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Einladung zum Perspektivwechsel

Herausragende Arbeiten der jungen Künstler zum Thema „Das Andere“ sind bis 14. November im Kunstzentrum Karlskaserne zu sehen. Foto: Andreas Becker
Herausragende Arbeiten der jungen Künstler zum Thema „Das Andere“ sind bis 14. November im Kunstzentrum Karlskaserne zu sehen. Foto: Andreas Becker
Das Ölgemälde „Nemesis“ von Franziska Labudek. Foto: Andreas Becker
Das Ölgemälde „Nemesis“ von Franziska Labudek. Foto: Andreas Becker
Die Schülerin Miriam Kreienkamp aus Großbottwar mit ihrer Zeichnung „Bergsteiger“. Foto: Andreas Becker
Die Schülerin Miriam Kreienkamp aus Großbottwar mit ihrer Zeichnung „Bergsteiger“. Foto: Andreas Becker
Die Plastik „Satter Hunger“ von Joanna Kubiczek. Foto: Andreas Becker
Die Plastik „Satter Hunger“ von Joanna Kubiczek. Foto: Andreas Becker
Ausstellung der 40 besten Einreichungen in der Karlskaserne – Großbottwarer Schülerin gehört zu den Gewinnern

Ludwigsburg. Einmal im Jahr, stets im Oktober, werden 16 junge Künstlerinnen und Künstler zwischen 15 und 21 Jahren mit dem Jugendkunstpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet, 2021 geschieht dies bereits zum 24. Mal. Und so kamen auch am vergangenen Freitagabend Jugendliche und ihre Familien aus allen Teilen des Landes ins Kulturzentrum Karlskaserne, wo der vom Landesverband der Kunstschulen mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport ausgelobte Wettbewerb seit 2013 eine Heimat hat, befindet sich hier doch die Zentrale der städtischen Kunstschule Labyrinth.

Aus über 120 Einsendungen wählte eine Jury 40 herausragende Arbeiten zum Thema „Das Andere“, die bis zum 14. November im Ausstellungsraum des Kunstzentrums Karlskaserne zu sehen sind. Aus diesem Kreis wiederum wurden 16 junge Künstlerinnen und Künstler für ihre Einreichungen mit dem Jugendkunstpreis geehrt, so auch die 15-jährige Miriam Kreienkamp aus Großbottwar.

Die akkurate Bleistiftzeichnung „Bergsteiger“ zeigt vier winzige, schwarze Figuren beim Versuch, eine Käsereibe zu erklimmen, während nebenan eine weitere Seilschaft die Besteigung des Parmesanhochplateaus feiert. „Mich hat das Absurde der Situation interessiert, der andere Blick auf die Gegenstände“, erklärt die Nachwuchskünstlerin im Gespräch mit dieser Zeitung, nachdem sie ihre Urkunde aus den Händen von Staatssekretär Volker Schebesta entgegengenommen hatte.

Vom Wettbewerb zum Jugendkunstpreis erfahren hat die Schülerin des Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasiums von Javiera Advis, deren Jugendatelier in der Kunstschule Labyrinth sie seit einem Jahr besucht. Drei Tage habe sie für die Zeichnung benötigt, so Kreienkamp. Zuvor habe sie Skizzen nach Fotos aus dem Internet angefertigt, denn: „So eine Käsereibe haben wir gar nicht zuhause!“ Umso erstaunlicher die dem Surrealismus eines René Magritte nahestehende Idee: „Es ging mir auch um das Paradoxe, die Gefahr, die von den messerscharfen Vorsprüngen für die Bergsteiger ausgeht“, sagt Kreienkamp. Ob sie die Kunst zum Beruf machen will, weiß sie noch nicht, Grafikdesign könne sie sich gut vorstellen. Doch jetzt freut sie sich erstmal auf den Kunst-Workshop in Gaggenau, den sie und sieben weitere Preisträger in den Herbstferien besuchen dürfen.

Dazu zählt auch Franziska Labudek (16) aus Bad Wimpfen, die mit „Nemesis“ ein Ölgemälde eingereicht hat, das mit seinem Kontrast zwischen beherrschter Ölmalerei und einem so rätselhaften wie drastischen Motiv – offenbar wurden der Rachegöttin die Augen ausgestochen, zwei ins Bild ragende Hände dirigieren ihr blindes Antlitz mit harschem Zugriff, während ihre eigenen Hände sich um ihre Brust krampfen – viele Blicke auf sich zieht.

Das gilt auch für die Arbeit von Jette Oppel (17) aus Ostfildern, die unter dem Titel „Das Andere Leben“ Streifen zweier Fotografien von Michael Panzer, einmal in seiner Bühnenrolle als Wommy Wonder, einmal als Privatperson, räumlich so angeordnet hat, das je nach Blickwinkel das eine oder das andere Bild deutlicher zu sehen ist.

Sofie Dorothea Mödlagl (15) aus Korb hat für „Verwobenes“ Bindfäden so arrangiert, dass im Gewimmel schwarzer Linien zwei Gesichter auszumachen sind, die, einander abgewandt, in unterschiedliche Richtungen blicken. Verstrickt im Gewebe menschlicher Beziehungen?

Zur Gruppe der acht Preisträger, die eine Kunst- und Kulturreise nach Berlin gewonnen haben, zählen Valentina Iffländer und Paul Decker, beide 19 und aus Offenburg. Iffländers Ölbild „Der Narziss“ überzeugt in der Stimmigkeit von Grundidee, Komposition und Ausführung, ebenso Deckers Mischtechnikarbeit „The embrace of death“. Nachdenklichkeit prägt viele Einreichungen, manche kommen mit klarer Botschaft: „Umweltverschmutzung ist oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich“, schreibt Joanna Kubiczek (18) aus Schwäbisch Hall zu ihrer Pappmaché-Arbeit „Satter Hunger“. Ein Blick in den Magen der jungen Robbe zeigt, dass der Heuler mit vollem Bauch verhungern muss - Plastikmüll ist der ganze Inhalt.

Nach wie vor dominiert Gegenständliches, Ausnahmen bestätigen die Regel: Souveräne Acrylmalerei auf der Grenze von expressivem Realismus und Abstraktion zeigt Stanislaw Heinzel (20) aus Überlingen mit seiner Schlachthofszene „Beyond meat“.

Öffnungszeiten: Freitag 18 bis 20 Uhr, Samstag 16 bis 20 Uhr und Sonntag 14 bis 18 Uhr; Schulklassen nach telefonischer Vereinbarung unter (07141) 9103241.