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Hohe Subvention verschreckt Stadträte

Unterhalb der Aussichtsplattform beim Krankenhaus ist die brachliegende Fläche gut zu erkennen. Mit einer Flurbereinigung und der Anlage eines neuen Feldwegs will die Stadt die Bewirtschaftung erleichtern. Doch das Vorhaben ist teuer. Archivfoto: KS-
Unterhalb der Aussichtsplattform beim Krankenhaus ist die brachliegende Fläche gut zu erkennen. Mit einer Flurbereinigung und der Anlage eines neuen Feldwegs will die Stadt die Bewirtschaftung erleichtern. Doch das Vorhaben ist teuer. Foto: KS-Images.de/Karsten Schmalz
Die Gartenschau 2033 wirft die ersten Schatten voraus und spielte eine große Rolle, als der Gemeinderat am Donnerstagabend über eine Flurbereinigung in den Weinbergen unterhalb der Aussichtsplattform diskutierte. Vorerst allerdings ohne Ergebnis, die Entscheidung wurde vertagt.

Marbach. Und darum geht es: In den Weinbergen unterhalb der Aussichtsplattform, von der aus der Blick über das Neckartal schweifen kann, gibt es eine Fläche von etwas mehr als einem halben Hektar, die nicht mehr bewirtschaftet wird. Damit das wieder möglich wird, sind einige Eigentümer auf die Stadt mit dem Vorschlag einer Flurbereinigung zugekommen. In diesem Rahmen soll ein neuer Feldweg geschaffen werden, damit die Wengerter ihre Flächen maschinell bearbeiten können. Die Flächen würden zudem neu parzelliert, Brachen dann wieder bepflanzt.

Das Problem sind die Kosten. Für die gesamte Maßnahme wird etwas mehr als eine halbe Million Euro veranschlagt, abzüglich des Anteils der Eigentümer und eines Zuschusses läge der städtische Anteil bei rund 170000 Euro. Viel Geld angesichts leerer Kassen und eine hohe Subvention – es geht um rund 100 Euro pro Quadratmeter. Dennoch warb Bauamtsleiter Dieter Wanner dafür, in der Abwägung durch „die Brille Gartenschau“ zu schauen. Denn: Der Bereich rund um die Aussichtsplattform sei exponiert, mit der Anlage des neuen Wirtschaftswegs könne sich zudem eine Verbindung für Radler und Fußgänger zur Brücke über die Landesstraße (unterhalb des Viadukts) schaffen lassen. Davon würden die Bürger schon vor der Gartenschau profitieren. Käme von der Stadt kein Signal, sich an der Flurbereinigung zu beteiligen, drohe eine weitere Verwilderung der betroffenen Flächen: „Wir haben dort jetzt schon einen Zustand, den wir nicht wollen.“

Doch angesichts der prekären Haushaltssituation und der in den nächsten Jahren stark steigenden Verschuldung traten Freie Wähler, SPD und Puls heftig auf die Bremse. Der Vertagungsantrag von Michael Herzog (FW) fand schließlich auch eine Mehrheit von 14 zu neun Stimmen bei einer Enthaltung. Herzog sah zwar die Bedeutung dieser Steillagen für die Stadt, hatte aber schwere Bedenken, weil es keine verbindliche Zusage der Weinbergbesitzer gebe, die Flächen dann auch mindestens 20 Jahre zu erhalten und zu pflegen. Und gerade wegen der Verknüpfung mit der Gartenschau sei eine Vertagung richtig, bis die Pläne dafür konkreter würden. Angesichts der Subvention pro Quadratmeter sprach SPD-Chef Ernst Morlock von einer „schwer vermittelbaren Investition“; die Verquickung mit der Gartenschau habe zwar ihren Reiz, aber auch dafür müssten in der weiteren Planung noch Abstriche gemacht werden. Für Puls befand Hendrik Lüdke den Mehrwert der Flurbereinigung als zu gering.

„Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance“ – mit diesem geflügelten Wort wies Jochen Biesinger für die CDU auf den Hang als das „Tor zu Murr- und Bottwartal“ hin, das von der S-Bahn und vom Neckar aus das Bild bestimme. Zudem: Wer einen Weinberg neu anlege, verfolge ein langfristiges Engagement. Seine Fraktionskollegin Heike Breitenbücher als Hobbywinzerin unterstrich diese Einschätzung leidenschaftlich: „Wenn man sich diese Arbeit einmal gemacht hat, gibt man einen Weinberg nicht so schnell auf, das ist kein Spaziergang!“ Zudem mahnte sie, einen Blick auf die Benninger Steillagen zu werfen, „da sieht man, wie aufgegebene Weinberge wirken“. Luis Diemer, der beim Landratsamt für Flurbereinigungen zuständig ist, bestätigte, dass bei der Neuanlage eines Weinbergs mit Kosten von 350 Euro pro Quadratmeter gerechnet werden müsse.

Die Grünen schlugen sich auf die Seite der CDU; es handle sich um eine Investition in eine erhaltenswerte Landschaftsform, so Jürgen Waser. Sebastian Engelmann verwies auf den Artenreichtum in den Weinbergen, der sei gefährdet, wenn die Flächen mit der Zeit von Gestrüpp überwuchert würden.

Als sachkundiger Bürger erhielt Matthias Hammer, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Marbach, in der Sitzung Rederecht. Er garantierte für seine Familie, der ein Teil der Flächen gehört, eine langfristige Bewirtschaftung; für die übrigen Eigentümer sei ihm das nicht möglich. Er sah aber durchaus die Möglichkeit, dieses Ziel in privatrechtlichen Verträgen zwischen der Stadt und den Besitzern zu fixieren. Eine solche Regelung befürworteten 21 Stadträte, drei enthielten sich. Unklar ist aber, wann das Thema Flurbereinigung wieder auf den Tisch kommt.