Menschen ihr Haus und auch sich selbst besonders sauber reinigen. Der Karfreitag ist der strengste Tag des 40-tägigen Fastens vor Ostern. Olena Ninovska erinnert sich an eine Kollegin, die sich besonders genau daran hielt: „Gegen Ende hätte sie der Wind wegwehen können.“ Doch nicht alle Ukrainer fasten so lange, viele eher nur kurz vor Ostern.

Wenn am Ostersonntag die Fastenzeit offiziell endet, kommt aber bei allen viel auf den Tisch. Nicht fehlen darf dabei das Osterbrot Paska aus süßem Hefeteig. Von der Form her erinnert es an den italienischen Panettone, ist aber zudem mit einer dicken weißen Glasur und Streuseln aus Zucker verziert. „Wer es nicht selbst bäckt, kauft es“, so Olena Ninovska. Auch sie stellt es selbst her, was aber nicht für alle Protestanten in der Ukraine gelten müsse. Auch zum deutschen Osterfest hat sie die Tradition nun fortgesetzt, zu ihrem Bedauern aber nicht in den üblichen runden Backformen.

Die orthodoxen Gläubigen packen das fertige Osterbrot zusammen mit Eiern und weiteren Lebensmitteln wie Würsten und Käse in Körbe, die sie mit zur Kirche nehmen, um sie vom Priester mit Weihwasser segnen zu lassen. Bereits den Ostersamstag über finden Gottesdienste statt. Der wichtigste beginnt aber erst in der Nacht auf Ostersonntag und dauert mehrere Stunden. In den orthodoxen Kirchen ist es dennoch üblich, dass die Gläubigen dabei stehen und nicht wie in Deutschland sitzen.

Olena Ninovska und ihre Familie haben das deutsche Ostern vor einer Woche mit den Seemanns gefeiert. Zudem haben sie am Karfreitag und Ostersonntag die Kirche besucht. Begeistert waren sie auch vom Ostergarten in Stuttgart, in dem die christliche Ostergeschichte durch Kulissen und Laiendarsteller lebendig dargestellt wurde.

„Christus ist auferstanden!“

Während man sich in Deutschland „Frohe Ostern“ wünscht, grüßt man am Ostersonntag in die Ukraine mit „Christos woskres“ – „Christus ist auferstanden“. Erwidert wird darauf „Woistynu woskres“ – „Er ist wahrhaftig auferstanden“. Besonders religiöse oder auch sich nahestehende Menschen wiederholen dies jeweils dreimal. Das Wort Ostern heißt auf Ukrainisch Welykden, also Großer Tag. Viele nennen es aber auch Paska. Dieses Wort ist mit dem Wort Pessach verwandt.

Weitere Traditionen des Osterfests sind laut Olena Ninovska, dass man bei Friedhofsbesuchen der Verstorbenen gedenkt, einander vergibt und nicht miteinander streitet. „Das ukrainische Ostern werden wir nicht feiern, aber die Feier unserer Kirche auf Youtube anschauen“, sagt sie über ihre Pläne für dieses Wochenende. Sie geht davon aus, dass in der Ukraine wie gewohnt viele Menschen mit ihren Osterkörben zu den Kirchen gehen, einige aufgrund der Gefahr durch den Kriegszustand aber fernbleiben.