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Eltern in Ludwigsburg verlangen Luftfilter für alle Klassenzimmer

Amalinda Post und Christian Kerstan wollen, dass Schüler besser geschützt werden.Foto: Holm Wolschendorf
Amalinda Post und Christian Kerstan wollen, dass Schüler besser geschützt werden. Foto: Holm Wolschendorf
Gerade Grundschüler und die 5. und 6. Klassen sind nicht geschützt – Petition und Infostände geplant – FDP-Fraktion stellt erneut einen Antrag

Ludwigsburg. Nur 17 mobile Luftfilter für 784 Schulräume – das schockiert viele Eltern. Doch so ist es bislang in Ludwigsburg geplant. Nur Gruppenräume oder Mensen werden zum Schutz vor Corona mit solchen Anlagen ausgestattet. „Manche glauben immer noch, dass für die Kinder jetzt Luftfilter angeschafft werden, und sind erstaunt, wenn sie das hören“, sagen Dr.Amalinda Post und Christian Kerstan. Beide haben sie Kinder an Grundschulen, sie sorgen sich um die Gesundheit gerade der jüngeren Schüler.

Sie wollen aber auch dazu beitragen, dass Präsenzunterricht auch nach den Ferien dauerhaft möglich ist. Einen Lockdown wie bisher soll’s nicht nochmals geben. Die FDP im Gemeinderat unterstützt das Anliegen, die Fraktion hat erneut einen entsprechenden Antrag für Luftfilter in den Klassenzimmern gestellt. Die Stadt soll darlegen, wie der Präsenzunterricht gesichert und Kitas pandemiesicher betrieben werden können.

„Wer unter zwölf Jahren ist, ist nicht geschützt“, warnen Post und Kerstan und teilen die Bedenken mit Eltern anderer Schulen. Inzwischen haben sich Vertreter aus der Friedenschule, der Schlösslesfeldschule, der Fuchshofschule, der Grundschule Hoheneck und der Sophie-Scholl-Schule zusammengetan.

Die Onlinepetition findet viele Fürsprecher

Sie wollen auf das Thema erneut aufmerksam machen und suchen das Gespräch – sowohl mit der Stadt, mit den Stadträten als auch mit den Bürgern. Auch wenn Stadt und Gemeinderat sich schon festgelegt haben und keinen weiteren Bedarf sehen. Am heutigen Samstag und nächste Woche wollen sie auf dem Marktplatz über die Situation informieren. Auch ein Gespräch mit der Ersten Bürgermeisterin ist geplant. „Wenn die Stadt jetzt reagiert, dann können bis zu den Wintermonaten die Geräte aufgestellt sein“, sind sie überzeugt.

Im Internet läuft eine Petition, die bereits 257 Unterstützer hat. Nach Ansicht der Eltern sind die bisher getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend. Die Schulen sollen regelmäßig lüften, zweimal die Woche gibt es Tests, so der Beschluss in Ludwigsburg wie auch in anderen Städten im Umkreis. „Das reicht nicht, um den Präsenzunterricht sicherzustellen“, so ihr Fazit. Die Eltern sorgen sich auch um die soziale und gesundheitliche Entwicklung ihrer Kinder.

Sie stützen sich auf eine neuere Studie der TU Berlin, die zu dem Schluss kommt, dass mechanische Lüftungssysteme, verbunden mit Tests, notwendig sind, um den Unterricht sicherzustellen (siehe Factbox). Die Berliner Studie, die auch an das Bundesbildungsministerium zugestellt wurde, warnt vor einer Infektionswelle bei Schülern, die sich auch auf die Erwachsenen ausweiten kann. „In der Tabelle lässt sich leicht ablesen, welche Folgen es hat, wenn Luftfilter fehlen“, so Amalinda Post. „Man kann jetzt nicht die Schulen einfach öffnen und alle Kinder stecken sich mit Covid an.“

In Nordrhein-Westfalen, wo der Schulbetrieb wieder begonnen hat, zeigen sich die Folgen – dort explodieren die Neuinfektionen. Unter Schülern stieg die Inzidenz etwa in Dortmund auf 519, in manchen Städten geht sie in Richtung 700. Die Delta-Variante greift weiter um sich, die „Durchseuchung“ hat begonnen, wie berichtet wird. Rein rechnerisch, so Kerstan, erkranken an Ludwigsburger Schulen (rund 10400 Schüler) 30 bis 60 Kinder mit schwerem Verlauf. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder an Long Covid erkranken, liege um ein Vielfaches höher. Pro Klasse könnten das zwei bis drei Kinder sein, die langfristig Schäden davontragen. Bei 3346 Grundschülern könnten das bis zu 500 Fälle sein.

Die Studie aus Berlin empfiehlt, nicht nur Schnelltests einzusetzen, sondern auch regelmäßige PCR-Tests. Denn nur sie geben Sicherheit. Amalinda Post hat es in der eigenen Familie erlebt. Ein Kita-Kind war an Covid erkrankt, ihr Kind und die Familie gingen in Quarantäne, ebenso der größte Teil der betroffenen Kitagruppe. Die Schnelltests zeigten bei ihnen negativ an, später dann, bei einem PCR-Test, waren sie positiv. „Gut, dass wir vorsorglich in Quarantäne gegangen sind“, erzählt sie.

Fördervereine möchten sich an Kosten beteiligen

Ludwigsburg sollte sich für mobile Luftfilter entscheiden, an den Kosten dürfe es nicht liegen. Auch die Fördervereine der Schulen würden aktiv werden, um sich an der Finanzierung zu beteiligen, versichern die Eltern. Die Kosten schwanken von 700000 Euro, so die Initiative, bis zu zwei oder drei Millionen – sofern auch die Kitas ausgestattet werden sollen. Die Eltern hoffen, dass es noch nicht zu spät für eine Kehrtwende ist.

Kerstan verweist auf das Ludwigsburger Unternehmen Mann + Hummel, ein Filterspezialist, der sich schon angeboten hat, die Schulen auszustatten. „Wir könnten ein Pilotprojekt hier starten“, meint er. Und Amalinda Post findet, dass sie als Bürgermeisterin sofort Ja gesagt hätte, als das Unternehmen sein Angebot vorgelegt hatte.