Markgröningen. „In drei Wochen sollten wir aus dem Gröbsten heraus sein!“ Dieser Hoffnung gab Professor Franz Kehl, oberster Intensivmediziner am Städtischen Klinikum Karlsruhe, am Mittwochabend nach einer Fachtagung des QuMiK-Krankenhausverbundes Ausdruck. Die Vertreter von 14 kommunalen Krankenhausträgern im Südwesten hatten sich dabei in der Orthopädischen Klinik Markgröningen über Erkenntnisse und Konsequenzen aus der Coronapandemie ausgetauscht.
Kehl stützt seine Hoffnung auf Modellierungen der Statistiker an den Universitätskliniken in Ulm und Freiburg, die auf alle einschlägigen Daten im Land zurückgreifen konnten. Sie sagen allerdings auch vorher, dass der erwarteten Entlastung noch eine weitere Belastung der Intensivstationen vorhergeht. Vor allem in der nächsten Woche sei nochmals eine landesweite Zunahme intensivpflichtiger Coronapatienten um bis zu zehn Prozent zu befürchten, so Kehl. In Baden-Württemberger waren am Donnerstag nur noch 10,6 Prozent der aktuell verfügbaren 2400 Intensivbetten frei, in gut einem Viertel der verfügbaren Betten lagen Covid-19-Patienten. Der Ludwigsburger RKH-Intensivchef Professor Götz Geldner hatte bereits vorige Woche davor gewarnt, dass bis zu 40 Prozent der Intensivbetten von Covid-Kranken besetzt sein könnten. In der RKH-Klinik Ludwigsburg waren am Donnerstag 57 von 62 verfügbaren Intensivbetten belegt, in Bietigheim alle zwölf. Die noch bestehenden Spielräume bedeuteten aber nicht, dass es „freie Intensivkapazitäten gäbe“, unterstrich Kehl: „Schließlich müssen wir immer Betten für Notfallpatienten zur Verfügung haben!“
Was die für die kommende Woche erwartete Belastungsspitze bedeutet, verdeutlichte QuMik-Sprecher Professor Hans-Jürgen Hennes, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Mannheim: „Wir müssen noch mehr verschiebbare Operationen absagen.“ Auch an den RKH-Kliniken geschieht dies bereits seit Beginn dieser Woche, weil Ärzte und Pfleger aus der Anästhesie in die Intensivstationen abgezogen werden müssen. Dennoch sind die QuMiK-Experten zuversichtlich, dass die nochmalige Zunahme der Zahl der Covid-Intensivpatienten die Krankenhäuser in Baden-Württemberg zwar an den Rand der Belastbarkeit bringen, sie aber nicht überfordern wird. Der Grund: Im November wurden im Südwesten sechs regionale Cluster zur Steuerung der Intensivkapazitäten geschaffen, mit der Patienten aus restlos belegten Häusern an andere Standorte in der Nähe verlegt werden können. Aus Karlsruhe beispielsweise könnten derzeit Intensivpatienten, die transportfähig sind, an die Uni-Kliniken in Heidelberg und Freiburg verlegt werden, so Kehl. Bislang seien über die Koordination durch die Cluster landesweit 500 schwerstkranke Patienten in andere Krankenhäuser des Landes gebracht worden, die noch größere Reserven zu ihrer Versorgung hatten. Dabei handelte es sich keineswegs nur um Coronakranke, sondern beispielsweise auch um Patienten, die sich nach einer schweren Operation wieder stabilisiert haben.
Die Steuerung des größten dieser sechs Cluster und ihre landesweite Koordination liegt bei Götz Geldner in Ludwigsburg. Die RKH-Kliniken selbst mussten aber noch keine Intensivpatienten an Häuser außerhalb der Holding abgeben. Allerdings seien einzelne Patienten etwa von Bietigheim nach Ludwigsburg gebracht worden, wenn sich ihr Zustand so weit verschlechterte, dass sie an die künstliche Lunge (Ecmo) angeschlossen werden mussten, so ein RKH-Sprecher auf Nachfrage.
Die Hoffnung, die Spitze der kommenden Wochen zu überstehen und danach wieder in ruhigeres Fahrwasser zu kommen, stützt sich vor allem auf den Fortschritt der Impfkampagne. Diese Botschaft verkündete am Mittwoch auch der Leiter des Divi-Intensivregisters, Professor Christian Karagiannidis, per Twitter. Für die QuMik-Experten ist daher klar: Impfen schützt – Patienten und Kliniken.