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Jeder vierte Covid-Patient in den Kliniken stirbt

Weniger Neuinfektionen, eine sinkende Sieben-Tage-Inzidenz: Die seit Mitte Dezember strikteren Kontaktbeschränkungen zeigen Wirkung. Allerdings wird jetzt auch im Kreis die tödliche Dramatik des Infektionsgeschehens vor Jahresende deutlich: Noch nie gab es so viele Corona-Tote wie seit Neujahr. Allein in den vier Wochen seit 1. Januar bis gestern wurden 99 Opfer der Seuche gemeldet.

Kreis Ludwigsburg. Die Erfahrung des Frühjahrs 2020 wiederholt sich – allerdings auf einem Niveau, das viele noch im Herbst, als die Kanzlerin vor einem Anstieg auf bundesweit 19000 Neuinfektionen am Tag warnte, für unvorstellbar hielten. Doch längst ist klar: Angela Merkel war nicht zu pessimistisch, sondern zu optimistisch. Dieser republikweite Befund bestätigt sich auch im Kreis – ebenso wie die Gefährlichkeit des Covid-19-Virus auch in seiner bei uns offenbar noch vorherrschenden, ersten europäischen Variante. Mittlerweile sind im Kreis 318 Menschen an und mit Corona gestorben, 188 – also deutlich mehr als die Hälfte – seit 1. Dezember.

Ein Rückblick: Der erste Coronafall im Kreis wurde am 28. Februar 2020 bekannt, der erste Tote, der mit oder wegen einer Covid-19-Infektion zu beklagen war, starb am 23. März, einen Tag nach Verkündung des ersten Lockdowns. Bis zum 23. April stieg die Zahl der Infizierten im Kreis auf 1598, die der Toten auf 68. Die Sieben-Tage-Inzidenz erreichte am 31. März einen ersten Höchststand von 76,9, sank dann aber recht schnell wieder unter die kritische Marke von 50 und lag am 1. Mai bei nur noch 10,6 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner und Woche. Nach den trügerischen Sommermonaten – mit insgesamt 969 Neuinfektionen von Mitte April bis Mitte September – war am 23. September der 69. Corona-Tote im Kreis zu beklagen. Und die Zahlen gingen mit Beginn der zweiten Welle deutlich steiler nach oben als im Frühjahr, sowohl was die Zahl der Neuinfektionen und die Sieben-Tage-Inzidenz angeht als auch (mit zeitlichem Versatz) die Zahl der Toten.

Waren im September im Kreis noch 514 Neuinfektionen gemeldet worden, so verfünffachte sich diese Zahl im Oktober auf 2577 und lag damit in nur einem Monat um fast 1000 Neuinfektionen über der Zahl der Infizierten der gesamten ersten Welle. Bis Jahresende verlief diese Entwicklung fast ungebremst weiter und stieg von 3835 Neuinfektionen im November auf 4569 im Dezember. Die Zahl der insgesamt Infizierten hatte sich bis Silvester gegenüber dem Frühjahr fast verneunfacht.

Das gleiche Bild zeigt der Blick auf die Sieben-Tage-Inzidenz: Sie überschritt am 9. Oktober erstmals wieder den Vorwarnwert von 35 und lag bereits am 14. Oktober mit 51,5 über der kritischen Schwelle von 50 – die derzeit in der Politik als „erträgliche“ Zielmarke diskutiert wird. Der Wert von 100 wurde am 24. Oktober überschritten: eine Verdoppelung binnen zehn Tagen. Den Jahreshöchststand erreichte die Inzidenz am 23. Dezember mit 205,2 – die kritische Schwelle war kurz vor Weihnachten ums Dreifache überschritten. In wenigen Tagen mit solchen Höchstständen sei das Infektionsgeschehen nicht mehr nachzuverfolgen gewesen, räumt das Landratsamt ein. Mittlerweile habe sich die Lage aber trotz des weiterhin diffusen Infektionsgeschehens stabilisiert, die Nachverfolgung sei wieder möglich. Insbesondere gebe es aktuell keine größeren Ausbrüche in Pflegeheimen, ein wichtiger Infektionsort bleibe die Familie.

Tatsächlich zeigen die Kontaktbeschränkungen auch statistisch Wirkung. Im Januar hat es bis Freitagnachmittag „nur“ noch 2430 Neuinfektionen gegeben, weniger als im Oktober. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt: Seit 18. Januar liegt sie wieder konstant unter 100, am Donnerstag wurde sie mit 69,7 gemeldet und am Freitag mit 68,2.

Wegen des zeitliches Versatzes von Infektion und Tod schlägt sich diese Entlastung aber noch nicht in der Zahl der Toten nieder: Sie stieg von 40 im November über 89 im Dezember auf bisher 99 im Januar. Dabei sterben weiterhin vor allem die Alten. Laut Landratsamt liegt das arithmetische Durchschnittsalter der Covid-Toten im Kreis bei 81,6 Jahren, der vom Robert-Koch-Institut verwendete, gemittelte Medianwert bei 84.

Erschreckende Zahlen liefert dazu die Regionale Kliniken-GmbH, in deren Häusern allerdings einerseits nicht alle klinischen Coronapatienten aus dem Kreis liegen, während sie andererseits auch Patienten aus Nachbarkreisen aufnimmt. Rechnet man nach dem Stand der Entlassungen, so sind auf den Normal- und Intensivstationen in Bietigheim seit 1. Oktober 70 von 307 Covid-Patienten gestorben, in Ludwigsburg 194 von 700. Anders gesagt: Etwa jeder vierte Corona-Kranke, der in die Klinik muss, überlebt die Krankheit nicht.