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In Einfachheit liegt das Können

Voller Vertrauen auf die Verwandlung: Sabine Gleser. Foto: Susanne Müller-Baji
Voller Vertrauen auf die Verwandlung: Sabine Gleser. Foto: Susanne Müller-Baji
Sabine Gleser präsentiert keramische „Metamorphosen“ in der Galerie am Laien

Ditzingen. Wirkliches Können zeigt sich oft in den ganz schlichten Dingen. Die neue Ausstellung beim Ditzinger Kultur- und Kunstkreis ist das beste Beispiel dafür. Die Gerlinger Keramikerin Sabine Gleser zeigt hier ihre Werkschau „Metamorphosen“ – und alles ist darin in Wandlung. Die Metamorphose der Natur ist selten so spürbar wie beim Übergang von Winter zu Frühling. Da trifft es sich gut, dass Sabine Gleser gerade jetzt ihre Arbeiten präsentiert, denn sie sind pure Verwandlung. Gefertigt in so archaischen Prozessen wie dem Raku-, dem Tonnen- und dem Pitfire-Brand weisen sie Oberflächen auf, in denen man sich verlieren kann: Die Glasur gebrochen im typischen Krakelee, die anderen Bereiche ruß-schwarz verfärbt oder rostrot. „Ich habe vorher schon im Kopf, wie es werden soll; aber was das Feuer letztendlich damit macht, das kann man nicht steuern“, sagt die Keramikerin.

Kristalline Stellen in denen sich das Licht bricht oder das geheimnisvolle Schillern des Lüsterglanzes – der gesteuerte Kontrollverlust wird mit faszinierenden Effekten belohnt. Schwer vorstellbar, dass der Weg dahin ein lautes Zusammenspiel von Keramik, großer Hitze und einer Reaktion von Sauerstoff, Kohlenstoff und Rost ist: Die Plastiken werden im Glasurbrand auf über tausend Grad gebrannt, dann unvermittelt herausgeholt und in Sägespäne gebettet. Raku und die verwandten Techniken gehen nicht eben schonend mit den Werkstücken um. Was aber im herkömmlichen Brand eine Katastrophe wäre, bringt hier erst die wahre Schönheit des Materials hervor.

Sabine Gleser erzählt, sie sei von Haus aus Goldschmiedin. Ein mehrjähriger Aufenthalt in Mexiko habe sie dann aber zur Auseinandersetzung mit der Keramik geführt: „Ich konnte meine Werkstatt nicht mitnehmen, also musste ich dort etwas anderes machen.“ Die Arbeit in der Werkstatt einer befreundeten Keramikerin brachte sie aber nicht etwa in Kontakt mit den traditionellen mexikanischen Techniken, sondern führte direkt zu den überwiegend japanischen Traditionen. Heute vermittelt sie selbst ihr Wissen, etwa in der Ludwigsburger Kunstschule „Labyrinth“.

Der Ausstellungsrundgang führt nun zu so unterschiedlichen Exponaten wie der Werkserie „Wellen“, dem Relief „Black & Orange“ oder auch der pfiffigen Plastik „Hexenleiter“, die an Papierfaltarbeiten aus Kindertagen erinnern. Kaum zu glauben, dass allen dasselbe Material zugrunde liegt: Weißer Raku-Ton. Und vor allem das Möbiusband am Eingang verblüfft umso mehr, wenn man erfährt, dass alle Stücke hohl sind. Sie entstehen in der Aufbautechnik, gerade wie beim Töpfern ohne Scheibe. „Wäre es massiv, würde schon der winzigste Lufteinschluss dazu führen, dass es beim Brennen zerreißt“ erklärt Sabine Gleser.

Eine Keramik sorgfältig aufzubauen und sie dann voller Vertrauen auf die Verwandlung dem Feuer zu übergeben, ist schon insich eine Kunst. Und für den Betrachter hält diese Art von Kontrollverlust nun die schönsten Formen und Oberflächen bereit, für deren meditative Betrachtung man genügend Zeit mitbringen sollte.