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Hilfe aus Freiberg für Äthiopien

Julia Lackinger (rechts) baut mit ihrer Projektgruppe den Prototyp einer Zisterne. Foto: privat
Julia Lackinger (rechts) baut mit ihrer Projektgruppe den Prototyp einer Zisterne. Foto: privat
Julia Lackinger aus Freiberg hat sich den Ingenieuren ohne Grenzen angeschlossen und entwickelt mit ihrer Projektgruppe ein effizientes Bewässerungssystem in Arsis, einem Dorf im Nordosten Äthiopiens, um dort den Ackerbau zu ermöglichen.

Freiberg/Stuttgart. Seit vielen Jahren engagiert sich Julia Lackinger ehrenamtlich. In ihrer Schulzeit war sie in ihrer Heimatstadt Freiberg in der Jugendarbeit der katholischen Kirche und als Schwimmtrainerin aktiv. „Doch mit Beginn meines Studiums hat sich das verlaufen“, erzählt die 21-Jährige, die im 6. Semester Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule in Horb studiert und bei Daimler arbeitet. Nachdem dann auch noch das geplante Auslandssemester der Coronapandemie zum Opfer fiel, brauchte sie dringend wieder eine neue, ehrenamtliche Aufgabe.

Überweidung des Gebiets

„Ich wollte in Richtung Entwicklungsarbeit gehen und das in Verbindung mit Ingenieurswesen“, sagt Julia Lackinger, die im April 2020 Kontakt zur Stuttgarter Regionalgruppe Ingenieure ohne Grenzen aufnahm. Die Hilfsorganisation hat es sich zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen notleidender und benachteiligter Menschen langfristig zu verbessern. „Besonders angesprochen hat mich ein Bewässerungsprojekt für das Dorf Arsis im Nordosten Äthiopiens“, sagt die junge Frau, die sich für das Projekt entschied, das damals noch ganz am Anfang stand.

„Die Menschen in Arsis leben momentan fast ausschließlich von der Viehzucht. Das führt zu einer Überweidung, das ursprünglich karg bewachsene Gebiet verwandelt sich in eine Wüste“, erzählt Lackinger. „Als zweites Standbein wollen wir ihnen deshalb Ackerbau ermöglichen.“ Da sich in dem Gebiet Dürren mit heftigen Regenperioden abwechseln, sollen mittels Wasserspeicher die trockenen Perioden überbrückt werden. So entwickeln die Helfer ein Bewässerungssystem, um das aufgefangene Regenwasser in der Trockenzeit effizient einsetzen zu können. Zudem haben sie für den Anbau geeignete Pflanzen wie Sorghum, Mais, Hirse und Luzerne ausgesucht.

Auf den Fildern hat Julia Lackinger mit ihrer Projektgruppe den Prototyp einer Zisterne gebaut, die ursprünglich geplant war. Mittlerweile haben sich die Ingenieure ohne Grenzen in Absprache mit dem lokalen Projektpartner in Arsis für den Bau eines Hafirs entschieden. Dabei handelt es sich um ein künstliches Wasserauffangbecken mit deutlich größerem Volumen. Der Zisternenbau war trotzdem keine vergebliche Mühe. „Wir wollen auf den Fildern einen Lehrpfad anlegen mit Infotafeln“, sagt die junge Frau. Auch für Äthiopien geeignete Pflanzen sollen angebaut werden. Julia Lackinger hofft, dass somit weitere Spendengelder gewonnen werden können.

Sie selbst ist bei diesem Projekt in zwei Arbeitsgruppen. „In der AG technische Planung entwickeln wir das Bewässerungssystem mit der passenden Größe, beschäftigen uns mit Materialbeschaffung und Kostenplanung“, berichtet sie von der technischen Seite ihrer Arbeit. Außerdem ist sie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Sammlung von Spendengeldern aktiv.

Während Corona sei es schwierig, die Leute zu erreichen. Doch mit pfiffigen Ideen wie einem Online-Pub-Quiz, bei dem Fragen rund ums Wasser und Äthiopien im Mittelpunkt standen, machte die AG das Beste aus der Situation. Seit die Beschränkungen immer mehr gelockert wurden, ist die Projektgruppe auch auf Flohmärkten vertreten. „Wir brauchen insgesamt rund 20 000 Euro, etwa die Hälfte haben wir zusammen“, sagt sie. So soll das Ziel bald erreicht und das Projekt noch dieses Jahr umgesetzt werden.

Viele Fachbereiche

Ihr Engagement bringt Julia Lackinger auch selbst sehr viel. „Zum einen finde ich die Leute in unserer Projektgruppe sehr bereichernd. Es sind Studenten und Berufstätige aus vielen verschiedenen Fachbereichen“, freut sie sich über neue Impulse. Auch empfindet sie den Perspektivwechsel, den die Projektarbeit mit sich bringt, als positiv. „Statt einfach den Wasserhahn aufzudrehen, merkt man, dass jeder Tropfen zählt.“

Wenn die angehende Ingenieurin Ende September ihr Studium mit dem Bachelor abschließt, will sie sich auch weiterhin in der Hilfsorganisation engagieren. Die Entwicklungsarbeit sei etwas ganz anderes als die Arbeit in der Autoindustrie, mit der sie auch weiter ihr Geld verdienen wird. Irgendwann will sie auch selbst in ein Einsatzgebiet reisen und eine Zeit lang vor Ort mitarbeiten.