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Haftstrafe für Betrug mit sechs Millionen FFP2-Masken

Sechs Millionen Masken, die es offenbar nie gab, bot der Betrüger einem Eberdinger Unternehmen an. Foto: Marijan Murat/dpa
Sechs Millionen Masken, die es offenbar nie gab, bot der Betrüger einem Eberdinger Unternehmen an. Foto: Marijan Murat/dpa
Das Drehbuch zu der Verhandlung des Vaihinger Schöffengerichts liefert die Pandemie. Sechs Millionen FFP2-Masken diente im Februar 2020 ein in Portugal lebender Spanier einem Eberdinger Händler für Medizin- und Praxisprodukte in einem Blitzangebot an. 1,7 Millionen Euro sollten die Masken kosten; dafür waren schnell 128500 Euro Anzahlung fällig. Das Geld wurde überwiesen. Doch es gab keine Ware.

Vaihingen/Eberdingen. Der Angeklagte wird „geschlossen“ vorgeführt. Und so wird er nach der über fünfstündigen Verhandlung vor dem Vaihinger Schöffengericht auch wieder zurück in die Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall gefahren. Denn das Gericht ist überzeugt, dass alle Voraussetzungen für einen Betrug in einem besonders schweren Fall (Strafmaß laut Gesetz zwischen sechs Monaten und zehn Jahren) vorliegen und dass der 51 Jahre alte Spanier aus der Coronasituation Anfang 2020 Profit schlagen wollte.

Das Urteil: zwei Jahre und sechs Monate Haft. Der Staatsanwalt hatte drei Jahre Haft gefordert, „denn es gab die Masken nie“, die Verteidigerin recht zaghaft einen Freispruch oder eine Bewährungsstrafe für den nicht Vorbestraften ins Spiel gebracht: „Er hat immer kooperiert.“ Die Polizei habe gewusst, dass der Mann in Portugal war. „Er wird zurückzahlen, so schnell es geht. Aus dem Gefängnis heraus kann er seine Geldgeschäfte aber nicht regeln.“

Mit dem Vertrieb von Insolvenzposten und Vermittlungsgeschäften bestritt der 51-Jährige, der in Düsseldorf geboren wurde, zur Schule ging und nach einer Ausbildung unter anderem als Vertriebsleiter arbeitete, seinen Lebensunterhalt. Zudem war er Selbstverteidigungslehrer. 2010 zog er nach Spanien, 2016 nach Portugal, wo er bis zuletzt mit seiner Partnerin und zwei Kindern lebte.

Der Angeklagte bot die Masken dem Eberdinger Betrieb als Zwischenhändler an. Dort war man nach einem vorangegangenen Geschäft, das problemlos mit dem Sohn des Inhaber-Ehepaares abgewickelt worden war, nicht misstrauisch und fand schnell auch einen Endabnehmer, der bereit war, 1,7 Millionen Euro zu zahlen.

Der Käufer, der schon den Transport in die Wege geleitet hatte, wollte die Ware jedoch sehen. Man reiste nach Portugal und stand an der angegebenen Adresse vor leeren Lagern. Als Begründung wurde unter anderem der verspätete Eingang der Anzahlung angegeben. Die Masken seien inzwischen nach Litauen gegangen.

„Die Leute anfliegen zu lassen, ohne die Ware zu haben, ist schon mutig“, fand der Eberdinger Zwischenhändler, dessen Betrieb inzwischen in Bietigheim-Bissingen angesiedelt ist. Er selbst habe seinem Abnehmer natürlich die 1,7 Millionen Euro zurücküberwiesen, „das macht ein ehrlicher Kaufmann“. Der Spanier habe ihm ständig versprochen, das Geld zurückzuzahlen, unter anderem mit Erlösen aus neuen Geschäften.

Doch man habe das abgelehnt und sich letztlich zu einer Strafanzeige entschlossen. Mit der Rückerstattung der Anzahlung habe der Abnehmer eine großzügige Frist bis August 2023 gesetzt. Wenn das Geld nicht komme, drohe die Insolvenz.

Ein weiterer Zeuge, früherer Geschäftspartner des Angeklagten in einer GbR, konnte zu dem Fall wenig beitragen: „Ich war in das Geschäft nicht eingebunden, bin jedoch als damaliger Mitinhaber auf Zahlung von 30000 Euro wegen Warenbetrugs angeklagt worden.“

Die Anzahlung für die Masken ging übrigens an das deutsche Konto der Lebenspartnerin des Angeklagten. Von diesem wurden nach dem Eingang des Geldes im Februar 2020 gleich an den ersten Tagen mehrmals größere Beträge abgebucht – und unter anderem 73500 Euro für einen Porsche Panamera. Dass erst vor wenigen Tagen 1250 Euro als erste Rückzahlung bei dem Eberdinger Händler eingingen, wertete der Staatsanwalt schlicht als geradezu lächerlich: „Eine Verarschung.“ Richterin Franziska Stiegler wandte sich an den Angeklagten: „Sie hätten viel Zeit gehabt, den Schaden gutzumachen. Uns ist wenig eingefallen, was für Sie spricht.“

Ob Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt werden, ist noch nicht bekannt.