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Kontaktermittlung: Was läuft schief?

Mitarbeiter des Gesundheitsamtes in Berlin ermitteln und informieren Kontaktpersonen. Foto: dpa
Mitarbeiter des Gesundheitsamtes in Berlin ermitteln und informieren Kontaktpersonen. Foto: dpa
Kontaktpersonen ermitteln und Infektionsketten durchbrechen, mit diesen beiden Instrumenten soll einer weiteren Verbreitung des Coronavirus Einhalt geboten werden. Verantwortlich für die Ermittlung und Benachrichtigung der Kontaktpersonen 1. Kategorie (direkter Kontakt) sind die Gesundheitsämter. Doch im Landkreis Ludwigsburg läuft das nicht immer ganz rund.

Ludwigsburg. Was passiert, wenn eine Person positiv auf Covid-19 getestet wird? Das Landratsamt teilt auf Anfrage mit, dass eine positive Labormeldung unmittelbar an das Gesundheitsamt gemeldet wird. Dem Gesundheitsamt obliege in diesem Fall auch die Ermittlung der Kontaktpersonen. „Sowohl die Infizierten als auch die Kontaktpersonen werden nach Bekanntwerden vom Gesundheitsamt angerufen und aufgefordert, sich unverzüglich in Quarantäne zu begeben. Dieser Anruf erfolgt als Gefahr-im-Verzug-Maßnahme durch das Gesundheitsamt, um die Infektionsketten möglichst schnell und wirksam zu unterbrechen“, teilt Andreas Fritz, Pressesprecher im Landratsamt mit. Der Anruf gelte als „verbindliche Vorgabe“, sich unmittelbar in Quarantäne zu begeben.

Soweit die Theorie. In der Praxis klappt dieser Ablauf nach Recherchen unserer Zeitung allerdings nicht immer so schulbuchmäßig. In zahlreichen Fällen, so wurde uns berichtet, hat sich das Gesundheitsamt gar nicht bei den betroffenen Kontaktpersonen gemeldet, in anderen Fällen kam eine amtliche Quarantäne-Anordnung erst kurz vor Ablauf der Quarantäne.

Liegt das möglicherweise am fehlenden Personal? Seit Beginn der Pandemie hat das Gesundheitsamt für den Landkreis Ludwigsburg sein Personal kontinuierlich aufgestockt. Waren es noch im März rund 103 Mitarbeiter, die sich 80 Vollzeitstellen geteilt haben, sind es aktuell 165 Mitarbeiter, die sich 140 Vollzeitstellen teilen, „Tendenz steigend“, wie Andreas Fritz, Pressesprecher im Landratsamt mitteilt.

Um Kontaktpersonen von Infizierten zu ermitteln und zu benachrichtigen, ist eine spezielle Einheit zusammengestellt worden, die sich ausschließlich um dieses Thema kümmert. „Wir stocken ständig Personal auf, so dass wir die Kontaktpersonenverfolgung grundsätzlich leisten können“, so Fritz. Besonders herausfordernd seien in den letzten Wochen die Infektionen in Schulen oder anderen Einrichtungen, bei denen immer sehr viele Kontaktpersonen auf einmal zu bearbeiten sind.

Im gesamten Landkreis Ludwigsburg waren nach Auskunft des Landratsamtes zum 6. Oktober 1024 Personen als Kontaktpersonen in Quarantäne. „Die Anzahl der Kontaktpersonen beziehungsweise -Listen, die wir pro Tag erhalten, variieren sehr stark“, erklärt Andreas Fritz. Pro positiver Fall handele es sich um eine Liste mit vier bis 20 Kontaktpersonen. „Bei Schülern können es bis zu 150 Kontaktpersonen pro positiver Fall sein.“

„Der Arbeitsanfall und Aufwand der Kontaktermittlung ist so hoch, so dass wir auch weiterhin zusätzliches Personal einsetzen müssen.“ Auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Landratsamtes helfen in diesem Bereich aus.

Dass Kontaktpersonen nicht über ihre Quarantäne informiert werden, muss nicht allein beim Gesundheitsamt liegen. Auch die Ordnungsämter spielen bei der Information der Kontaktpersonen eine Rolle. Denn für den Erlass der Quarantäne-Anordnung sind „originär die Ortspolizeibehörden, das heißt die Kommunen, zuständig“, so Fritz. Die Liste der Kontaktpersonen werde automatisch mit Hilfe eines digitalen Systems an die jeweiligen Gemeinden übermittelt. Es ist dann Aufgabe der Ortspolizeibehörden, eine schriftliche Quarantäne-Anordnung zu erlassen oder auf die entsprechende vor Ort geltende Allgemeinverfügung zu verweisen. „Dabei sollen auch die während einer Quarantäne geltenden Regelungen nochmals detailliert und schriftlich für den Betroffenen dargestellt werden“, heißt es vonseiten des Landratsamtes.

Wenn nun weder Gesundheitsamt noch Ortspolizeibehörde tätig werden, um eine Kontaktperson der Kategorie I zu informieren (immer vorausgesetzt, dass den Behörden dieser Kontakt bekannt ist), kann dies mit Blick auf die Verbreitung des Coronavirus verheerende Folgen haben. Wer nicht informiert ist, dass er Kontaktperson ist, kann unter Umständen das Virus ungehindert weitertragen und andere Menschen anstecken. Und genau das soll ja nach Kräften verhindert werden.