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Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine könnten ins Gewerbegebiet ziehen

Gewerbeimmobilie in Schwieberdingen am Felsenbergweg, die seit 2016 als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Foto: Holm Wolschendorf
Gewerbeimmobilie in Schwieberdingen am Felsenbergweg, die seit 2016 als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Foto: Holm Wolschendorf
Die Gemeinde Schwieberdingen will eine Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet wieder abstoßen – doch dann kommt der russische Angriff auf die Ukraine dazwischen.

Schwieberdingen. Um die Immobilie am Felsenbergweg in Schwieberdingen ist es ruhiger geworden. Früher tobten Flüchtlingskinder durch das Treppenhaus, die hier mit ihren Familien Unterschlupf gefunden hatten. Doch derzeit steht das frühere Gewerbegebäude, in dem Anhänger vermietet und Fahrzeuge repariert wurden, nach Angaben der Haupt- und Ordnungsamtsleiterin Carmen Hirsch leer. Dabei könnten in dem Haus je nach Geschlecht und Alter zwölf bis 15 Menschen einquartiert werden. Zur Verfügung stehen ihnen zwei Wohnungen unterschiedlicher Größe.

Gut möglich erscheint es aber aktuell, dass am Felsenbergweg schon bald wieder Leben einzieht. Der Grund ist die russische Invasion in der Ukraine, die in den vergangenen Wochen für eine Flüchtlingswelle in Europa gesorgt hat. „Der Bedarf nach kommunalen Unterbringungsmöglichkeiten steigt wieder stark an“, sagte der Schwieberdinger Bürgermeister Nico Lauxmann im jüngsten Gemeinderat.

Prognosen sind schwierig

Derzeit befinden sich rund 70 Menschen aus der Ukraine in seiner Kommune. Sie sind entweder in gemeindlichen Einrichtungen oder privat untergekommen. „Unser Krisenstab organisiert die Registrierung und Anmeldung sowie alle weiteren notwendigen Schritte zur Betreuung der geflüchteten Menschen“, heißt es in einer Mitteilung aus dem Schwieberdinger Rathaus. Er spricht zudem von einer „großen Herausforderung für die nächsten Wochen und Monate“. Aufgrund fehlender Prognosen sei es sehr schwierig, vorherzusagen, wie viele geflüchtete Menschen noch nach Schwieberdingen kommen werden.

Momentan stehen der Gemeinde freie Plätze in drei Unterkünften zur Verfügung: Am Lüssenweg könnte sie noch etwa 16 Geflüchtete aufnehmen, an der Stiegelstraße sind es knapp zehn. Dazu kommt die Unterkunft am Felsenbergweg.

Für den Bürgermeister ist ein Verkauf jetzt „nicht zielführend“

Die wollte die Gemeinde zu Anfang des Jahres eigentlich nach sechs Jahren wieder veräußern, weil die Zahl der Neuzuweisungen damals deutlich nach unten zeigte. Lauxmann hatte vor, die Immobilie lieber zu nutzen, um weitere Firmen im Schwieberdinger Gewerbegebiet anzusiedeln und die Gewerbesteuereinnahmen anzukurbeln. Freie Flächen sind längst Mangelware. „Diese Zielsetzung müssen wir jetzt aber nach hinten verschieben“, sagte der Schultes im Gemeinderat. In einigen Jahren sei es immer noch möglich, die Immobilie zu verkaufen.

Sie hat in Schwieberdingen eine Vorgeschichte. Die Kommune schlug am Felsenbergweg zur Hochzeit der Flüchtlingskrise 2015/16 zu und wandelte das Gelände damals zunächst befristet auf drei Jahre zu einem Quartier für Familien aus Syrien oder Afghanistan um. Doch damals war zu hören, dass die Gemeinde womöglich zu viel Geld auf den Tisch gelegt hatte – offenbar einen hohen sechsstelligen Betrag. Lauxmann wollte das weder dementieren noch bestätigen. Stattdessen hatte der Gemeinderat vor, das Geschäft nichtöffentlich über die Bühne zu bringen. Dieser Plan ging im Jahr 2016 allerdings nicht auf.

Drei Jahre später wurde die Genehmigung für die Wohnnutzung um weitere drei Jahre verlängert, um sicherzustellen, dass die Familien, die hier lebten, bleiben konnten. Den Wohnungsmarkt bezeichnete die Gemeinde bereits seinerzeit als angespannt.

Seit vergangener Woche steht nun fest, dass der Felsenbergweg Nummer4 bis mindestens 2025 Flüchtlingsunterkunft bleiben wird. Der Bürgermeister mit Blick auf den Ukrainekrieg: „Ein Verkauf der Immobilie zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht zielführend.“ Er fordert von den Schwieberdingern jetzt „Solidarität mit dem ukrainischen Staat und vor allem mit allen Menschen, die von diesem Krieg betroffen sind“.