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Freiberger sollen erneut abstimmen

Die Bürger haben entschieden: Die Flattichschule (Mitte) wird in die Kasteneckschule (links) integriert. Der Standort in Beihingen wird aufgegeben. Erhalten bleibt dagegen die Grünlandschule. Archivfotos: Holm Wolschendorf
Die Bürger haben entschieden: Die Flattichschule (Mitte) wird in die Kasteneckschule (links) integriert. Der Standort in Beihingen wird aufgegeben. Erhalten bleibt dagegen die Grünlandschule. Foto: Holm Wolschendorf
Die Freiberger Stadtverwaltung regt einen weiteren Bürgerentscheid zum Thema Grundschulentwicklung an. In einer neuen Variante schlägt die Verwaltung den Ausbau der Kasteneckschule (links) zu einer gemischten Ganztagsschule mit Halbtagsbetrieb vor. D
Die Freiberger Stadtverwaltung regt einen weiteren Bürgerentscheid zum Thema Grundschulentwicklung an. In einer neuen Variante schlägt die Verwaltung den Ausbau der Kasteneckschule (links) zu einer gemischten Ganztagsschule mit Halbtagsbetrieb vor. Die Grünlandschule ist in dem Konzept als Halbtagsschule vorgesehen. Foto: Holm Wolschendorf
Ende 2016 kippte ein Bürgerentscheid in Freiberg den Gemeinderatsbeschluss für den Bau einer zentralen Grundschule. Die drei bestehenden Schulen sollten erhalten und saniert werden. Nach viereinhalb Jahren liegen neue Fakten auf dem Tisch. Deshalb sollen die Bürger am 26. September erneut abstimmen. Diesmal geht es um die Erweiterung zweier Schulen.

Freiberg. Bürgermeister Dirk Schaible hat auf seinem Schreibtisch in seinem Büro einen kleinen Abreißkalender stehen. Dieser offenbart ihm an jedem Tag des Jahres eine Weisheit. Erst vor wenigen Tagen las er darin ein Zitat des britischen Ökonomen, Politikers und Mathematikers John Maynard Keynes (1883-1946): „Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung. Und sie, was machen Sie?“ Für den Freiberger Schultes war das nicht nur eine Bestätigung, sondern fast eine Aufforderung. „Wir haben eine Riesenchance, die Entscheidung von 2016 zu revidieren“, sagt Schaible und führt als Begründung eine neue Faktenlage an. Doch der Reihe nach:

Die drei Grundschulen in den Stadtteilen Beihingen, Geisingen und Heutingsheim sind bereits seit Jahren sanierungsbedürftig und entsprechen räumlich nicht mehr den pädagogischen Anforderungen. Deshalb hatte sich der Gemeinderat im Sommer 2016 mehrheitlich dafür ausgesprochen, die drei Grundschulstandorte aufzugeben und dafür im Kasteneckpark eine neue zentrale Grundschule samt Sporthalle zu errichten. Es gründete sich eine „Bürgerinitiative zur Erhaltung der drei Grundschulstandorte“, die einen Bürgerentscheid erwirkte. Die Mehrheit der Wähler stimmte schließlich gegen den Schulneubau und kassierte damit den Gemeinderatsbeschluss.

Doch schnell kamen Probleme und neue Erkenntnisse auf: Wegen rückläufiger Schülerzahlen drohte die Flattichschule im Stadtteil Beihingen einzügig zu werden. Um dort für die Zukunft eine Zweizügigkeit zu erreichen, sollten die Schulbezirke neu eingeteilt werden. Hinzu kamen Brandschutzmaßnahmen, die unverzüglich umgesetzt werden mussten. Noch bevor sich die Verwaltung darüber Gedanken machen konnte, an welcher Schule mit der Sanierung begonnen werden sollte, galt es, an allen drei Standorten unter anderem zweite Rettungswege zu schaffen. Mittlerweile wurden immer mehr Stimmen von Eltern laut, die nach einem Ganztagsbetrieb riefen. Doch an welcher Schule soll er realisiert werden? Welche Räume sind erforderlich, um die Schulkonzepte und die Forderungen des Bildungsplans umzusetzen? In welcher Reihenfolge und in welchem Umfang werden die Gebäude saniert? Die Schulen lieferten Konzepte, Eltern wurden befragt, es gab Informationsveranstaltungen, und mittlerweile regte sich auch das Landratsamt und kündigte an, dass die Schulen im jetzigen Zustand nicht mehr auf Dauer betrieben werden dürfen. „Die Behörde möchte Vorschläge haben, wie es weitergehen soll“, sagt Regina Göhringer von der Stabstelle Stadtplanung. Und das möglichst schnell. Nicht zuletzt hat auch die Coronapandemie offenbart: Die digitale Ausstattung in den Schulen ist ebenso unzureichend wie die Anzahl der erforderlichen Räume.

„Nach fünf Jahren haben wir also Erkenntnisse gewonnen, die es erforderlich machen, sie mit der Bürgerschaft zu teilen“, sagt Bürgermeister Schaible. Insbesondere der Ganztagsschule werde ein hoher Stellenwert eingeräumt. „Wir wollen den Freibergern daher nochmals die Gelegenheit geben, entweder bei ihrem Beschluss von 2016 zu bleiben oder eine neue Variante mitzugehen.“ Diese sieht eine gemischte Form von Halbtags- und Ganztagsschule mit vier bis viereinhalb Zügen in der Kasteneckschule im Stadtteil Heutingsheim vor. Am zweiten Standort, der Grünlandschule im Stadtteil Geisingen, ist ein zwei- bis zweieinhalbzügiger Halbtagsbetrieb vorgesehen. Beide Standorte sollen laut Schaible „zeitgemäße Schulgebäude mit neuer Raumgestaltung“ bekommen. Ob dabei die Altbauten erhalten und erweitert oder abgerissen und neu gebaut werden, „wird sich noch herausstellen“ und sei auch eine Kostenfrage. Am Kasteneck gebe es zudem die Möglichkeit für den Bau einer neuen Sporthalle, wenn dort die bestehenden Gebäude – Schule und Sporthalle – nacheinander abgerissen und neu gebaut werden. Der Stadtteil Beihingen werde in dieser Variante als Schulstandort aufgegeben. Die Flattischschule könnte künftig beispielsweise von der Jugendmusikschule oder Vereinen genutzt werden. „Ein Wohnungsbau soll dort nicht stattfinden“, räumt Schaible etwaige Bedenken diesbezüglich aus.

Wie sieht die weitere Vorgehensweise aus? In seiner Hybridsitzung am Dienstag, 11. Mai, um 18.30 Uhr im Prisma wird der Gemeinderat über die Durchführung eines Bürgerentscheids abstimmen, bei dem geklärt werden soll, ob es künftig zwei oder weiterhin drei Schulstandorte in der Stadt geben wird. Als Termin wird der 26. September genannt, an dem auch die Bundestagswahl stattfindet. Über den Wortlaut der Fragestellung soll zu einem späteren Zeitpunkt beraten werden. Im Zuge von Informationsveranstaltungen und Workshops sollen dann insbesondere die Eltern von künftigen Grundschülern erreicht werden. „Wir wollen den Eltern ein flexibles Grundschulangebot unterbreiten, das auf ihre individuelle Familiensituation angepasst werden kann – darüber sollen sie abstimmen dürfen“, so Schaible.