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In den Flüchtlingsunterkünften wird es wieder voller

Ein Schutzsuchender zeigt ein Foto, das er nach eigenen Angaben bei seiner Flucht zum Flughafen in Kabul gemacht hat. Auch im Landkreis Ludwigsburg füllen sich die Unterkünfte wieder mit Menschen aus Afghanistan oder Syrien. Foto: Uli Deck/dpa
Ein Schutzsuchender zeigt ein Foto, das er nach eigenen Angaben bei seiner Flucht zum Flughafen in Kabul gemacht hat. Auch im Landkreis Ludwigsburg füllen sich die Unterkünfte wieder mit Menschen aus Afghanistan oder Syrien. Foto: Uli Deck/dpa
Kriege, Vertreibung, Hungersnöte: Weltweite Krisen wirken sich auch auf den Landkreis Ludwigsburg aus – er muss aktuell wieder deutlich mehr Geflüchtete aufnehmen.

Kreis Ludwigsburg. Den Bewohnern der Flüchtlingsunterkunft Brückenhaus in Tamm ist kalt in diesen frostigen Tagen. Deshalb haben sich einige von ihnen mit Radiatoren oder elektrischen Raumlüftern eingedeckt. Das Problem: In manchen Fällen fehlt die Zulassung für die Geräte, die so für verkohlte Steckdosen sorgen. Die Tammer Kommunalpolitik will Abhilfe schaffen und lässt zwei zusätzliche Wärmepumpen in der Unterkunft installieren, um den erhöhten Energiebedarf zu decken. Die Kosten dafür: knapp 40000 Euro.

Gut möglich, dass die Bewohner des Brückenhauses in den kommenden Wochen aber auch enger zusammenrücken müssen. Der Landkreis geht davon aus, dass er in diesem Jahr rund 900 Flüchtlinge in seinen Unterkünften einquartieren muss – das wären fast doppelt so viele wie 2020. „Die meisten kommen aus Syrien, Afghanistan, Irak und Nigeria“, sagt ein Sprecher des Landrats Dietmar Allgaier unserer Zeitung.

Zuvor hatte bereits der Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) Alarm geschlagen und vor einer Überlastung der Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes gewarnt. „Wir brauchen dringend mehr Plätze.“ Zum fünften Mal in Folge sei das Land jetzt gezwungen, die Zuweisungen in die vorläufige Unterbringung an die Stadt- und Landkreise wie Ludwigsburg zu erhöhen. In den ersten drei Quartalen kamen offenbar fast 9200 Asylsuchende im Südwesten an. Das sind mehr als im gesamten Jahr 2020, als die Flüchtlingsmanager gut 7400 Neuankömmlinge zählten.

Früher oder später schlagen die geflüchteten Menschen dann in den Städten und Gemeinden wie Tamm auf. „Die Landkreiskommunen sind über die steigenden Zugangszahlen informiert und arbeiten wie in der Vergangenheit eng und vertrauensvoll mit dem Landkreis zusammen“, sagt der Allgaier-Sprecher weiter.

Die Ursachen dafür, dass wieder mehr Geflüchtete in Baden-Württemberg und im Landkreis ankommen, sind anscheinend vielschichtig. Das Landratsamt verweist auf einen gewissen Nachholeffekt aufgrund der Coronapandemie. „Außerdem spielen neue Fluchtrouten eine Rolle, etwa über Belarus“, so der Sprecher. Dort, an der Grenze zu Polen, wird die Lage für Tausende Menschen gerade immer dramatischer. Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgefordert, auf Belarus einzuwirken, um die „Instrumentalisierung“ von Flüchtlingen an Polens Grenze zu beenden – bislang ohne Erfolg.

Hierzulande betreibt der Landkreis nach eigenen Angaben momentan 24 Gemeinschaftsunterkünfte. „Die Kapazitäten reichen noch aus“, sagt der Sprecher des Landrats. „Sollte es allerdings bei den hohen Zuweisungszahlen bleiben, müssen die Unterbringungskapazitäten wieder angepasst werden.“ Im Klartext heißt das: Neue Standorte für die vorläufige Unterbringung müssten her und mehr Flüchtlinge im Wege der Anschlussunterbringung in die Kommunen verteilt werden. Der Allgaier-Sprecher räumt gegenüber unserer Zeitung ein: „Die Planung der Kapazitäten gestaltet sich schwierig, da derzeit nicht bekannt ist, ob die Zugangszahlen auf Dauer so hoch bleiben.“

Das Tammer Brückenhaus bekommt unterdessen nicht nur neue Wärmepumpen. Neben der Flüchtlingsunterkunft an der Ludwigsburger Straße will ein Investor drei Schnellladestationen, ein Trafohäuschen und einen Batteriecontainer mit Kunden-WC aufstellen, damit Autofahrer hier künftig bequem Strom tanken können. Für das Grundstück hat die Kommune bereits ein Nutzungsrecht eingetragen.