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„Eine Stadt ohne Handel findet nicht statt“

Volle Innenstadt beim Kastanienbeutelfest 2019: Die Stadt hofft, dass zwei verkaufsoffene Sonntage in diesem Jahr die Menschen wieder in die Innenstadt treiben. Archivfoto: Holm Wolschendorf
Volle Innenstadt beim Kastanienbeutelfest 2019: Die Stadt hofft, dass zwei verkaufsoffene Sonntage in diesem Jahr die Menschen wieder in die Innenstadt treiben. Foto: Holm Wolschendorf
Nach dem Märzklopfen fällt nun auch das Kastanienbeutelfest und der darin eingebettete verkaufsoffene Sonntag aus. Das hat der städtische Krisenstab nun entschieden. Für die Händler in der Innenstadt bricht so ein bedeutender Teil der Marketing-Maßnahmen weg. Der Innenstadtverein Luis hat sich auf diese Entwicklung bereits vorbereitet.

Ludwigsburg. Was viele bereits vermutet haben, ist nun also offiziell: Auch das Kastanienbeutelfest im Oktober fällt der Coronakrise zum Opfer. Der städtische Krisenstab für außergewöhnliche Ereignisse hat das Fest in einer Sitzung am Dienstag abgesagt. Rechtlich kann ohne das Kastanienbeutelfest auch der bereits vom Gemeinderat genehmigte verkaufsoffene Sonntag nicht stattfinden. Geplant war das Innenstadtfest mit Kunst- und Genussmarkt sowie zahlreichen Aktivitäten in den Innenstadtquartieren für den 10. und 11.Oktober. Da auch das Märzklopfen – und der damit verbundene verkaufsoffene Sonntag – abgesagt werden musste, stehen die Innenstadtakteure nun mit leeren Händen da.

„Die großen Löcher in den Kassen sind da“

„Die Stadt Ludwigsburg hat uns bei dem Versuch, einen verkaufsoffenen Sonntag ohne Straßenfest durchzuführen, nach Kräften unterstützt. Leider war die Gewerkschaft nicht bereit, diesem Anliegen zuzustimmen“, so der Innenstadtverein Luis in einer Pressemitteilung. Überraschend sei die Absage des Festes nun nicht gekommen, wie Citymanager Markus Fischer sagt. Dennoch trifft der Wegfall des bis dato verbliebenden verkaufsoffenen Sonntags die Innenstadt schwer. „Wir bedauern es sehr, dass auch bei den Gesprächen auf Landesebene kaum Kompromissbereitschaft vorhanden war“, sagt er. Gerade in Coronazeiten wäre ein Entgegenkommen vonseiten der Gewerkschaft von Vorteil gewesen.

Fischer spielt damit auf den Fakt an, dass ohne die Einbettung in ein Fest kein verkaufsoffener Sonntag stattfinden darf – auch nicht in diesen durch die Coronapandemie bedingten besonderen Zeiten. Diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht vor ein paar Wochen noch einmal ausdrücklich bestätigt. Auch die Gewerkschaft Verdi beruft sich auf dieses Urteil. „Wir sind der festen Überzeugung, dass nicht fehlende Zeit der Kundinnen und Kunden für Shopping der Grund für den Nachfragerückgang war und ist, sondern weniger Geld der Menschen durch Kurzarbeit, natürlich die Schließung der Geschäfte in der Pandemie und wahrscheinlich auch die – von uns aus Sicherheitsgründen natürlich befürwortete – Maskenpflicht“, sagt der Pressesprecher des Verdi-Landesbezirks Baden-Württemberg, Andreas Henke zur ablehnenden Position der Gewerkschaft. „Und wir sehen zusätzlich die große Gefahr, dass gerade die kleineren Gemeinden und Städten sowie die Mittelzentren bei einer erlaubten Sonntagsöffnung ohne Anlass Kundschaft an die Großstädte verlieren.“ Die Leute kämen schließlich wegen des Festes nach Ludwigsburg und gingen dann vielleicht noch zusätzlich shoppen.

Auch Markus Fischer und dem Innenstadtverein ist klar, dass der verkaufsoffene Sonntag ohne das Kastanienbeutelfest in diesem Jahr vermutlich nicht so erfolgreich verlaufen wäre wie im vergangenen Jahr. „Aber die großen Löcher in den Kassen sind da. Der Sonntag hätte der Innenstadt geholfen.“

Auch der Handelsverband Baden-Württemberg bedauert die Entscheidung, einen verkaufsoffenen Sonntag trotz der schweren Coronazeit nur durch die Einbettung in ein Fest durchführen zu dürfen. „Feste und Anlässe sind ein wichtiger Bestandteil für funktionierende Städte“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Marius Haubrich. „Doch ein verkaufsoffener Sonntag wäre in diesen Zeiten auch ohne ein Fest wichtig für die Belebung und Frequenz in den Innenstädten. Denn eine Stadt ohne Handel findet nicht statt.“

Wie Haubrich sagt, sei bei dem Spitzengespräch im Landeswirtschaftsministerium in der vergangenen Woche zwischen Vertretern von Kirchen, Handel, Gewerkschaften sowie Städten und Gemeinden kein Konsens erzielt worden, obwohl sich die Vertreter der Kirchen – sonst ebenfalls Gegner der verkaufsoffenen Sonntage – unter den aktuellen Bedingungen eine Lockerung der gesetzlichen Vorgabe zur Einbettung in ein Fest hätten vorstellen können. „Die Gewerkschaften sind aber hartnäckig geblieben“, sagt er. „Das ist sehr schade.“

Luis will die Kaufkraft durch Gutschein-Aktion stärken

Grundsätzlich sei es den Städten und Gemeinden zwar selbst überlassen, trotz des gerichtlichen Urteils einen verkaufsoffenen Sonntag auch ohne ein Fest zu planen. „Aber dann droht definitiv eine Klage. Und das könnte teuer werden“, so Haubrich. Auch aus diesem Grund sieht Luis von dem verkaufsoffenen Sonntag im Oktober ab. „Uns wurde bereits klar signalisiert, dass wir mit einer Klage rechnen müssen, wenn wir das versuchen“, sagt Fischer. Weiter teilt der Verein mit, dass „die Durchführung einer coronakonformen Ein-Tages-Veranstaltung inklusive Absperrung, Zutrittsregelungen oder Abstandsregeln nicht zu stemmen“ ist. „Wir müssten auf viele externe Dienstleister zurückgreifen“, so Fischer. „Der finanzielle Aufwand wäre für eine Veranstaltung in diesem Rahmen einfach zu hoch.“

Durch den pandemiebedingten Ausfall der verkaufsoffenen Sonntage in diesem Jahr fehle der Innenstadt laut Luis ein bedeutender Teil der Marketing-Maßnahmen. „Deshalb haben wir uns entschieden, unsere Mitglieder in der wichtigen Vorweihnachtszeit zu unterstützen“, sagt Fischer. „Denn das Weihnachtsgeschäft wird in diesem Jahr ebenfalls eine große Herausforderung. Einige Händler verbuchen in dieser Zeit rund 20 Prozent ihres Umsatzes.“

Wie der Innenstadtverein mitteilt, werde jedes Luis-Mitglied, welches ab Mitte November eine Werbemaßnahme wie beispielsweise eine Treueaktion, Gewinnspiele oder eine Verlosung plane und dafür Ludwigsburg-Gutscheine kauft, mit einem zusätzlichen Gutschein vom Innenstadtverein von bis zu 100 Euro unterstützt.