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Gericht kündigt Entscheidung an

Breuninger hat in den 70er Jahren das Breuningerland in Ludwigsburg eröffnet. Foto: dpa
Breuninger hat in den 70er Jahren das Breuningerland in Ludwigsburg eröffnet. Foto: dpa
Das Breuningerland soll in diesem Jahr erweitert werden, wenn der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim den Plan nicht doch noch stoppt. Die Juristen haben jetzt bekanntgegeben, wann sie den Fall entscheiden wollen: im April. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Ludwigsburg/Tamm/Bietigheim-Bissingen. Schon im vergangenen November richteten der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht, sein Bietigheimer Kollege Jürgen Kessing und der Tammer Rathauschef Martin Bernhard die Blicke nach Mannheim, wo das oberste baden-württembergische Verwaltungsgericht seinen Sitz hat. Der VGH sollte dort über die Klage der Kommunen Bietigheim-Bissingen und Tamm gegen die Stadt Ludwigsburg entscheiden, die seit Jahren gegen die Erweiterung des Breuningerlandes juristisch vorgehen. Doch der Fall mit dem Aktenzeichen 3 S 3115/19 musste abgesagt werden, weil sich ein Richter krankgemeldet hatte.

Mittlerweile hat der Verwaltungsgerichtshof einen neuen Termin für die Berufungsverhandlung mitgeteilt: Nun sollen sich die streitenden Parteien am 25.April ab 10.30 Uhr in Mannheim zusammenfinden.

Um was geht es in dem Fall?

Um den Plan der Warenhauskette Breuninger, den Standort in Ludwigsburg um rund 2500 Quadratmeter zu vergrößern. Das Unternehmen will im Kampf gegen den Internethandel die Aufenthaltsqualität des Breuningerlandes im Tammerfeld erhöhen und künftig zusätzliche Dienstleistungen anbieten sowie mehr Restaurants und Cafés. Die Parkdecks sind bereits aufgestockt worden.

Die jetzigen Erweiterungspläne sind das Ergebnis eines langen kommunalpolitischen Tauziehens in Ludwigsburg: Das Breuningerland hatte im Tammerfeld zunächst um 10000 Quadratmeter expandieren wollen, die Stadt Ludwigsburg hatte die Mallbetreiber dann auf die aktuellen 2500 Quadratmeter heruntergehandelt.

Ursprünglich wollte Breuninger die Erweiterung schon im vergangenen Jahr durchziehen, jetzt ist die Umsetzung für 2022 anvisiert. Als Grund für die Verzögerung nannte eine Sprecherin die allgemeine Situation am Markt sowie die „damit verbundenen Herausforderungen im operativen Betrieb des Centers, aber auch in den Projektentwicklungen“.

Warum klagen Bietigheim-Bissingen und Tamm gegen das Vorhaben?

Die beiden Kommunen fürchten negative städtebauliche und verkehrliche Auswirkungen für ihre Zentren, die die dort noch vorhandenen Einzelhandelsbetriebe ruinieren könnten. Eine Sprecherin des Bietigheimer OB Kessing gegenüber unserer Zeitung: „Wir spüren schon heute den Kaufkraftabfluss, den das Breuningerland verursacht.“ In Tamm würden vor allem die Anwohner an der Hauptstraße unter dem Durchgangsverkehr leiden.

Was greifen die beiden Kommunen rechtlich an?

Den Bebauungsplan „Heinkelstraße Nord“ der Stadt Ludwigsburg, aus dem sich der Anspruch des Breuningerlandes auf Vergrößerung seiner Flächen ableitet. „Wir sind der Überzeugung, dass die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans geklärt werden sollte“, so die Kessing-Sprecherin.

Wie schätzen Juristen den Fall ein?

In erster Instanz fuhren Bietigheim-Bissingen und Tamm im Oktober 2020 eine Niederlage vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart ein. Das Breuningerland habe einen direkt aus dem Bebauungsplan ableitbaren Anspruch auf Vergrößerung der Verkaufsflächen. Auch nach „obergerichtlicher Entscheidung“ bestehe für das Verwaltungsgericht „kein Raum für eine Abwägung widerstreitender Interessen“ – etwa der von Tamm und Bietigheim angeführten „Beeinträchtigung ihrer Innenstädte“, so das Gericht klipp und klar.

Der Tammer Bürgermeister Bernhard sagte damals: „Juristisch mag die Entscheidung in Ordnung sein, moralisch ist sie es sicherlich nicht.“ Sein Kollege Kessing wollte mit der Klage „ein Signal senden“ – dass die Zentren von Kommunen wie Bietigheim-Bissingen und Tamm durch Einkaufszentren auf der grünen Wiese bedroht seien. Später entschlossen sich die Rathauschefs, das Urteil des Stuttgarter Gerichts anzugreifen und vor dem VGH in Berufung zu gehen.

Wie steht die Stadt Ludwigsburg zu der Erweiterung?

Sie setzt sich nach eigenem Empfinden für einen Ausgleich der Interessen ein. „Auch unsere Innenstadt ist vom Abfluss der Kaufkraft betroffen“, sagt ein Sprecher des OB Knecht. Deshalb habe die Kreisstadt den in den 70er Jahren aufgestellten Bebauungsplan im Tammerfeld modifiziert und Breuninger nur eine Erweiterung um 2500 Quadratmeter zugestanden. Ursprünglich wollte die Warenhauskette den Komplex opulenter ausbauen. In Ludwigsburg legt man Wert darauf, dass es sich bei dem aktuellen Projekt um eine „kleine und letztmalige Erweiterung“ handelt.

Info: Die Verhandlung findet am 25. April ab 10.30 Uhr im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs an der Schubertstraße in Mannheim in Sitzungssaal III statt.