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Eine Symbiose der besonderen Art

Sandra Dehling und ihre Mitarbeiter in der therapeutischen Werkstatt stellen mit großer Sorgfalt Beuten her. Fotos: Andreas Becker
Sandra Dehling und ihre Mitarbeiter in der therapeutischen Werkstatt stellen mit großer Sorgfalt Beuten her. Foto: Andreas Becker
Gerhard Stoll präsentiert eine Honig-Auswahl der Karlshöhe.
Gerhard Stoll präsentiert eine Honig-Auswahl der Karlshöhe.
Die Bienen überwintern in ihrem Quartier auf der Karlshöhe.
Die Bienen überwintern in ihrem Quartier auf der Karlshöhe.
Das ökologische Sozialprojekt „Bienen fürs Leben“ der Karlshöhe Ludwigsburg soll nicht nur das Bewusstsein für die Bedeutung der kleinen Lebewesen stärken, sondern auch Arbeitsplätze für Menschen mit Unterstützungsbedarf schaffen. Ein Plan, der vollends aufzugehen scheint.

Ludwigsburg. In einem sicheren Unterstand summen die Bienen, in der therapeutischen Werkstatt werkeln die Mitarbeiter: Es ist ein Zusammenspiel mehrerer Komponenten, welches das Öko-Sozialprojekt der Karlshöhe Ludwigsburg zu etwas ganz Besonderem macht. 22 Bienenvölker leben aktuell auf der Karlshöhe. Jedes Volk zählt rund 20000 Winterbienen. Immer Sommer sind es pro Volk bis zu 80000 Bienen. Die Karlshöhe beliefert die Imker der Region zusätzlich mit Imkereizubehör. So haben 20 Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Den Job meistern sie mit Bravour: „Die Beuten sind über die Region hinaus bekannt für ihre hohe Qualität“, sagt der Imker der Karlshöhe.

Das Bauen der Beuten entwickelte sich nach und nach zur Spezialaufgabe der Mitarbeiter der therapeutischen Werkstatt. Zwischen 300 und 400 Beuten werden im Jahr verkauft, wie Gerhard Stoll, Geschäftsbereichsleiter Arbeit und Technik, erzählt. „Durch die Beuten ist ein ganz neuer Produktionszweig entstanden“, sagt er. Eine Beute besteht aus mehreren sogenannten Zargen, die durch einen Boden beziehungsweise durch einen Deckel abgeschlossen werden. Die Aufgaben der Mitarbeiter in der therapeutischen Werkstatt sind dabei vielfältig. Das Rohholz, welches angeliefert wird, wir zugeschnitten, gehobelt, zusammengeschraubt und auf die speziellen Maße zugesägt. Fingerspitzengefühl ist gefragt, wenn Drähte eingespannt werden. Auch das Branding übernehmen die Mitarbeiter der Werkstatt rund um Anleiterin Sandra Dehling.

Doch wie hat eigentlich alles angefangen? „Bienenvölker auf der Karlshöhe gibt es schon seit über zehn Jahren“, sagt Stoll. Der damalige Werkstattleiter habe die Imkerei für sich entdeckt und schließlich auch auf die Karlshöhe gebracht. Schnell schlossen sich Ehrenamtliche der Arbeit rund um die summenden Bienenvölker an.

Verstärkt auf das Bienenwissen setzen

Die Herstellung der rund 150 Euro teuren Beuten auf der Karlshöhe findet seit 2012 in der therapeutischen Werkstatt statt. „Das Tolle ist, dass auch Sonderwünsche erfüllt werden“, so der Imker der Karlshöhe. „Es ist für einen Kunden immer super, wenn all seine Vorstellungen und Wünsche umgesetzt werden. Und das ist bei den Beuten der Karlshöhe der Fall.“ Die Karlshöhe-Beuten seien auf einer Fläche im Freien bis zu zehn Jahre lang nutzbar. „Das ist bei Beuten, die man im Internet bestellt, oft nicht der Fall. Die müssen meistens schneller wieder ausgetauscht werden“, sagt der Imker.

„Wir bieten den 20 Menschen mit dem Projekt auf der einen Seite einen Arbeitsplatz“, sagt Stoll. „Wir wollen ihnen aber auch zeigen, wie in einer Stadt ökologisch gelebt werden kann.“ Die Karlshöhe habe sich über die Jahre hinweg ein spezielles Know-how rund um die Bienen und Bienenprodukte aufgebaut, wie Michael Handrick, Leiter des Bereichs Kommunikation, erzählt. Es sei wunderbar, dieses Projekt nun noch weiter zu entwickeln.

Die Karlshöhe möchte in Zukunft verstärkt auf ihr Bienenwissen setzen und dieses auch weitergeben. „Für das nächste Jahr fest eingeplant ist beispielsweise ein Bienenlehrpfad“, sagt Stoll. Hinweisschilder zu Honig- und Wildbienen sollen nicht nur Familien, sondern auch Schulklassen oder anderen Interessierten wichtige Hinweise zu den fliegenden Lebewesen geben. Weiterhin geplant seien Kurse und Führungen, die das Angebot auf der Karlshöhe abrunden.

Die Karlshöhe hat sich für die kommenden Jahre auf die Fahne geschrieben, mehr bienenfreundliche Blühflächen einzurichten. „Die Arbeit auf der Karlshöhe soll greifbar werden“, sagt Stoll. Dafür benötige man allerdings genügend Manpower. Da der Imker der Karlshöhe die Aufgaben dort nur nebenberuflich erledigt, wolle man künftig einen Anleiter einstellen, der sich hauptberuflich um die Bienen und die anfallenden Aufgaben kümmert.

Um all diese geplanten Projekte in die Tat umzusetzen, ist die Karlshöhe auf Spenden angewiesen. „Wir stellen uns natürlich die Frage, wie man die Finanzierung sicherstellen kann“, sagt Hardy Sauer, der für die Fördermittel zuständig ist. „Wir wollen auch Firmen, Einrichtungen und Privatpersonen die Möglichkeit geben, Bienenpatenschaften zu übernehmen.“ Beispielsweise könne ein Bienenvolk dann am Standort des Unternehmens angesiedelt werden. „Wir wollen mehr nach außen sichtbar werden“, sagt Gerhard Stoll. „Aber ganz wichtig ist es für uns, dass der ökologische Gedanke nicht zu kurz kommt“, fügt Sauer hinzu.