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Ideen aus dem „Steillagen-Eldorado“

Welche Möglichkeiten gibt es, die hiesigen Steillagen zu schützen und die Bewirtschafter zu unterstützen? Um diese Fragen ist es beim „Forum Gesellschaft und Natur“ gegangen, das im Zuge der Roadshow der Baden-Württemberg Stiftung in der Felsengartenkellerei Besigheim in Hessigheim stattfand.

Hessigheim. Der Steillagenweinbau stand im Fokus einer Veranstaltung der Baden-Württemberg Stiftung in der Felsengartenkellerei in Hessigheim. Die Stiftung tourt mit der Ausstellung „Generationenpakt Nachhaltigkeit“ durchs gesamte Ländle. Es werden dabei Fragen rund um Umwelt und Natur diskutiert, die die Menschen in der jeweiligen Region interessieren. In Hessigheim befasste sich die Abendveranstaltung, das „Forum Gesellschaft&Natur“, mit dem Thema Steillagen (wir berichteten). Etwa 80 Interessierte waren in die Felsengartenkellerei gekommen.

Moderator des Abends war Volker Angres, Leiter der Umweltredaktion des ZDF. In der ersten Gesprächsrunde ging es um die Frage, wie man den Steillagenweinbau in der Region voranbringt. Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung, möchte „die Leute mitnehmen“, wenn es um Umweltthemen geht. Zudem wolle er mit der Veranstaltung die stillen Helden der Kulturlandschaft präsentieren. Einer davon ist Reinhold Reuschle. Der 75-Jährige hat in den vergangenen Jahren 450 Quadratmeter Trockenmauern, die unerlässlich für den Steillagenweinbau sind, alleine instand gesetzt. In den kommenden zwei Jahren sollen weitere 150 Quadratmeter folgen. „Meine Frau freut sich, wenn sie mich los ist, und während Corona hatte ich wenigstens was zu tun“, sagte Reuschle den Gästen mit einem Augenzwinkern. Seiner Ansicht nach seien die Fördertöpfe für Projekte wie seines zu verschieden und konterkarierten sich manchmal. Besigheims Bürgermeister Steffen Bühler sagte weitere Unterstützung der Stadt zu. Gerade, was Mauern und Staffeln angehe, sei viel geschehen. Zudem gebe es oftmals verwaltungstechnische Kniffe, um Förderung zu optimieren. Sein Amtskollege Günther Pilz aus Hessigheim hat kürzlich durch die Verknüpfung eines neuen Wohngebiets mit dem Bau von Mauern für deren Bezahlung gesorgt. „Wir sind eben ein Steillagen-Eldorado mit pfiffigen Ideen“, ließ er wissen.

Einen steinigen Weg bis zur Etablierung des guten Weins am Markt sieht Joachim Kölz, Vorstandsvorsitzender der Felsengartenkellerei. Er will den Kunden klarmachen, welch große Qualität die Steillage erzeugt und dass dabei nicht immer nur der günstigste Preis zähle. In einer weiteren Videobotschaft ließ Landrat Dietmar Allgaier wissen, dass er die Weinbauern nach Kräften unterstützen wolle. Klaus Schneider, Präsident des Deutschen Weinbauverbandes, gab sich in seinen Worten kämpferisch. Er sieht vor allem den geplanten Mindestlohn von zwölf Euro kritisch. Er fordert von der Politik einen Stufenplan, um eine Lohnkostenexplosion zu verhindern.

Wie die Möglichkeiten im Weinbau aussehen, zeigte sich in der zweiten Gesprächsrunde. Dr. Dieter Blankenhorn, Direktor der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg, möchte neue Rebsorten etablieren und dabei dennoch auf Bewährtes setzen. Das ergebe eine gute Mischung. „Wein muss Spaß machen und das zu einem guten Preis.“ Claus-Peter Hutter, Präsident der Umweltstiftung NatureLife-International, hatte die Idee, einen Teil der maroden Trockenmauern vor den Landtag zu schütten. „So würden es die Franzosen machen.“ Er will jedoch nicht nur die Politiker wecken, sondern auch die Menschen. „Warum haben die Leute keinen Bock auf Steillage, sondern bringen ihre Kraft ins Fitnessstudio?“, fragte er.

Ramona Fischer, Geschäftsführerin der Weingärtner Esslingen, berichtete, dass es dort unbürokratische Hilfe der Stadt gebe. Ein mit 60 Mitgliedern florierender Verein „Staffelsteiger“ sowie die gute Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde sorgten seit 2013 dafür, dass 1000 Quadratmeter Trockenmauer renoviert oder wiederaufgebaut wurden. Ähnlich ist es in Fellbach. Weingutsbesitzer Rainer Schnaitmann will „Wein neu denken“ und selbst dem Trollinger mit einer Kooperation mit skandinavischen Ländern neuen Schwung geben.

Dass es Potenzial in der Region gibt, Steillagenweinbau als Zukunftschance zu sehen, zeigte die abschließende Fragerunde. Bernhard Schnaufer möchte dafür „akute Hilfe der Politik in Form von Geld“. Neue Sorten ausprobieren will Marco Röser aus Hessigheim. Bei seinen Weinbergtouren zeigt er den Besuchern, wie wichtig und vor allem facettenreich Weinbau ist. Für Patenschaften anderer Institutionen spricht sich Wilhelm Pfitzenmaier aus Besigheim aus. „Warum hat denn das Fitkom keinen eigenen Weinberg, den es betreut?“, warf er in die Runde. Der Sportverein war jedoch nur als Beispiel gemeint, betonte er. Er könne sich vorstellen, dass ein neuer „Verteilerschlüssel“ für Steillagen, also die Beauftragung von Vereinen und Organisationen, diese zu pflegen, die Lage entspannen könne. Bisher laste die Hauptverantwortung auf vier großen Betrieben. „Und wenn die mal aussteigen, dann beginnt der große Dammrutsch und alles ist vorbei.“