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Im Block geborgenes Grab: Dieses Mal kommt ein Merowinger

Das Grab wird in Balgheim (Landkreis Tuttlingen) im Block geborgen, auf einen Lkw geladen und nach Ludwigsburg gebracht. .Foto: RP
Das Grab wird in Balgheim (Landkreis Tuttlingen) im Block geborgen, auf einen Lkw geladen und nach Ludwigsburg gebracht. . Foto: RP
Nach dem Fund eines reich ausgestatteten Keltengrabes, das vor kurzem im Block geborgen und nach Ludwigsburg verfrachtet wurde, stand jetzt schon der nächste Transport an: ein fast 1500 Jahre alter Baumsarg aus der Merowingerzeit. Auch der wurde komplett ausgegraben und nach Grünbühl gebracht.

Ludwigsburg. Richtung Ludwigsburg entwickelt sich ein reger Verkehr von Lastwagen, die auf ihrer Ladefläche komplette Gräber transportieren. Was sich zunächst makaber anhört, ist ein großer Fortschritt für die Archäologie. Im Ludwigsburger Stadtteil Grünbühl hat die Denkmalpflege des Landes schon vor Jahren ein Labor eingerichtet, in dem solche im Block geborgenen Gräber unter perfekten wissenschaftlichen Bedingungen geöffnet, untersucht und die Funde dann restauriert werden können.

Nachdem erst vor drei Wochen ein komplettes keltisches Prunkgrab aus der Zeit von 600 vor Christus von der Heuneburg an der Donau nach Ludwigsburg gebracht wurde, stand am vergangenen Wochenende schon der nächste Transport an. Dieses Mal wurde ein im Block geborgenes Grab aus der Merowingerzeit nach Grünbühl verfrachtet.

Ein Baumsarg aus dem Jahr 544

Der Baumsarg stammt von einer Wiese in Balgheim (Landkreis Tuttlingen), die demnächst bebaut werden soll. Bereits am vergangenen Freitag haben Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege das Grab aus dem 6. Jahrhundert geborgen. „Funde von Gräbern dieser Zeitstellung gelten als außergewöhnlich“, schreibt das Regierungspräsidium in einer Mitteilung.

Die Merowingerzeit liegt am Übergang von der Spätantike ins Frühmittelalter und ist für die Forschung daher besonders interessant. Die Merowinger sind ein frühes Königsgeschlecht der Franken. Auch am Neckar haben die Merowinger eine ganze Reihe von Spuren hinterlassen. Im Kreis Ludwigsburg wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Funde gemacht.

Bereits im Herbst 2019 hatten im Zuge der Planungen für das Neubaugebiet Dollenäcker in Balgheim erste Untersuchungsgrabungen stattgefunden. Hierbei waren die Archäologen auf den hölzernen Sarg gestoßen. Ungewöhnlich ist, dass sich das Grab völlig allein auf weiter Flur befand. Weitere Funde aus der Merowingerzeit haben die Archäologen in Balgheim nämlich nicht gemacht.

Um Aufschluss über sein Alter zu erhalten, war das oberste Brett des Baumsargs bereits entnommen und im Labor für Dendrochronologie (Holzaltersbestimmung) in Hemmenhofen untersucht worden. Dort konnte das Datum auf 544 nach Christus bestimmt werden. „Eine Abweichung ist dabei aufgrund der sehr exakten Datierungstechniken um maximal zehn Jahre möglich. Somit war klar, dass es sich um ein Grab der Merowingerzeit handelte“, heißt es dazu weiter in der Mitteilung.

Große Hoffnung auf spektakulären Fund

Gräber mit Baumsärgen aus dieser Zeit werden nicht alle Tage entdeckt. Funde sind aus dem 19. Jahrhundert aus Oberflacht (ebenfalls im Landkreis Tuttlingen) und 2002 in Trossingen bekannt. Auch im Kreis Ludwigsburg (Kirchheim) wurde im 19. Jahrhundert ein Baumsarg der Merowinger gefunden. Das Besondere an diesen Gräbern ist zum einen, dass sie durch das Holz relativ exakt datiert werden können. Zum anderen enthalten die Särge oft weiteres organisches Material (etwa Holz, Leder oder sogar Textilien). In dem Grab von Trossingen fand sich unter anderem eine vollständig erhaltene Leier, auf der Figuren dargestellt sind. Die luftundurchlässigen, feuchten Böden im Bereich der Schwäbischen Alb bieten nach Auskunft der Archäologen optimale Voraussetzungen für eine dauerhafte Konservierung.

Dies ist auch der Grund dafür, warum solche Funde zunehmend im Block geborgen und in das archäologische Labor nach Ludwigsburg gebracht werden. Gerade bei organischen Überresten, aber auch bei fein gearbeitetem Schmuck und anderen Grabbeigaben ist es wichtig, das Grab behutsam zu öffnen und sich im wahrsten Sinne des Wortes mit Pinsel und Pinzette sowie modernster Technik vorzuarbeiten. Bei einer Ausgrabung unter freiem Himmel, die unter Zeitdruck steht, ist das nicht so einfach möglich.