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Eine Bürgermeisterin ohne Bürger

Der Blick auf einen Teil des Bildungszentrums West. Foto: Andreas Becker
Der Blick auf einen Teil des Bildungszentrums West. Foto: Andreas Becker
„Die Probezeit für mich als Bürgermeisterin ist vorbei“, sagt Andrea Schwarz nach ihren ersten sechs Monaten Amtszeit. Ein Traumstart sieht jedoch anders aus: Statt Geld für neue Projekte verplanen zu können, steht Sparen ganz oben auf ihrer Aufgabenliste.

Ludwigsburg. „Ich bin eine Bürgermeisterin ohne Bürger“, sagt Andrea Schwarz lachend. „Ich würde auch lieber Einweihungsbänder durchschneiden.“ Stattdessen sei die Stadt seit sie im Oktober das Amt übernommen hat quasi im Dauer-Lockdown. Ein Austausch mit Bürgern, auf den sie sich freuen würde, finde wegen der Corona-Pandemie fast gar nicht statt.

Zunächst habe sie mit Einsparungen bei den großen Projekten anfangen müssen, um das 45-Millionen-Euro-Loch im Haushalt irgendwie auszugleichen. „Die nötigen Investitionen in Bildung und Betreuung und die knappen Finanzmittel gilt es, miteinander in Einklang zu bringen“, so Andrea Schwarz. „Das ist eine der großen Herausforderungen meiner Arbeit in den kommenden Jahren.“

Das größte Hochbauprojekt der nächsten Jahre ist das Bildungszentrum West, wo Otto-Hahn-Gymnasium, Gottlieb-Daimler-Realschule und die Osterholzgrundschule beheimatet sind. Dort soll der Eigenanteil der Stadt auf 100 Millionen Euro gedrückt werden. Ob das mit einer Sanierung leichter gelingen könnte, habe die Stadt auch geprüft. Doch dabei wurde keine Lösung gefunden, die Kostenersparnis und Schadstofffreiheit garantiert. Deswegen stehen die Zeichen weiter auf Neubau in Holzbauweise. „Wir wollen die ökologischen Ziele des Neubaus weiterverfolgen“, so Schwarz. Allerdings soll kleiner gebaut werden. Die Stadtteil- und Schulbibliothek soll schrumpfen, ebenso die Lagerflächen. Das Otto-Hahn-Gymnasium ist zwar nach wie vor fünfzügig geplant. Allerdings soll die Oberstufe weiterhin im Königin-Olga-Gebäude unterrichtet werden. Außerdem schlägt die Stadtverwaltung vor, einen Teil der Planungen zurückzustellen. Das betrifft unter anderem eine neue zweiteilige Sporthalle, die Neugestaltung der Außenanlagen mit vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten und die Umgestaltung des Pausenhofs der Osterholzschule, so Andrea Schwarz. Diese neuen Pläne wird sie noch in diesem Monat dem Gemeinderat vorstellen. „Wir wollen möglichst auf Container und Interimsbauten verzichten“, betont sie im Pressegespräch. Deswegen soll „Zug um Zug“ gebaut werden, von West nach Ost. Den Auftakt macht also das Otto-Hahn-Gymnasium.

Zu ihrem Dezernat gehört nicht nur Hochbau, sondern auch Stadtplanung. Ein wichtiges Thema für die Innenstadtgestaltung steht ebenfalls noch im April auf der Agenda: Das Preisgericht zum Projekt ZIEL, der Umgestaltung von Schillerplatz und Arsenalplatz, tagt im April. Auch hier hemmt die angespannte Haushaltslage die Weiterentwicklung. Trotzdem sollen möglichst schnell erste Teile des umgesetzt werden. „Das ist mit dem Rettungspaket für die Innenstadt ein wichtiger Beitrag der Stadtplanung.“ Aufenthaltsmöglichkeiten, Spielflächen und mehr Grün könne sie sich vorstellen. Immerhin seien bis 2024 über 600000 Euro im Haushalt eingestellt.

Großes Potenzial für Stadtentwicklung bietet das Nestlé-Areal am Bahnhof, um dessen Erwerb sich noch Schwarz Vorgängerin im Amt, Gabriele Nießen gekümmert hatte. „Möglicherweise könnte das ein Beitrag zur Internationalen Bauausstellung werden“, so Schwarz. Konkreter wird sie dabei nicht.

In der Weststadt will sie sich um die Weiterentwicklung der frei werdenden Flächen von Mann+Hummel kümmern. Sie wolle mithelfen, dass „neue, gute Arbeitsplätze auf dem Areal entstehen können“.

Beim Wohnbau sagt sie deutlich: „Mein Fokus liegt auf der Innenentwicklung.“ Die Frage, ob Ludwigsburg durch weitere Wohnbauentwicklung den Sprung zur Großstadt schafft, sei für sie nachrangig. Wichtig sei für sie, den Bedarf der eigenen Wohnbevölkerung zu ermitteln. Weil das Potenzial der Innenentwicklung mit den aktuellen Projekten Gämsenberg, Fuchshof, Jägerhof und Grünbühl an seine Grenzen kommt, will sie mir dem Gemeinderat darüber sprechen, ob Außenflächen für die Wohnbebauung genutzt werden sollen.