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„Eine emotionale Entscheidung“

Im kommenden Jahr mit dabei: Das Ensemble Emanuel Gat Dance. Fotos: Julia Gat/p, privat
Im kommenden Jahr mit dabei: Das Ensemble Emanuel Gat Dance. Foto: Julia Gat/p, privat
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Programmmacher Meinrad Huber spricht im Interview über das kommende „Colours International Dance Festival 2022“

Stuttgart/Asperg. Zum vierten Mal findet im kommenden Jahr (vom 25. Juni bis 17.Juli) das Colours-Tanzfestival im Stuttgarter Theaterhaus und an verschiedenen Open-Air-Spielorten statt. Kurator ist wieder der Asperger Meinrad Huber, der für das vielfältige Programm eine attraktive Auswahl internationaler Künstler und Compagnien getroffen hat. Wir sprachen mit ihm über seine Arbeit.

Herr Huber, das Colours International Dance Festival findet im kommenden Sommer wieder in Stuttgart statt. Wie treffen Sie die Auswahl der teilnehmenden Tanzensembles?

Meinrad Huber: Wir wollen beim Colours-Festival ein breites Spektrum aktueller Themen und Tanzentwicklungen abbilden. Dabei wollen wir Produktionen von Hip-Hop, Tanz und Technologie, zeitgenössischen Tanz bis Zirkus präsentieren. Es sind Produktionen, die mich schon beim ersten Blick ansprechen, die mich begeistern. Dadurch kommt es zu einer persönlichen Auswahl. Es ist immer eine sehr starke emotionale Entscheidung, die neben der Qualität der einzelnen Produktionen zur Einladung führt.

Wie passiert das konkret: vor Ort als Zuschauer oder vorweg bei der Sichtung eingesandter Videos?

Bei den bisherigen Colours-Festivals sah ich alle Produktionen vorher live auf der Bühne, diesmal gibt es ein paar Programme, die ich wegen Corona-Reisebeschränkungen nicht persönlich am jeweiligen Aufführungsort anschauen konnte. Einige Ensembles waren ja schon für das verschobene Festival in diesem Jahr ausgesucht, die konnte ich noch vor dem Ausbruch der Pandemie besuchen.

Welche Rolle spielt dabei Ihre Asperger Agentur Ecotopia Dance Productions, die im kommenden Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum feiert?

Natürlich gibt es aufgrund unseres weltweiten Netzwerks Verbindungen zu vielen Künstlern und Ensembles, aber mit Colours hat die Agentur direkt nichts zu tun. Das Colours-Programm entsteht in einer separaten Tätigkeit in Zusammenarbeit mit Eric Gauthier.

Colours musste in diesem Jahr wegen Corona verschoben werden. Was geschieht, wenn wegen Reisebeschränkungen manche Ensembles aus Hochrisikogebieten im Juni und Juli gar nicht nach Stuttgart kommen könnten?

Ich bin relativ optimistisch, dass wir die Beschränkungen im Sommer nicht mehr haben, da dann erfahrungsgemäß die Infektionsgefahr geringer ist. Theoretisch hätte man das Festival in diesem Sommer schon in kleinerem Rahmen veranstalten können, aber wir haben uns für die Verschiebung entschieden. Ein beträchtlicher Teil des Programms findet ja auch an Outdoor-Spielorten statt. Sollte eine Compagnie wie zum Beispiel Dada Masilo mit ihrer Dance Factory aus Südafrika nicht einreisen dürfen, werden wir eine kreative Lösung finden.

Wie vielfarbig wird „Colours 2022“ und wie unterscheidet sich das vierte Festival von den drei bisherigen Ausgaben?

Es gibt diesmal eine Doppel-Eröffnung mit Ohad Naharins „Kamuyot“ von Gauthier Dance und Emanuel Gats „Lovetrain2020“ mit der Musik von Tears for Fears. Ein wichtiger Aspekt des neuen Festivals ist Tanzfreude: Nach der ganzen Tristesse der letzten zwei Coronajahre sollen die Besucher wieder Freude haben, das Publikum soll angesprochen und mitgenommen werden. Damit setzen wir natürlich die vielfältige Linie der bisherigen Colours-Festivals auch fort.

Gibt es für Sie Lieblingscompagnien im Programm?

Was für eine Frage! Ich bin mit allen sehr glücklich. Ich finde, es ist ein tolles Programm mit vielen Highlights, und natürlich gibt es Nuancen, die mich persönlich jeweils anders berühren. Wenn Sie mich fragen, welche drei, vier, fünf Produktionen man unbedingt sehen sollte, würde ich ästhetisch differenzieren und aus vier verschiedenen Kategorien jeweils mindestens eine vorschlagen: Unbeschwerte Tanzfreude mit „Lovetrain“, „Kamuyot“ und „Salema Revisited“ des kretischen Choreographen Andonis Foniadakis. Technologie und Künstliche Intelligenz spielt bei Alexander Whitleys „Anti-Body“ und Wayne McGregors „Out of Nature“ eine Rolle. Mit Dada Masilos „The Sacrifice“ und Josef Nadj „Omma“ sind tolle afrikanische Produktionen dabei. Schöne tanztheatralische Aspekte vermitteln die Italienerin Sofia Nappi mit „Komoco“, L-E-V Sharon Eyal aus Israel mit dem Schlussstück ihrer Triolgie „The Brutal Journey of the Head“, dessen Anfang schon beim ersten Colours-Festival zu sehen war, und sehr bildgewaltig surreal Marcos Morau mit „Sonoma“.

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie, und wie steht es mit Coronaregeln?

Wir rechnen wie bei den bisherigen Colours-Festivals mit bis zu 18000 Besuchern indoor, zusammen mit den Open-Air-Spielorten im Zentrum und verschiedenen Stadtteilen werden es sicher um einiges mehr. Maskenpflicht könnte es noch geben, geimpft und genesen sind wir bis dahin hoffentlich alle.

Info: Der Vorverkauf für das Festival 2022 hat bereits begonnen: Karten gibt es unter Telefon (0711)4020720.